Interview mit Packard-Bell-NEC-Geschäftsführer Hans-Dieter Riechmann

07.09.1998

MÜNCHEN: Beim amerikanischen PC-Hersteller Packard Bell NEC ist bereits seit längerer Zeit Sand im Getriebe. Auch in Deutschland konnte die Münchener Dependance die Ziele im letzten Jahr nicht erreichen. ComputerPartner-Chefredakteur Damian Sicking wollte von Deutschland-Chef Hans-Dieter Riechmann wissen, wo die Ursachen liegen und wie es weitergehen soll.Das letzte Jahr ist für Packard Bell NEC nicht gerade erfolgreich verlaufen. Auch in den ersten Monaten 1998 zeigt sich noch keine Trendwende. Was ist los bei Packard Bell NEC?

RIECHMANN: Insgesamt haben wir weltweit, und in Deutschland extrem, mit Preiskämpfen zu tun. Packard Bell NEC hat nur ein Betätigungsfeld, und das ist eben die Computerei, damit müssen wir unsere Marge sowie Umsätze und Gewinne realisieren. Und dementsprechend sind wir in den letzten Monaten nicht alle Preiskämpfe mitgegangen. Ich erwarte allerdings, daß sich der Preiskampf im Laufe dieses Jahres wieder entspannen wird.

Wie sieht es in Deutschland aus? Ihr ursprüngliches Ziel, 1997 über dem Marktdurchschnitt zu wachsen, konnten sie nicht erreichen. Statt dessen war der Absatz mit minus 15 Prozent sogar rückläufig. Wo liegen die Gründe dafür?

RIECHMANN: Wie gesagt: Wir haben nicht alle Preiskämpfe mitgemacht. Wir sind nach wie vor bei allen Kunden vertreten. Wir fahren oder kochen im Augenblick alles auf kleinerer Flamme. Wir schreiben keine roten Zahlen. Sicher könnten wir genauso operieren wie einige Mitbewerber, um unseren Marktanteil zu halten oder auszuweiten. Aber das geht auf Kosten der Marge, und das ist nicht Sinn und Zweck.

Wir haben mit dem neuen Betätigungsfeld, mit der Übernahme der NEC Computer Systems Division, einen zweiten Bereich, den wir im Augenblick sehr erfolgreich aufbauen. Hier wollen wir über eine

limitierte Anzahl von Fachhändlern und Projektbereichen neue Umsätze generieren.

Aber von NEC ist wenig zu sehen. Wo stehen Sie denn da?

RIECHMANN: Mit NEC sind wir im Notebook-Segment unter den Top 15. Hier geht es für uns nicht um das Massengeschäft, sondern zusammen mit den Handelspartnern um interessante Projekte.

Mit der Marke Packard Bell sind Sie traditionell sehr stark im

Retail-Kanal beheimatet. In den ersten fünf Monaten 1998 lag der Marktanteil von Packard Bell im deutschen Retail-Kanal etwa bei sieben Prozent. Damit liegen Sie gleichauf mit Siemens Nixdorf und sehr deutlich hinter Fujitsu mit dreißig Prozent sowie Compaq mit fünfzehn Prozent. Damit können Sie im Grunde nicht zufrieden sein.

RIECHMANN: Zufrieden sind wir nicht, aber ich denke, daß wir im zweiten Halbjahr wieder besser dastehen. Die Preissituation wird sich beruhigen, weil unsere Wettbewerber nicht mehr in der Form wie bisher Marktanteile zukaufen werden. Wahrscheinlich sind auch bestimmte Werbegelder aus manchen Ländern einfach versiegt, oder bestimmte Leute in Amerika oder Japan sind nicht bereit, noch mehr Geld in einen bestimmten Kanal zu investieren, um einen unwesentlichen Marktanteil zusätzlich zu holen. Ich denke, daß wir im zweiten Halbjahr wieder auf ein normales Absatz-Level kommen. Vielleicht auch wieder mehr holen.

In anderen europäischen Ländern ist der Marktanteil von Packard Bell im Retail-Bereich wesentlich höher als in Deutschland. In Großbritannien liegt der Marktanteil etwa bei 22 Prozent, in Frankreich bei 20 Prozent. Woran liegt's?

RIECHMANN: In den von Ihnen genannten Ländern gibt es nicht so viele lokale Anbieter wie hierzulande. Denken Sie an Vobis, Schadt, Comtech, und wie sie alle heißen. Der Anteil der "Others" ist in Deutschland wesentlich höher als in England oder Frankreich.

Früher war Packard Bell bei den Retailern in Deutschland der einzige PC-Brand in den Regalen. Das hat sich mittlerweile geändert, dadurch, daß man Siemens Nixdorf dort findet, Compaq, in zunehmendem Maße auch IBM. Ich habe den Eindruck, daß Packard Bell sich mit dieser neuen Situation doch recht schwer tut, daß Sie hier noch keine passende Antwort gefunden haben.

RIECHMANN: Doch, die passende Antwort haben wir. Wir sind einer der wenigen Hersteller, die seit Jahren mit dabei sind. Wir sind immer in der Werbung mit dabei, unsere Produkte stehen beständig in den Regalen. Wenn Sie Siemens anschauen, das sind immer so saisonale Geschäfte, zwei, drei Monate topaktuell und dann wieder ein halbes Jahr gar nichts. Ich denke, die Kontinuität, die wir haben, bringt uns wesentlich mehr als alles andere, wie zum Beispiel ab und zu Spotgeschäfte zu treiben. Das wird sich auch im zweiten Halbjahr wieder niederschlagen in den Zahlen.

Was macht Sie da so optimistisch?

RIECHMANN: Nach Informationen, die wir haben, werden sich einige Wettbewerber zurückziehen. Darüber hinaus bereiten wir bestimmte Marketing-Aktionen vor. Wir sind zum Beispiel in Verhandlungen

mit dem Fernsehsender SAT1, hier wollen wir einen "ran"-PC auflegen.

Jetzt machen Ihnen auch noch die Lebensmittelkonzerne das Leben schwer. Wie gehen Sie denn mit diesem Thema um?

RIECHMANN: Die Lebensmittelkonzerne, und hier, denke ich, spielt Aldi den Vorreiter, greifen zu 80 bis 90 Prozent eine Kundenschicht ab, an die kein anderer, kein Media-Markt, kein Vobis und auch wir nicht rankommen.

Können Sie sich vorstellen, daß Aldi, Lidl und Co auch mal Packard Bell-PCs verkaufen?

RIECHMANN: Bei den derzeitigen Vertragsbedingungen nicht.

Auf der Cebit in diesem Jahr erklärte Packard-Bell-Europa-Manager Pascal Cagnie gegenüber ComputerPartner, daß das Unternehmen 1998 in Deutschland mehr Gas geben wolle. Was hat man sich darunter

genau vorzustellen?

RIECHMANN: Wir investieren derzeit sehr viel Zeit und auch Geld zum Beispiel in die Kooperation mit SAT1, zusammen einen "ran"-PC zu generieren. Wir haben im Augenblick Verhandlungen mit Kellog's über Kooperationsmöglichkeiten, allerdings noch in einem frühen Stadium. Das heißt, wir gehen hier etwas andere Wege. Wir versuchen, unser Brand-Image mit anderen Partnern zusammen mehr nach vorne zu schieben. Wir wollen nicht immer nur den Preis und die Rechnerleistung in de Vordergrund stellen, sondern den Nutzen und den Mehrwert eines PCs rüberbringen.

Sie hatten in unserem Gespräch auf der Cebit angedeutet, daß Sie in diesem Jahr stärker als bisher die Fachhändler in Deutschland ansprechen wollen. Was können Sie denen bieten, damit die mit

Ihnen zusammen arbeiten?

RIECHMANN: Eine attraktive Preiskonstellation, wie es so schön heißt. Also die Möglichkeit, unsere Produkte zum gleichen Preis wie Media-Markt, Saturn etc. anzubieten. Wir haben bereits über die Kooperationen Multimedia-home, Comteam und Datura Partner hinzugewonnen, die die Packard-Bell-Consumer-Produkte zu den gleichen Verkaufspreisen wie Media-Markt anbieten können und dabei auch noch eine vernünftige Marge erzielen.

Mir ist nach wie vor ein Rätsel, wie der Fachhändler im Privatkunden-Markt PCs dauerhaft profitabel verkaufen kann. An den Boxen verdient er so gut wie nichts. Und mögliche Dienstleistungen zahlt ihm

keiner.

RIECHMANN: Da bin ich nicht so sicher. Es gibt Erfahrungen, daß der Endkunde durchaus bereit ist, für Dienstleistungen zu zahlen. Wir haben zum Beispiel einen Test über vier Wochen gemacht, in dem wir unseren Endkunden ein Teletraining angeboten haben. Der Kunde konnte für 99 Mark eine Stunde Teletraining kaufen, und bei Problemen mit dem Rechner die Hotline anrufen. Innerhalb von vierzehn Tagen haben wir immerhin 110 oder 112 Stunden verkauft. Dieser Service wird also offenkundig angenommen, und dafür ist der Kunde auch bereit, seinen Geldbeutel zu öffnen. Wir planen im übrigen, die gleiche Aktion im vierten Quartal über die Fachhändler zu generieren.

Also Sie sind überzeugt, daß der normale Fachhändler, auch wenn er keiner größeren Verbundgruppe angehört, eine Existenzberechtigung und auch eine Überlebenschance im Privatmarkt hat.

RIECHMANN: Absolut. Einige Retailer machen es vor. Brinkmann in Hamburg verkauft heute fünfundsiebzig Prozent seiner PCs mit einem Aufstellservice. Der Endkunde bezahlt 49 Mark, der PC wird nach Hause gebracht, aufgestellt und angeschlossen. Das ist machbar, nur muß ich es anbieten.

Im Zusammenhang mit der Akquisition des französischen Direktanbieters Brett Computers Ende letzten Jahres tauchten Meldungen auf, daß Packard Bell NEC über Brett auch in Deutschland einen

Direktvertrieb aufbauen wolle. Wie ist da der aktuelle Stand der Dinge?

RIECHMANN: Ich denke, daß wir in diesem Bereich von unseren Mitbewerbern viel gelernt haben, nämlich daß der deutsche Markt kein Direktmarkt ist. Und wir sind nicht bereit, zusätzlich Marketing-Gelder in einen Markt zu stecken, in dem andere bereits nicht sehr erfolgreich agiert haben.

Der deutsche Markt ist kein Markt dafür.

Zusammenfassend: Welche Ziele haben Sie sich für Packard Bell NEC in diesem Jahr gesetzt?

RIECHMANN: Oberstes Ziel ist es, keine roten Zahlen zu schreiben, was bei den derzeitigen Preiskämpfen schon eine große Herausforderung darstellt. Darüber hinaus wollen wir unseren Markt-anteil von 1997 zumindest halten.

Wir sind mit den beiden Marken Packard Bell und NEC, für die

ich hier in München die Verantwortlichkeit trage, auf einem ganz guten Weg. Wir sind jedenfalls guten Mutes.

Packard-Bell-NEC-Geschäftsführer Hans-Dieter Riechmann: "Wir sind auf einem guten Weg."

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