INTERVIEW/Conti wächst in Asien stärker als erwartet

17.07.2007
Von Michael Brendel

Von Michael Brendel

Dow Jones Newswires

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Continental AG wächst mit ihrer größten Konzernsparte Automotive Systems (CAS) auf dem wichtigen asiatischen Markt schneller als erwartet. Der für CAS verantwortliche Konzernvorstand Karl-Thomas Neumann hat daher die langfristige Umsatzprognose erhöht: Bis zum Jahr 2010 werde die Sparte die Grenze von 1 Mrd EUR Umsatz in Asien "weit übertroffen" haben, sagte Neumann im Gespräch mit Dow Jones Newswires.

Im Jahr 2005 hatte Conti angekündigt, ihren CAS-Umsatz in Asien bis zum Jahr 2010 auf rund eine Mrd EUR zu verdoppeln. Für einzelne Regionen gibt der Hannoveraner Automobilzulieferer keine konkreten Umsatzzahlen an. CAS ist mit einem Gesamtumsatz von 5,99 Mrd EUR (2006) die größte Division des DAX-Konzerns.

"Die Sicht auf die Dinge ist deutlich positiver geworden", sagte Neumann. Ein wichtiger Grund dafür sei das rasante Wachstum in China. "Die Aussichten für die weitere Entwicklung der dortigen Aktivitäten sind hervorragend." Beispielsweise müssen die chinesischen Pkw-Hersteller für den Export in die USA ihre Fahrzeuge zwingend mit ESP-Technologie ausstatten. Conti befinde sich dabei als Marktführer für solche Systeme in China in einer "guten Position".

Conti baut derzeit verstärkt die Aktivitäten in Asien, vor allem in China und Indien aus. Vor kurzem war eine Investition von 48 Mio EUR in zwei Entwicklungs- bzw. Testeinrichtungen in Schanghai sowie der Bau eines Werks zur Fertigung hydraulischer Bremssysteme in der Stadt Changshu für 67 Mio EUR angekündigt worden. Zudem wurde der Bau eines Werkes für hydraulische Bremssysteme in Indien zusammen mit der Rico Auto Industries Ltd bekannt gegeben.

Ein zweites Werk, ebenfalls für Bremssysteme, sei in Indien für das Jahr 2010 oder 2011 geplant, sagte Neumann jetzt. Ziel sei es, dann auf eine Jahresproduktion vor Ort von 1 Mio Bremskraftverstärkern und 2 Mio Bremssätteln zu kommen. Mittlerweile werde auch der Export der Bremssysteme von China nach Japan erwogen, sagte er. Eine Ausfuhr auf den US- oder europäischen Markt sei derzeit aber nicht angedacht.

Weiter wachsen will die Sparte aber auch durch Zukäufe. Vor allem in den Bereichen Sensorik und Komfortelektronik stünden solche Vorhaben "auf dem Radar". Bei Letzterem rangiere der Konzern derzeit unter den größten zehn Herstellern weltweit. Ziel sei es aber, unter die größten Drei zu kommen. Zwar mache das Unternehmen durch organisches Wachstum große Fortschritte. Einen "großen Wurf" in der Größenordnung der von Motorola übernommenen Aktivitäten von rund 1 Mrd USD zu landen sei aber "schwierig".

Die Integration der 2006 von Motorola erworbenen Automobilelektronik-Aktivtäten laufe gut, so Neumann. Der Großteil der Kosten sei im vergangen Jahr verbucht worden und auf der Produktseite aufgeräumt worden. In diesem Jahr werde das Ziel einer operativen Rendite von 3% erreicht. Er schloss aber aus, dass im kommenden Jahre bereits eine Profitabilität erreicht werde, die nicht mehr zu einer Verwässerung der Gesamtrendite von CAS führen wird. Im ersten Quartal hatte CAS eine EBIT-Marge von 11% ausgewiesen, ohne Motorola hätte diese bei 11,8% gelegen.

Eine starke Nachfrage sieht Neumann in den kommenden Jahren nach Hybrid-Antrieben. Da die Automobilhersteller eher kleinere Stückzahlen als großvolumige Serien nachfragen, habe Conti ein modulares System eingeführt, um die Forschungs- und Entwicklungskosten möglichst gering zu halten, trotzdem aber jeden Kunden bedienen zu können. Aufträge gebe es bereits von General Motors und Chrysler. Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt im September werde allerdings ein weiteres Hybridmodell für de Serienproduktion vorgestellt, das erstmals auch für den europäischen Markt gedacht ist. Details wollte er nicht nennen.

Optimistisch gestimmt zeigte sich Neumann bezüglich einer möglichen Übernahme der Siemens-Tochtergesellschaft VDO. Die industrielle Logik sei "bestechend" und das Portfolio beider Unternehmen ergänze sich "hervorragend". Siemens hatte zu Jahresbeginn angekündigt, die Sparte an die Börse zu bringen.

Conti hatte sich unmittelbar nach der Ankündigung der IPO-Pläne als Kaufinteressent gemeldet und ein indikatives Angebot abgegeben. Wie Dow Jones Newswires erfahren hatte, legte Continental dabei eine Offerte über gut 10 Mrd EUR. Neumann ließ indirekt durchblicken, dass die von Conti bislang gebotene Summe möglicherweise nicht das Ende der Fahnenstange ist. "Ich glaube, am Preis wird es nicht scheitern", sagte er.

Der Vorteil einer Übernahme durch Conti beziehungsweise einer Beteiligung mit industrieller Führerschaft sei, dass die Zukunft des Unternehmens in der Industrie gelöst werde und nicht von einem Private Equity Unternehmen abhänge. Zudem würde die kulturelle Nähe beider Gesellschaften bei der Integration helfen.

Zudem bestätigte er frühere Informationen von Dow Jones Newswires, wonach sich die deutschen Automobilindustrie für einen Zusammenschluss beider Unternehmen ausgesprochen hat. "Wir wollen VDO und die Kunden wollen es auch", sagte Neumann.

Webseiten: http://www.continental.de

http://www.siemens.de

-Von Michael Brendel, Dow Jones Newswires, +49 (0)40 3574 3115,

michael.brendel@dowjones.com

DJG/mbr/mim

Copyright (c) 2007 Dow Jones & Company, Inc.

Zur Startseite