INTERVIEW/Drillisch bereit zu Verzicht auf AR-Sitz bei freenet

03.07.2007
Von Stefan Paul Mechnig

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

MAINTAL (Dow Jones)--Der Mobilfunkanbieter Drillisch ist bereit, auf seine Forderung nach einem Sitz im Aufsichtsrat des Wettbewerbers freenet zu verzichten. Falls es diese Woche keine Lösung des monatelangen Streits gebe, werde man der freenet-Hauptversammlung am 20. Juli einen externen Kandidaten aus der Branche vorschlagen, sagte der Vorstandsvorsitzende Paschalis Choulidis am Dienstag der Nachrichtenagentur Dow Jones.

Das Unternehmen aus Maintal bei Frankfurt ist mit 8% an der freenet AG beteiligt. Eine Zerschlagung von freenet will Choulidis von sich aus nicht anstoßen. Er schloss aber nicht aus, auf dem Aktionärstreffen Anträge dafür zu unterstützen.

"Wir haben eine Kanzlei beauftragt, nach Aufsichtsratskandidaten mit Fachwissen Ausschau zu halten", sagte Choulidis. In dieser Woche werde er sich die Personen ansehen und möglicherweise einen Antrag für die freenet-Hauptversammlung stellen. Choulidis sieht bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Hamburger Internet- und Mobilfunkgesellschaft Handlungsbedarf. Er habe den Eindruck, dass das auf der Kapitalseite mit allein drei Juristen besetzte Gremium nicht viel vom Geschäft verstehe. Die Kontrolleure segneten einfach ab, was das Management unter Eckhard Spoerr ihnen vorlege, sagte Choulidis.

Dessen Strategie steht der Drillisch-Vorstandsvorsitzende sehr kritisch gegenüber. Momentan seien für ihn keine Vorteile aus der von Spoerr propagierten Konvergenz von Mobilfunk und Internet erkennbar, sagte Choulidis.

Er äußerte insgesamt deutliche Kritik an der Arbeit des freenet-Chefs, der aktives Handeln vermissen lasse. Dieser habe es nicht geschafft, wertsteigernde Zukäufe zu bewerkstelligen, um die Verlustvorträge aus der Fusion von mobilcom und freenet besser zu nutzen. Auch habe Spoerr Ankündigungen nicht eingehalten, monierte Choulidis. So solle die Sonderdividende mit 5,50 EUR viel geringer ausfallen als die 10 EUR, die Spoerr noch vor einem halben Jahr in Aussicht gestellt habe.

Choulidis rechnet damit, dass auf der Hauptversammlung aus den Reihen der Aktionäre Anträge auf Erhöhung der Ausschüttung kommen. Drillisch sei bereit, solche Maßnahmen zu unterstützen. Auch hält es der Vorstandsvorsitzende für möglich, sich Eingaben anzuschließen, die auf eine Aufteilung der erst vor kurzem fusionierten freenet abzielen. Choulidis sprach sich indirekt für einen solchen Schritt aus. Es bestehe die Gefahr, dass der Internetbereich angesichts des abgeflachten Marktwachstums an Wert verliere. "Wenn so etwas droht, sollte man rechtzeitig handeln und den Bereich zum Verkauf stellen", sagte Choulidis.

Er schloss sich damit der Ansicht anderer Großaktionäre an. Auch der Investor Florian Homm und die Fondsgesellschaft Hermes - sie sind mit 3% und 5,4% an freenet beteiligt - hatten sich für eine Aufteilung ausgesprochen. Drillisch bemühe sich in diesem Zusammenhang aber nicht um eine Phalanx: "Wir suchen keine Kontakte für irgendwelche Bündnisse", unterstrich Choulidis. Ein Zusammengehen mit dem Mobilfunkbereich von freenet kann er sich weiterhin vorstellen. "Wir haben immer gesagt, dass wir Interesse daran haben."

Die sinnvollste Lösung sieht Choulidis nach wie vor in einem Gesamtzusammenschluss der deutschen Mobilfunkdiensteanbieter. Er hält dies auch nach der Übernahme von Talkline durch debitel noch für möglich.

Von der Aussicht auf einen möglichen Gesamtverkauf der freenet AG zeigte sich Choulidis überrascht. Spoerr habe mit ihm vorher nicht darüber gesprochen. Der freenet-Chef hatte erklärt, auf Wunsch der großen Aktionäre einen Verkauf zu prüfen. Choulidis ließ offen, was Drillisch in einem solchen Fall unternehmen würde: "Ein schneller Exit ist nicht unserer präferiertes Modell. Aber wenn sich ein Gesamtverkauf ergibt, werden wir validieren, wie wir uns zu verhalten haben."

Webseiten: http://www.drillisch.de, www.freenet-ag.de

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