INTERVIEW/Telekom Austria sieht Belastungen wegen Festnetzumbau

03.12.2008
Von Andrew Edwards DOW JONES NEWSWIRES

Von Andrew Edwards DOW JONES NEWSWIRES

NEW YORK (Dow Jones)--Die Telekom Austria AG, Wien, rechnet infolge der angekündigten umfassenden Restrukturierung der Festnetzsparte mit erheblichen Belastungen. Die Restrukturierung sei aber nötig und "ein Weg, um unser Geschäft zu rationalisieren und um zu zeigen, dass wir ein profitabler Anbieter sind", sagte Hans Tschuden, Finanzvorstand des Wiener Telekomkonzerns in einem Interview mit Dow Jones Newswires in New York.

Ziel der Neuausrichtung sei es, den ins Trudeln geratenen Festnetzbereich durch gezielte Produktbündelung und Redimensionierungsmaßnahmen nachhaltig profitabel zu machen. Für 2010 erwartet Telekom Austria Restrukturierungsbelastungen von 630 Mio EUR. "Ich denke, es ist eine beträchtliche Rückstellung", so Tschuden. Diese erwartete Belastung für 2010 entspreche aber jenem Betrag, den Telekom Austria für die erste Runde von Stellenstreichungen im laufenden Jahr zurückgestellt habe.

Telekom Austria war durch den anhaltenden Wechsel von Kunden vom Festnetz in den Mobilfunkbereich und die Wachstumsabschwächung in den zentral- und osteuropäischen Mobilfunkmärkten unter Restrukturierungsdruck geraten. Infolgedessen hat das Unternehmen angekündigt, im Festnetzbereich bis 2010 rund 2.500 Stellen streichen zu wollen; die Hälfte davon bis Ende 2009.

Da die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter im Festnetzbereich noch aus der Zeit stammen, in der die Telekom ein staatliches Unternehmen war, genießen sie Beamtenstatus. Daher gestaltet sich der Stellenabbau sehr schwierig und kostenintensiv.

Tschuden sagte, bereits 400 Beamte hätten in ein Abfindungsmodell eingewilligt, während die verbleibenden 850 Mitarbeiter bei vollen Bezügen vom Dienst freigestellt worden wären. Telekom Austria versuche weiterhin mit der österreichischen Regierung eine Lösung zu finden, etwa in Form einer Beamtenagentur bei der Verstaatlichtenholding ÖIAG, welche die nicht mehr benötigten Mitarbeiter übernehmen könnte.

Zur Entwicklung in der Region Zentral- und Osteuropa sagte Tschuden, dass die Telekom Austria eine komplizierte Situation vorfinde. Das Wachstum des Mobilfunkbereichs, der in den vergangenen Jahren der Wachstumstreiber des Konzerns gewesen sei, schwäche sich ab. "Wir erwarten, dass es in der Zukunft Wachstum in diesen Märkten geben wird, aber auf niedrigerem Niveau als bisher", sagte Tschuden. Telekom hat Mobilfunktöchter in Bulgarien, Slowenien, Kroatien, Weißrussland, Serbien, Mazedonien und eine Festnetztochter in der Tschechischen Republik.

Von der internationalen Finanzkrise sei die Telekom Austria größtenteils verschont geblieben. Tschuden sagte, dass der Konzern Verbindlichkeiten habe, die aus dem gegenwärtigen Cashflow bedient werden könnten, und dass das Unternehmen seine Finanzverbindlichkeiten bis 2010 bereits finanziert habe. Das Hauptaugenmerk gelte der Lösung der Angelegenheiten im Festnetzbereich.

So konnte die Telekom Austria durch die Schaffung von Produktbündeln die Migration von Kunden aus dem Festnetz- in den Mobilfunkbereich in den ersten neun Monaten 2008 auf rund 10.000 pro Monat abmildern. Diese Strategie werde das Unternehmen weiter fortsetzen. Eine Aufteilung in zwei getrennte Bereiche, wie von Medien wiederholt kolportiert, sei nicht geplant. Eine solche Lösung würde laut Tschuden angesichts der Erfahrungen im Geschäftskundensegment auch keinen Sinn ergeben, da die größtmögliche Flexibilität am Markt ein großer Vorteil sei.

Webseite: http://www.telekom.at -Andrew Edwards und Flemming Emil Hansen, Dow Jones Newswires; (001) 201-938-5973; andrew.edwards@dowjones.com DJN/DJG/hed/ncs/cbr

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