INTERVIEW/Siemens will Windkraft-Kapazität verdreifachen

07.12.2007
Von Alexander Becker DOW JONES NEWSWIRES

Von Alexander Becker DOW JONES NEWSWIRES

BERLIN (Dow Jones)--Die Siemens AG will angesichts eines anhaltenden Nachfragebooms nach Windkraftanlagen ihre Kapazitäten in den kommenden Jahren verdreifachen und den Markanteil deutlich ausweiten. Dabei plane Siemens Wind Power in den kommenden Jahren auch den Aufbau einer Fertigung in Asien, um sich als globaler Anbieter zu positionieren, sagte der Leiter von Siemens Wind Power, Andreas Nauen, Dow Jones Newswires im Interview. Einem anhaltend profitablen Wachstum sollen die geplanten Investitionen dabei nicht im Wege stehen.

Siemens Wind Power hat sich für die kommenden Jahre ambitionierte Ziele gesetzt. Der Marktanteil an den jährlich installierten Leistungen soll sich bis zum Jahr 2011 nahezu verdoppeln und von derzeit 8% bis 9% auf dann mindestens 15% steigen. Die installierte Leistung soll sich dabei von rund 1.500 MW im Jahr 2007 auf 4.500 MW verdreifachen.

Bei den Wachstumsprognosen für den weltweiten Markt gibt sich Nauen etwas vorsichtiger als die meisten Beobachter. So rechnet der Manager mit einem Zuwachs auf 26 GW, während etwa das dänische Windkraft-Beratungsunternehmen BTM Consult ein Plus auf 33 GW erwartet. BTM sieht dabei als Wachstumstreiber Indien, China und den USA und eine anhaltend hohe Nachfrage in Europa.

Siemens wesentliche Wettbewerber auf dem Windkraftmarkt sind die dänische Vestas, Enercon aus Aurich, GE Wind aus den USA, die spanische Gamesa und die indische Suzlon.

"Wir müssen in der Zukunft global denken und global fertigen", so Nauen mit Blick auf die Wachstumsmärkte. Das Geschäft mit Windkraftanlagen sei internationaler geworden, was den positiven Effekt habe, dass die Branche zugleich weniger abhängig von nationalen Subventionsprojekten sei. Für Siemens Wind Power sei es daher wichtig, die ursprünglich nordeuropäische Firma "auf mehrere Füße zu stellen". Dazu gehören das Amerika-Geschäft, das On- und Off-Shore-Geschäft in Europa sowie Asien.

Neben dem chinesischen Markt seien im asiatisch-pazifischen Raum "die Hochwindländer Australien und Neuseeland" als noch wenig erschlossene Windkraftregionen interessant. Im September hatte Siemens Wind Power einen Auftrag über 62 Windturbinen mit einer Leistung von zusammen 140 MW für einen Auftrag in Neuseeland erhalten.

Der Auftrag ist "der erste Großauftrag" für Siemens Wind Power aus der pazifischen Region. Die Rotorblätter und die Maschinenhäuser werden dafür von Dänemark nach Neuseeland verschifft. Um künftig näher an den Märkten in dieser Region zu sein, hat Siemens Wind Power im Rahmen ihrer Ausbaupläne für 2011 beschlossen, eine Fertigung in China aufzubauen.

"Wir werden hier zunächst im Einkauf beginnen und Komponenten in China einkaufen", kündigte Nauen an. Diese werden dann am Stammsitz von Siemens Wind Power im dänischen Brande in die Maschinen eingebaut. So könne man die geforderte Qualität testen und sicherstellen. Parallel dazu werde ein Standort in China aufgebaut. "Wenn wir dann sicher sind das wir die Teile wie gefordert dort bekommen, dann drehen wir es um und werden europäische Teile mit chinesischen Komponenten in China fertigen", so Nauen.

Mit dem neuen chinesischen Standort könne man dann den gesamten asiatisch-pazifischen Markt abdecken. Die Serienfertigung in China soll auf jeden Fall noch vor dem Jahr 2011 angelaufen sein. Konkretere Angaben dazu wollte Nauen nicht machen. Ob die künftige Fertigung mit einem Partner gemacht werden soll, sei derzeit noch offen.

Derzeit hat Siemens Wind Power Fertigungsstätten im dänischen Brande und Aalborg sowie in Iowa/USA. Trotz der geplanten deutlichen Ausweitung der Kapazitäten sieht Nauen die künftige Profitabilität seines Geschäftsbereichs durch die Investitionen nicht belastet. Der erforderliche Kapitaleinsatz für Kapazitätserweiterungen für die Fertigung von Windturbinen sei "nicht so dramatisch".

Im laufenden Geschäftsjahr peilt Siemens laut Nauen erstmals eine zweistellige EBIT-Marge an. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte Siemens Wind Power hier eine Marge von 9,5% erwirtschaftet. Über die künftige Margenentwicklung wollte sich Nauen mit Verweis auf die angekündigten neuen Margenziele von Seiten des Siemens-Konzerns nicht äußern. Die geplanten Investitionen "werden die Marge auf jeden Fall nicht belasten", sagte er lediglich.

Siemens will nach der Neuorganisation des neuen operativen Geschäfts im Januar neue und ambitioniertere Margenziele für die einzelnen Geschäftsfelder präsentieren. Dabei hatte der neue Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher angekündigt, sich stärker an den jeweils besten Wettbewerbern zu orientieren. Im Geschäft mit Windenergie sieht sich Siemens bereits als Benchmark bei der Profitabilität. So liegt Siemens laut Nauen mit 9,5% deutlich über einer durchschnittlichen EBIT-Marge von rund 8%,

"Unsere Aufgabe ist es so schnell wie möglich zu wachsen", sagte Nauen. Dabei habe Siemens Wind Power die volle Unterstützung der Siemens-Konzernführung. So habe der Zentralvorstand die Ausbaupläne für 2011 und Investitionsvorschläge "ohne Abstriche" genehmigt. "Der Stellenwert von Wind ist deutlich gewachsen", sagte Nauen unter Verweis auf die Margen als auch Umsatzentwicklung in den vergangenen Jahren.

In den kommenden Jahren werde sich der Umsatz "entlang der installierten Leistung entwickeln", kündigte Nauen an. Ein steigender Anteil an installierten Off-Shore-Turbinen dürfte den Umsatz dabei überproportional steigen lassen. Siemens sieht 2011 den Off-Shore-Anteil an der installierten Leistung bei rund einem Viertel, Anteil am Umsatz dagegen aber bei gut einem Drittel.

Branchenexperten verweisen darauf, dass mit Off-Shore-Turbinen rund ein Drittel höherer Preis zu erzielen ist. Als Faustregel gelte, dass ein MW installierte Leistung On-Shore etwa 1,1 Mio EUR koste, während ein MW bei einer Off-Shore-Turbine mit etwa 1,4 Mio EUR zu Buche schlage.

Im Zukunftsmarkt Off-Shore werde Siemens im laufenden Jahr Wettbewerber Vestas überholen und mit einem Marktanteil "von 50% und mehr" Marktführer werden. Diesen Platz wolle Siemens auch langfristig behalten. Allerdings werde angesichts der steigenden Zahl von Wettbewerbern im Windgeschäft ein Anteil von über 50% nicht zu halten sein. "Ob der Marktanteil dann langfristig bei 40% oder 50% liegen wird, werde sich zeigen", so Nauen.

Webseite: http://www.siemens.com - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/nas

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