Internet: PISA und Sozialgefälle sind immer noch allgegenwärtig

27.06.2002
Die von der Bundesregierung ausgerufene Initiative D21 hat es sich zur Aufgabe gemacht, ganz Deutschland ins Internetzeitalter zu hieven. Eine Verdopplung der Nutzerzahlen seit 1999 ist eine stolze Leistung. Sozial schwache Schichten gucken aber vielfach immer noch in die sprichwörtliche Röhre.

Seit 1999 von der Bundesregierung die Initiative 21 ins Leben gerufen wurde, hat sich die Zahl der privaten und beruflichen Internetnutzer in Deutschland geradezu verdoppelt. 30 Millionen oder fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung sind laut Emnid schon "drin". Die Zahl der Onliner im Alter von über 14 Jahren stieg im Mai gegenüber 2001 um 3 Millionen auf 26,7 Millionen. Von den 10,4 Prozent Nutzungsplanern des Vorjahres haben allerdings nur weniger als die Hälfte ihr Vorhaben in die Tat umgesetzt.

Trotz der Erfolgszahlen der letzten Jahre ist die Initiative D21 von ihrem Ziel, allen Bundesbürgern, egal welcher Herkunft, den Anschluss ans Internetzeitalter zu ermöglichen, noch weit entfernt. Ein Blick auf die Deutschlandkarte genügt. Länder mit hoher Arbeitslosigkeit wie Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie die meisten Neuen Bundesländer können mit der allgemeinen Entwicklung einfach noch nicht Schritt halten. 2001 lag der Onliner-Frauenanteil trotz überdurchschnittlicher Wachstumsraten immer noch bei 30,5 Prozent gegenüber 44,2 Prozent bei den Männern.

Mit PISA II kommt auf Deutschland der nächste Bildungsschock zu. In keinem anderen Land Europas sind der bis dato noch unveröffentlichten Studie zufolge die sozialen Unterschiede in der Bildung so eklatant wie hier zu Lande. Das zeigt sich auch im Internet: 93,1 Prozent der Studenten, aber nur 37,5 Prozent der Arbeiter und Handwerker sind schon online (siehe Tabelle). Allerdings ist dabei auch zu berücksichtigen, dass der Onliner-Anteil der jungen Bevölkerung bis 29 Jahre unabhängig von Einkommen und Bildungsstand um 70 Prozent liegt, während er bei den 50- bis 55-Jährigen nur 34 Prozent beträgt. Ein weiterer Trennstrich durchzieht auch die Stadt-Land-Bevölkerung. Das Beispiel Berlin beweist aber, dass auch in Großstädten die Zahl der Nutzer stark schwanken kann. War der Online-Anteil der Hauptstadt mit 55 Prozent letztes Jahr im Bundesvergleich noch an der Spitze, liegt er jetzt nur noch bei 46 Prozent. Die Top-Städte mit einem Online-Anteil von jeweils über 50 Prozent heißen jetzt Frankfurt, Dresden, Stuttgart und München.

Digitale Dreiklassengesellschaft

Ein Grund für die "digitale Abstinenz" von immerhin noch über der Hälfte der Bundesbürger ist sicherlich der vergleichsweise noch ho-he Preis. 37 Prozent der Offliner gaben an, dass sie nicht ins Internet wollen, da sie die hohen Kosten scheuen. Dies trifft insbesondere auf DSL-Anschlüsse zu. 21 Prozent der Internetnutzer kokettierten laut Emnid zwar mit einem DSL-Anschluss, konfrontierte man sie aber mit den Anschaffungs- und Verbindungskosten, waren nur noch 13 Prozent zu diesem Schritt bereit.

Schon spricht man von einer digitalen Dreiklassengesellschaft: Personen, die aus dem Internet-zeitalter ausgeschlossen sind, Personen, die bereits partizipieren, aber keinen Zugang zu den neuesten Technologien haben, und Personen, die das Internet mit DSL nutzen. Doch mit einem Bevölkerungsanteil von nur 15 Prozent sieht es da noch recht mager aus. Eine Studie der Universität Duisburg kommt sogar auf einen Anteil der Highspeed-Anschlüsse von nur 59 pro 1.000 Haushalten, womit Deutschland hinter den USA, Schweden, Österreich, Belgien und den Niederlanden den sechsten Platz belegt.

www.emnid.de

www.initiative21.de

ComputerPartner-Meinung:

Bedenkt man, dass Deutschland Mitte der 90er-Jahre noch fast Internetwüste war, sind 30 Millionen Nutzer heute schon ein unglaublicher Fortschritt, der nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken ist, dass die meisten Webinhalte bisher frei zugängig waren. Das ändert sich aber langsam, siehe Routenplaner und Internet-SMS-Versand. Und wenn das Schule macht, dann wird sich die digitale Kluft, die unsere Gesellschaft teilt, nur noch mehr ausweiten. (kh)

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