INTERVIEW/Close Brothers setzt auf Boom bei Mittelstands-M&A

24.06.2007
Von Michael Matern

Von Michael Matern

Dow Jones Newswires

FRANKFURT (Dow Jones)--Abseits der politisch aufgeheizten Debatte hat sich Private Equity im vielbeschworenen Rückgrat der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahren inzwischen als Realität durchgesetzt. "Mittelständische Unternehmer akzeptieren uns längst als Partner", sagte Sascha Pfeiffer, M&A-Berater bei Close Brothers, im Interview mit Dow Jones Newswires.

Seien mittelständische Unternehmensverkäufe noch vor fünf Jahren vor allem unter den Wettbewerbern ausgemacht worden, ziehen die Unternehmer nunmehr häufig den Verkauf an Private Equity Fonds vor: "So muss man dem Konkurrenten keinen Einblick in die Bücher gewähren."

Der Trend wird anhalten, gibt sich Pfeiffer sicher. "Wenigstens auf Sicht von zwölf bis 18 Monaten wird der Private-Equity-Boom anhalten." Darüber hinaus wolle er keine Prognosen abgeben, doch sei das Umfeld für Private Equity stabil, und sollten hier keine gravierenden, unerwarteten Ereignisse ins Haus stehen, sei mit einem Ende nicht zu rechnen.

Zumindest Geld ist am Markt genügend vorhanden. So hat z.B. die nordeuropäische Beteiligungsgesellschaft EQT für den Mittelstandsfonds EQT Expansion Capital II das ursprünglich anvisierte Ziel von 350 Mio EUR Einlagen mit 475 Mio EUR deutlich übertroffen. Ziel des Fonds sind kleine und mittelgroße Unternehmen in den nordischen und den deutschsprachigen Ländern. Pfeiffer arbeitet eigenen Angaben zufolge regelmäßig mit EQT zusammen.

Close Brothers setzt dabei auf den deutschen Markt. Pfeiffer, der seit acht Jahren in der Beratung arbeitet, ist erst vor wenigen Wochen von London nach Frankfurt umgezogen, um das hiesige 30-Mann-Team mit zu führen. Mit fünf weiteren Partnern hält er 50% minus eine Aktie an der Close Brothers GmbH, die Mehrheit hält die an der Börse in London gelistete Close Brothers Group plc.

Als Vorteil könnte sich für den Banker erweisen, dass Deutschland auf diesem Gebiet gegenüber den angelsächsischen Ländern noch erheblichen Nachholbedarf habe. "Wenn die Durchdringung in den USA bei 80% liegt, dann steht Deutschland vielleicht bei 5%", so Pfeiffer. Das wird aber sicher nicht so bleiben, wenn sich seine Erwartungen erfüllen.

Oftmals im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen dabei Investitionen in große Unternehmen. Immer wieder tauchen in den Handelsräumen der Börsen Gerüchte auf, der eine oder andere Fonds wolle sogar ein DAX-Unternehmen übernehmen. Im Windschatten dieser Berichte steigt die Anzahl der M&A-Transaktionen bei deutschen Mittelständlern Pfeiffer zufolge deutlich an.

Pfeiffer schätzt, dass mehr als 90% aller Deals im Mittelstand stattfinden, also bei Unternehmen mit einem Unternehmenswert zwischen 25 Mio und 500 Mio EUR - ein Beispiel war der Verkauf der ehemaligen Black & Decker-Tochter Flex, dem weltweit größten Hersteller von Schleifwerkzeugen, Sägen, Polierern und Bohrern an die US-Investmentgruppe GSO Capital Partners. Flex erwirtschaftete 2006 einen Jahresumsatz von 60 Mio EUR.

Vor allem boomende Industriezweige wie der Maschinenbau und die Elektroindustrie sind Gewinner des anhaltenden Kapitalzuflusses, dagegen sei die Automobilzuliefererbranche derzeit "tot". Angesichts des Margendrucks durch die großen Automobilkonzerne gebe es in dieser Industrie kaum Interesse seitens der Käufer.

Dagegen kann sich der deutsche Maschinenbau nach drei guten Jahren und mit gefüllten Auftragsbüchern über mangelndes Interesse nicht beklagen. "Es ist gerade ein Verkäufermarkt", lautet die Einschätzung von Pfeiffer. "Wir reden hier über völlig andere Werte als noch vor fünf Jahren." Lagen die Multiples damals noch beim vier- bis fünffachen des EBITDA, so liegen sie heute beim achtfachen.

Und während der Boom bei den klassischen Branchen Maschinenbau und Elektrotechnik bereits seit 12 bis 18 Monaten laufe, komme die deutsche Informationstechnologie erst langsam in den Fokus. Als Beispiel nennt Pfeiffer hier vor allem IT-Beratung und IT-Dienstleistungen.

"Das Problem hier ist die Angebotsknappheit." Es gebe wenige große, aber "marode, miserabel gemanagte" Unternehmen wie T-Systems oder die ehemalige Siemens-Sparte SBS. Im eigentlichen Mittelstand gebe es aber nur eine Handvoll Unternehmen wie die börsennotierte IDS Scheer, die Dortmunder Materna oder die Münchener MSG Systems. In diesem Bereich gebe es aber so gut wie keine selbstständigen Gesellschaften. "Viele haben einen Umsatz zwischen 5 Mio und 20 Mio EUR."

Diese Unternehmen kommen Pfeiffer zufolge aber zunehmend in eine Größe, in der sie für Investoren interessant werden. Auch hier sind die Unternehmensbewertungen nach den guten Jahren 2005, 2006 und 2007 deutlich gestiegen: "Während 2004/05 noch das vier- bis sechsfache des EBIT gezahlt wurde, rechnet man heute mit dem zehnfachen", sagt Pfeiffer im Gespräch.

Beliebt sind dem Banker zufolge auch Software-Unternehmen. Hier gebe es viele Erfolgsgeschichten, wie z.B. utimaco, nero oder magix. Doch sei kaum einer Software-Firma die Internationalisierung gelungen, viele seien auf Deutschland beschränkt. Hier könnte der Einstieg eines internationalen Investors mit seinen Kontakten helfen, die Kundenbasis zu verbreitern.

Auf der anderen Seite seien IT-Unternehmen für einen langfristigen Einstieg interessant, wenn das Unternehmen über einen hohen Anteil langfristiger Verträge, z.B. zur Wartung, verfüge.

Gefahr für das eigene Beratungsgeschäft sieht Pfeiffer lediglich durch den Trend zu Börsengängen. "Hält dieser Trend angesichts der hohen Börsenkurse an, kann uns das behindern." Auf der anderen Seite würde sich Close Brothers dann stärker auf die IPO-Beratung konzentrieren. "Letztlich können wir in unserem Verbund den Kunden bei beiden Strategien beraten."

-Von Michael Matern, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29725 130,

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