INTERVIEW/Jenoptik will aus Wirtschaftskrise gestärkt hervorgehen

30.03.2009

Von Markus Klausen

DOW JONES NEWSWIRES

JENA (Dow Jones)--Der Optoelektronikkonzern Jenoptik will die aktuelle Wirtschaftskrise dazu nutzen, das eigene Geschäft punktuell auszubauen und Marktanteile zu erhöhen. "Vor allem in den Bereichen Photovoltaik und Verkehrssicherheitstechnik wollen wir unsere Marktanteile steigern", sagte Vorstandsvorsitzender Michael Mertin im Interview mit Dow Jones Newswires.

Wachsen will das Unternehmen dabei nicht nur organisch. Auch Zukäufe seien angesichts teilweise deutlich gesunkener Bewertungen interessant. Besonders den Markt für Lasertechnik schaut sich das in Jena ansässige Unternehmen genau an.

Im vergangenen Jahr hat das im TecDAX geführte Unternehmen Umsatz und Betriebsergebnis jeweils um rund 5% auf etwa 550 Mio EUR bzw 37 Mio EUR gesteigert. Besonders profitierte Jenoptik vom umsatzstärksten Geschäft, dem Segment Verteidigung und Zivile Systeme. Der kleinste Bereich Messtechnik, mit dem der Konzern rund ein Viertel seiner Umsätze macht, läuft nach Restrukturierungen 2007/08 zunehmend besser: "Das Segment Messtechnik ist im zweiten Halbjahr 2008 zur positiven Entwicklung hinzugestoßen", sagte Finanzvorstand Frank Einhellinger.

Die Messtechnik hatte nach sechs Monaten beim Umsatz noch hinter dem vergangenen Jahr zurückgelegen, trug im Gesamtjahr 2008 aber zur Erlössteigerung auf Konzernebene bei. Neben der industriellen Messtechnik, die etwa 65% des Segments ausmacht und bei der Jenoptik der Automobil- und Automobilzulieferindustrie Messtechniken anbietet, ist hier die Verkehrssicherheitstechnik angesiedelt.

Zulegen will Jenoptik künftig besonders im kleineren Bereich: "Die besseren Wachstumschancen haben wir ganz klar in dem Bereich Verkehrssicherheit", sagte der Vorstandsvorsitzende. Ein Beispiel dafür sei der Trend zu Public-Private-Partnership-Modellen. Der Bereich hängt stark von der Öffentlichen Hand ab. "Deshalb ist das Geschäft auch relativ unanfällig was die Krise anbetrifft", fügte Finanzvorstand Frank Einhellinger hinzu. "Daher gehen wir in diesem Bereich auch für 2009 davon aus, dass es relativ normal weiter läuft."

Schwieriger sieht die Situation dagegen im Segment Laser & Optische Systeme aus. Hier zeigte sich die Krise der Halbleiterindustrie bereits mit deutlichen Bremsspuren. Für Jenoptik sei es angesichts des unsicheren und schwierigen Umfelds wichtig, flexibel reagieren zu können: "Die Kunst besteht darin, diese Zyklen in der Halbleiterindustrie voll zu leben, richtig auf die Bremse treten zu können und wieder richtig Gas geben zu können", sagte Mertin. "Das ist auch der Grund, warum wir im Moment mit Kurzarbeit an dieser Stelle so stark auf die Bremse getreten haben, aber eben keine großen strukturellen Entlassungen vorgenommen haben."

Bei Jenoptik arbeiten derzeit insgesamt etwa 400 Mitarbeiter kurz. Betroffen sind die Bereiche Optik und Messtechnik. Mit krisenbedingten Entlassungen größeren Umfangs rechnet Jenoptik aktuell nicht. Der Konzern beschäftigt etwa 3.400 Mitarbeiter, von denen über 1.400 im Segment Laser & Optische Systeme arbeiten und ungefähr 820 Mitarbeiter im Segment Messtechnik.

Wann es in der Halbleiterbranche wieder aufwärts geht, wagt Jenoptik nicht zu prognostizieren. Jenoptik bringe sich aber in der Krise in eine günstige Ausgangssituation, um dann von einem anstehenden Aufschwung profitieren zu können: "Wir präparieren uns heute schon zusammen mit unseren Kunden für den kommenden Ramp-Up", sagte der Vorstandsvorsitzende.

Verstärkt hat sich Jenoptik im Laserbereich: "Wir haben unsere Laserkompetenzen gebündelt und sind in das Thema Photovoltaik eingestiegen", sagte Mertin. So bieten die Thüringer laserbasierte Prozesstechnik zum Herstellen von Solarzellen an. Jenoptik verbuchte hier erst kürzlich einen weiteren Auftrag aus Asien.

Insgesamt werde im Laserbereich eine stabile Marktsituation mit weiteren Konsolidierungseffekten erwartet. "Das ist für uns dort positiv, wo wir unsere Stärken haben, wie in gewissen Teilen der medizintechnischen Laser oder im Bereich der Hochleistungslaserdioden", sagte der Vorstandsvorsitzende.

Angesichts teils deutlich gesunkener Unternehmensbewertungen seien im Laserbereich auch Zukäufe für Jenoptik interessant. "Die Krise bietet da zwangsläufig Möglichkeiten", erläuterte Einhellinger. Details will Jenoptik allerdings nicht nennen. Es gebe aber immer mehr Hinweise auf Kaufgelegenheiten. "Akquisitionsangebote haben extrem zugenommen", sagte der Finanzvorstand. Das gelte nicht nur für den Laserbereich, sondern betreffe alle Segmente.

Angesprochen auf die Auftragseingänge, die 2008 erneut über der Marke von 500 Mio EUR lagen, äußerten sich die Manager vor allem zu der Situation in den Segmenten Messtechnik sowie Verteidigung & Zivile Systeme zufrieden. Der hohe Auftragsbestand im größten Segment sichere Geschäftsvolumen auch in Zukunft. Wann Jenoptik den Auftrag im Zusammenhang mit dem "Puma"-Schützenpanzer buchen könne, sei indes unsicher. Das Unternehmen ist Projektpartner beim Puma-Projekt. Die Rheinmetall AG hatte vergangene Woche angekündigt, den Auftrag für den Schützenpanzer über 1,35 Mrd EUR im ersten Halbjahr 2009 zu erhalten.

Auf die Frage, ob Jenoptik von den Verzögerungen bei dem Flugzeug A400M von Airbus betroffen ist, sagte Mertin: "Wir haben die Entscheidung getroffen, uns am A400M nicht zu beteiligen." Jenoptik baue für den A380 Liftsysteme und die ersten seien bereits ausgeliefert. Beim Militärtransporter sei man hingegen nicht engagiert.

Zum Ausblick auf das laufende Gesamtjahr wollten sich die beiden Manager nicht konkreter äußern als in dem am Freitag vorgelegten Geschäftsbericht 2008 und verwiesen auf das unsichere Umfeld. "Auf der einen Seite hängen wir an Industrien, die selber keine Prognose geben. Auf der anderen Seite laufen staatliche Konjunkturprogramme auf der ganzen Welt, von denen wir durchaus profitieren können", erklärte Mertin. "Diese Gewichtung im Detail vorzunehmen, ist aktuell - wie für viele andere auch - sehr schwer."

Klar ist aus Sicht des Konzerns bereits jetzt, dass Umsatz und Ergebnis von 2008 im laufenden Jahr nicht erneut erreicht werden.

Webseite: http://www.jenoptik.de/ - Von Markus Klausen, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 - 29725 111; markus.klausen@dowjones.com DJG/kla/rio Besuchen Sie unsere neue Webseite http://www.dowjones.de

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