Internolix: "Eine Worthülse, die mit Strategie gefüllt werden muss"

26.07.2001
Der neue Internolix-Chef Klaus Helbert will aus dem verschuldeten E-Commerce-Anbieter einen "digitalen Medienkonzern" machen. Die Ankündigung beflügelt zwar kurzeitig den Aktienkurs und verunsichert die Fachhandelspartner.

Als Medienprofi weiß sich Ex-Coupé-Herausgeber Klaus Helbert meist geschickt in Szene zu setzen: "Rohdiamanten" habe er bei Internolix entdeckt, die "es bloß noch zu schleifen gilt", begeisterte er sich noch vor kurzem gegenüber ComputerPartner. In die Gewinnzone werde er das Limburger Unternehmen führen und aus dem hoch verschuldeten E-Business-Softwarehersteller gar einen "digitalen Medienkonzern" machen, ließ der neue Vorstandsvorsitzende öffentlich verlauten.

Neue Strategie wird im August vorgestellt

Inzwischen gibt sich der neue Internolix-Chef eher öffentlichkeitsscheu und reagiert auf Anfragen zur künftigen Partnerstrategie überraschend unwirsch. Denn während die Ankündigung der Radikalkur dem Aktienkurs einen kleinen Aufschwung bescherte, macht sich bei den Fachhandelspartnern Verunsicherung breit.

So ist der Informationsfluss gegenüber den IT-Händlern offenbar dürftig: Dass der bisherige Vorstandschef Luigi Carlo De Micco und sein Vorstandskollege Klaus Peter Stoll aus ihren Ämtern ausgeschieden sind, haben die meis-ten Partner aus der Zeitung erfahren. Genau wie Helberts Ankündigung, man plane eine Neuausrichtung der Strategie - was auch immer das bedeuten mag.

Die autorisierten Partner wissen es jedenfalls nicht. Unter einem digitalen Medienkonzern könne er sich gar nichts vorstellen, sagt ein Internolix-Händler aus München. "Die Strategie klingt ja wohl etwas diffus." Und dass nun ausgerechnet ein Ex-Verleger von Erotikzeitschriften das Internolix-Ruder in der Hand hält, klingt für ihn auch nicht sehr überzeugend: "Das macht keine gute Laune." Mit den Produkten - wie dem Electronic Business Transaction Online Sys-tem "Ebtos" und den Internolix Business Shops - sei er ganz zufrieden gewesen, sagt er, habe allerdings nur zwei Projekte damit gewinnen können: "Die bewegen sich preislich in einer Region, wo die Luft schon sehr dünn wird." Er hoffe trotzdem, dass es auch nach der Neuausrichtung von Internolix einen Platz für die Händler geben wird.

Erfahren wird der Partner das erst Mitte August, dann soll die neue Strategie der Öffentlichkeit und wohl auch den Händlern vorgestellt werden: "Da fühlt man sich als Partner schon vor den Kopf gestoßen." Verfolgt hat der Münchner Händler in letzter Zeit deshalb vor allem den Aktienkurs und sagt: "Der ist ganz schön abgestürzt. Internolix ist wohl doch nur wieder so eine Dotcom-Blase, die demnächst platzen wird."

Händler erwägt rechtliche Schritte gegen Internolix

Der Meinung ist auch ein anderer Partner aus Bielefeld, der namentlich ebenfalls nicht genannt werden möchte. Er habe zwar keine Bedenken wegen einer möglichen Reaktion seitens des Unternehmens, möchte sich aber anderorts nichts verbauen: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir gegen Internolix rechtliche Schritte einleiten werden."

Einen sechsstelligen Betrag habe er investiert, seit er von Internolix als Partner autorisiert wurde, erzählt der Systemhaus-Chef: "Bekommen habe ich dafür nur Pakete, die nicht lauffähig sind." Beispielsweise Schnittstellen für Warenwirtschaftssysteme, die bis heute nicht funktionieren: "Das war eine Beta-Version. Würde mich interessieren, wer es schon mal geschafft hat, das Produkt erfolgreich beim Kunden zu installieren." Auch für die "Professional Line", eine Electronic-Business-Software, hat er nur Sarkasmus übrig: "Auf der Packung steht, dass für dieses Produkt keine Programmierkenntnisse erforderlich sind. Tatsächlich müssen Sie mindestens Diplominformatiker sein, um damit zurechtzukommen."

Immerhin habe Internolix eine Zeitlang Gesprächsbereitschaft wegen der Probleme gezeigt. "Seit sich die Besetzung im Vorstand geändert hat, kommt von Internolix aber gar nichts mehr - außer Müll", schimpft der Händler. So habe er Rechungen bekommen, die nicht berechtigt seien, weil "der eine nicht mehr weiß, was der andere versprochen hat". Der Händler will sein Geld wiederhaben: "Ich habe kein Vertrauen mehr in diese Firma. Außerdem bin ich der fes-ten Überzeugung, dass die in spätestens sechs Monaten platt sind."

Mit Verweis auf ein bereits laufendes Verfahren bittet auch ein anderer Internolix-Partner um Anonymität: "Wir haben uns geweigert, die Produkte zu bezahlen." Denn das eine Projekt, das man habe gewinnen können, habe nur Unannehmlichkeiten gebracht. Schuld sei Internolix: "Da wurden Produktfunktionalitäten versprochen, die gar nicht da waren, zum Beispiel die angeblich mögliche Kreditkartenzahlung über den Online-Shop." Der Kunde sei ziemlich sauer gewesen: "Es gab Mängelrügen, wir waren ein halbes Jahr im Verzug. Unser Kunde forderte zuletzt eine Viertel Million Schadensersatz von uns", erzählt der Händler. Man habe sich zwar aus dem Projekt rausziehen und den Kunden an Internolix verweisen können, habe nun aber Ärger mit dem Hersteller: "Das Ergebnis war, dass uns eine maßlose Forderung von Internolix ins Haus flatterte."

Der Partner ist sauer, hat die Zusammenarbeit gekündigt und will nun seinerseits das Geld für die Zertifizierung zurückfordern. Gerne hätte die ComputerPartnerRedaktion den Internolix-Vorstandschef Helbert zu den Vorwürfen befragt. Er verweigerte jedoch das Gespräch.

300 Partner hoffen auf Portfolio-Erweiterung

Händler, die mit dem E-Business-Softwarehersteller in Geschäft kommen wollten, mussten Tief in die Tasche greifen: 20.000 bis 30.000 Euro verlangte das Unternehmen für die Zertifizierung. Zur Cebit wurde eine neue Autorisierungsvariante angeboten, die bei - vergleichsweise bescheidenen - 3.325 Euro lag (siehe ComputerPartner-Online vom 26.3.01). Für die Händler auf jeden Fall eine Menge Geld - deshalb hoffen die meisten der rund 300 autorisierten Partner wohl auch, dass Internolix sein Portfolio nicht ändern, sondern nur erweitern wird: "Die können ihre Partner ja nicht einfach im Regen stehen lassen." Dem digitalen Medienkonzern stehen die meisten Fachhändler skeptisch gegenüber: "Das ist doch eine Worthülse, die Internolix erst mit einem Konzept füllen muss."

www.internolix.de

ComputerPartner-Meinung:

Mit Klaus Helbert ist bei Internolix ein finanzstarker Unternehmer eingestiegen, der allerdings nur wenig Erfahrung mit IT-Händlern vorweisen kann. Ob er es schafft, das Unternehmen wieder auf die Gewinnerstraße zu bringen, ohne die Ausrichtung komplett zu ändern, darf heute noch bezweifelt werden. (mf)

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