Interview mit dem Mittelstandsexperten Gerald Holler: "Partner müssen sich in den Mittelstand hineinversetzen"

20.04.2007

CP: Nun ist der Mittelstand keineswegs homogen. Gerade in inhabergeführten Firmen gibt es verschiedene Typen. Es gibt zum Beispiel den Lenker, den Kumpel und den Patriarchen.

Holler: Nehmen wir den klassischen Patriarchen. Er will alle Fäden in der Hand halten. Im Mittelstand ist ein Unternehmer oft alles in einem. Er wechselt oft seine Wünsche und seine Bedürfnisse. In ihn muss man sich hineinversetzen und somit jeden Mittelständler individuell betrachten.

CP: Wie soll ein Hersteller jeden Mittelständler individuell betrachten können?

Holler: Weil dies der Hersteller nicht kann, braucht er Systemhäuser mit dem richtigen Kundenzugang. Er muss sie unterstützen, in dieser Situation fit zu sein. Es geht um Ausbildung, um Können und um Kommunikation. Da muss man die Schnittstellen suchen.

CP: Die Hersteller suchen oft "den" Mittelstand.

Holler: "Den" Mittelstand gibt es nicht. Es gibt Hunderttausende verschiedene Unternehmen, die alle unterschiedlich strukturiert sind. Es sind sehr große, sehr strategische dabei: absolute Technik-Führer mit 400 Mitarbeitern. Allen muss ich das gute Gefühl geben, dass sie für mich ein sehr wichtiger Kunde sind. Das ist die Aufgabe der Systemhäuser.

CP: Die wiederum von Herstellern intensiv betreut werden müssten. Rechnet sich das überhaupt für sie?

Holler: Das ist genau der Punkt für den Hersteller. Er muss in Erfahrung bringen, ob er diese Unterstützung mit seinen Margen abdecken kann. Die Margen sind extrem knapp. Aber warum sind die knapp? Weil sich das IT-Business zu einem reaktiven Business entwickelt hat. Jeder wartet darauf, dass eine Anfrage kommt. Viel besser wäre es doch, dem Kunden klar zu machen, dass er die IT-Lösung dringend benötigt. Die Partner sind gefragt, aktiv Bedarf zu wecken.
Der Mittelstand in der von Ihnen genannten Definition deckt 60 Prozent der IT-Investitionsvolumen ab. Hier will jeder Hersteller wachsen, aber das geht nur über Partner. Folglich muss er die Frage beantworten: Wie gebe ich meinen Partnern das Handwerkszeug, dass über diese mehr Kunden gezielter angesprochen werden?
Darüber hinaus muss der Hersteller sicherstellen, dass seine Partnerbetreuer die Struktur und das Geschäftsmodell des Partners kennen, denn nur so kann optimale und individuelle Hilfestellung gewährleistet werden.
Der Ansprechpartner des Herstellers muss sich genau ansehen, was sein Partner macht. Welche Kundenzugänge hat er? Welche Möglichkeiten habe ich als Hersteller, meine Partner zu unterstützen, neue Projekte zu generieren? Kann ich die Partner so unterstützen, sprich so betreuen, dass sie erfolgreich im Markt agieren?

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