Interview mit Jürgen Richter, Baan Deutschland GmbH

18.02.1999

MÜNCHEN: Mit Umstrukturierungen, einer verstärkten Konzentration auf bestimmte Branchen und dem Ausbau des Partnergeschäfts will SAPs Erzrivale Baan zu neuer Schlagkraft zurückfinden. Was das für Deutschland bedeutet, erklärte Jürgen Richter, Geschäftsführer der Baan Deutschland GmbH, Hannover, ComputerPartner-Mitarbeiterin BeateKneuse.

Noch sind die Zahlen für das Geschäftsjahr 1998 nicht bekannt. Berauschend aber dürften sie nicht ausfallen. Was ist für Deutschland zu erwarten? Wird der Umsatz über dem Vorjahresniveau von 183 Millionen Mark liegen?

RICHTER: Die Zahlen von 1997 und 1998 lassen sich nicht vergleichen. Wir haben Anfang des vergangenen Jahres unser Business-Modell geändert, indem wir den indirekten Vertrieb in die völlig eigenständige Gesellschaft Baan Midmarket Solution (BMS) ausgelagert haben. Die hatte mit der Baan Company nichts zu tun. Damit sind diese Umsätze weggefallen. Aber wenn man die Einnahmen des Direktgeschäfts vergleicht, dann haben wir uns gesteigert.

Von der BMS hört man aber gar nichts mehr. Was ist aus ihr geworden?

RICHTER: Als Einrichtung gibt es sie nach wie vor. Aber wir haben der BMS sämtliche Verträge abgekauft und auch Mitarbeiter übernommen. Damit ist der indirekte Vertrieb, über den wir schwerpunktmäßig den Mittelstand angehen, jetzt wieder komplett in die Baan Company integriert, auch in Deutschland.

Hat Baan 1998 in Deutschland schwarze Zahlen geschrieben?

RICHTER: Nein. Aber nachdem wir uns umstrukturiert haben, uns nunmehr auf bestimmte Märkte konzentrieren und speziell mit "Baan Series" auch über ein Produktspektrum verfügen, das in puncto Funktionalität und Technologie marktführend ist, rechne ich fest damit, daß wir in diesem Jahr wieder ein profitables Geschäft betreiben können.

Eins Ihrer vordringlichsten Ziele ist es, die Kundenbetreuung zu verbessern. Wie wollen Sie das machen?

RICHTER: Wir haben die Spielregeln in unserem Unternehmen gravierend geändert. In der Vergangenheit hat der Vertrieb beispielsweise entschieden, ob und welche Partner in ein Projekt eingesteuert werden, ob Baan ein Projekt allein realisiert oder es komplett an einen Partner vergeben wird. Das aber kann nicht Aufgabe des Vertriebs sein. Deshalb haben wir ein Project-Office eingerichtet, das genau diese Entscheidungen trifft. Damit erzielen wir eine höhere Kundenzufriedenheit. Außerdem müssen wir die Consulting-Organisation weiter ausbauen. Und schließlich spielt auch die Wahl der Partner eine Rolle.

Mit Ihrem Partnergeschäft stehen Sie aber auch immer in der Kritik. Wonach suchen Sie Ihre Partner aus?

RICHTER: Unsere Partner müssen vor allem die nötigen Projektmanagement-Skills haben, denn nur so können sie ein Projekt vernünftig realisieren.

Dann bevorzugen Sie größere Unternehmen?

RICHTER: Wir legen Wert auf größere Systemhäuser und auf die großen Beratungsgesellschaften. Darüber hinaus gibt es hierzulande auch große Softwarehäuser, die sich auf das Baan-Geschäft spezialisiert haben. Mit denen streben wir eine verstärkte Zusammenarbeit an.

Wie viele Partner haben sie momentan in Deutschland?

RICHTER: Wir haben 40 Vertriebspartner und die gleiche Zahl an Consulting-Partnern. Die Vertriebspartner wollen wir ausbauen. Da sind vor allem die Großen wie IBM, Hewlett-Packard und Compaq für uns von Interesse. Denn mit denen kann man Projekte vor allem bei den large Accounts abwickeln. Die Consulting-Schiene wollen wir dagegen auf zehn bis zwölf größere Partner fokussieren, weil die die entsprechenden Skills an Bord haben, um die Projekte vernünftig zu realisieren. Allerdings bleiben auch die kleineren Partner für uns wichtig.

Turbulenzen in einem Unternehmen führen oft dazu, daß die Kunden verunsichert sind und sich mit Investitionen zurückhalten. Hat Baan das auch zu spüren bekommen?

RICHTER: Natürlich hat sich der eine oder andere Kunde aufgrund der Situation im vergangenen Jahr gegen Baan entschieden. Weitaus auffälliger war allerdings, daß wir sehr viel mehr argumentieren mußten, um dem Kunden die Sicherheit zu vermitteln, daß Baan auch zukünftig der richtige und verläßliche Partner ist. Es war also schwieriger, Verträge abzuschließen, und es hat auch länger gedauert.

Die Konkurrenz wildert ja gerne im Kundenbestand eines angeschlagenen Unternehmens. Stimmt es, daß viele Baan-Kunden zu J.D. Edwards abgewandert sind?

RICHTER: Das haben wir zumindest in Deutschland nicht festgestellt. Allerdings ist uns sehr wohl bekannt, daß unsere Wettbewerber sich stark um unsere Kundenbasis bemühen und versuchen, sie für ihre Produkte zu gewinnen. SAP fällt dabei besonders auf, ist damit allerdings nicht unbedingt erfolgreich. Das ist auch nicht verwunderlich. Ein Kunde entscheidet sich in erster Linie für ein Produkt. Und die sind bei uns ja nicht schlechter geworden, im Gegenteil. Außerdem kann man nicht mal eben eine ERP-(Enterprise Resource Planning-)Software austauschen. Das ist mit großen Investitionen verbunden.

Analysten zufolge sind die kleineren ERP-Anbieter massiv vom Aussterben bedroht. Stimmen Sie dem zu?

RICHTER: Auf jeden Fall. So wie sich der Wettbewerb unter den Großen wie SAP, Baan, Oracle und Peoplesoft in den vergangenen Monaten verschärft hat, so stark ist er auch im Midmarket ausgeprägt. Und dort drängen die Großen auch noch hinein, weil man in diesem Segment eben viel Business generieren kann. Das werden viele kleinere Anbieter nicht überleben.

Jürgen Richter, deutscher Baan-Statthalter, rechnet in diesem Jahr wieder mit Profit.

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