INTERVIEW/Siemens will neue Windkraftfertigung in USA aufbauen

11.09.2008
Von Alexander Becker

Von Alexander Becker

DOW JONES NEWSWIRES

HUSUM (Dow Jones)--Die Siemens AG treibt den Ausbau ihres internationalen Windkraftgeschäfts weiter voran und will in den USA neben Rotoren künftig auch Maschinenhäuser für die Windkraftturbinen fertigen. Das sagte der Leiter des Windkraftgeschäfts, Andreas Nauen, auf der Branchenmesse Windenergy in Husum Dow Jones Newswires im Interview.

Nach dem bereits geplanten Aufbau einer Fertigung in China rückt Indien als weiteres Expansionsziel in den Blickpunkt von Siemens. Mit dem Ausbau der Fertigungskapazitäten stellt sich Siemens auf das erwartete langfristige Wachstum des weltweiten Windkraftmarkts ein.

Das dänische Windkraft-Beratungsunternehmen BTM Consult sieht bei einer anhaltend hohen Nachfrage in Europa vor allem Indien, China und die USA als weltweite Wachstumstreiber für die Windkraftbranche.

Derzeit prüft Siemens laut Nauen in den USA drei bis fünf Standorte, die für die Fertigung von Maschinenhäusern, im Fachjargon auch Gondeln genannt, in Frage kommen. Bislang hat die Siemens Business Unit ein Flügelwerk in Iowa. In dem neuen Werk sollen die 2,3-Megawatt-Turbinen errichtet werden, die Siemens derzeit für den On-Shore-Markt anbietet.

Siemens hat im laufenden Geschäftsjahr mehrere Großaufträge aus den USA erhalten. So liefert das Unternehmen 130 Windkraftanlagen in den US-Bundesstaat Washington und 141 Anlagen für einen Windpark im Bundesstaat Oregon. Allein die Auftragsvolumina dieser beiden Order summieren sich auf über 1,1 Mrd USD.

Bislang fertigt Siemens die Maschinenhäuser für Windkraftturbinen ausschließlich in Dänemark, wo auch das Hauptquartier der Business Unit Wind Power liegt.

Der Ausbau der bereits bestehenden Flügelfertigung am US-Standort Iowa laufe absolut problemlos, sagte Nauen. Bei dem Ziel, hier Flügel für rund 1.000 Megawatt zu produzieren, liege Siemens voll im Plan.

"Weil das zügig voran ging, haben wir uns entschieden, auch eine Gondel-Fertigung in den USA zu machen", so Nauen. Wenn Siemens dies dann mit einem "cleveren" Transportkonzept verbinde, hätte das Unternehmen einen "schönen Radius", um die Region mit "amerikanischen Windturbinen" von Siemens zu beliefern.

Das zur Division Renewable Energy gehörende Windkraftgeschäft von Siemens verzeichnet in den vergangenen Jahren kräftige Zuwachsraten. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2007/08 legte der Umsatz von Renewable Energy im Vergleich zum Vorjahr um 63% auf 1,465 Mrd EUR und der Auftragseingang um 143% auf 4,115 Mrd EUR zu.

Siemens hat sich im Windkraftgeschäft mittelfristig ehrgeizige Wachstumsziele gesetzt. So soll der Marktanteil auf mindestens 15% im Jahr 2011 von derzeit 8% bis 9% steigen. Bei dem erklärten Ziel, die Kapazität an installierter Leistung bis zum Jahr 2011 auf 4.500 Megawatt zu steigern, sieht Nauen sein Geschäft "auf gutem Weg". Im laufenden Jahr erwartet Siemens 2.000 bis 2.100 installierte Megawatt und damit leicht mehr als die bisher in Aussicht gestellten 2.000 Megawatt.

Dabei rechnet der Windkraft-Manager mit einer lang anhaltenden Wachstumsphase seiner Branche. Schon jetzt sei bei Siemens ein Großteil der Kapazitäten bis zum Jahr 2011 ausverkauft. Auch über das Jahr hinaus sei Siemens "sehr optimistisch" und werde "den Wachstumspfad, den wir nun eingeschlagen haben, weiter gehen", sagte Nauen mit Blick auf die Planungen seines Bereichs bis zum Jahr 2017. Konkrete Prognosen machte Nauen allerdings nicht.

Auf dem bisherigen Wachstumsmarkt USA geht Nauen nicht von einem Rückgang der Nachfrage aus. Hier werde sich die jährlich installierte Leistung wohl bei rund 6.000 Megawatt "einpendeln" oder weiter steigen. Als kommende Volumenmärkte nimmt Siemens Indien, China und die Asien-Pazifik-Region ins Visier.

In China will Siemens bis zum Jahr 2011 eine eigene Fertigung mit einer jährlichen Kapazität von rund 1.000 Megawatt errichten. Hier sei Siemens nach wie vor in Gesprächen mit einem Partnerunternehmen. Zwar machten diese Gespräche Fortschritte, liefen aber nicht so schnell, wie es sich Nauen wünschen würde. Man habe hier aber bewusst einen "konservativen Zeitrahmen gewählt", so dass das Kapazitätsziel 2011 unverändert erreicht werden könne, so Nauen.

Der chinesische Markt selbst ist laut Nauen wegen des hohen Wettbewerbs im On-Shore-Bereich - vor allem bedingt durch chinesische Wettbewerber und den Mangel an lokaler Fertigung - "noch kein Vertriebsmarkt für uns".

"Indien schauen wir uns derzeit genau an und überlegen uns, wie wir dort starten wollen", sagte Nauen weiter. Indien sei von den Rahmenbedingungen ein anderer Markt als die, auf denen Siemens bisher tätig ist. So sei die Windkraft sehr von den steuerlichen Rahmenbedingungen getrieben und bislang von viele kleinen Maschinen und Projekten dominiert. "Die spannende Frage momentan ist, ob dieses im Umbruch hin zu größeren Projekten und Maschinen ist".

Siemens sei derzeit dabei, den indischen Markt genau zu analysieren. "Welche Maschinen sind sinnvoll, gibt es die benötigten Transportwege und steigen wir mit einem Partner ein oder machen wir das alleine", seien derzeit die Fragen, die sich Siemens hier stelle. Eine Fertigung in Indien werde dann aber wohl auch kommen, so Nauen mit Verweis auf die Lohnkostenvorteile etwa gegenüber dem dänischen Standort. Wettbewerber Suzlon fertige schließlich auch schon erfolgreich dort, "dann werden wir das auch können", sagte Nauen.

Einen genauen Zeitrahmen für die Expansion nach Indien gebe es noch nicht. Dabei setzt Nauen aber generell auf einen schrittweisen Ausbau seines Geschäfts: "Erstmal der Ausbau in Dänemark, dann USA und dann China". Danach stehe das Thema Indien auf der Agenda.

Webseite: http://www.siemens.com - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/brb

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