iPhone-Datenretter im Praxistest

Kann man gelöschte Daten von einem iPhone retten?

Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.
Einige Tools versprechen, gelöschte iPhone-Daten wiederherstellen zu können. Das ist kein Unfug, es gibt jedoch einige Einschränkungen.

Eigentlich sollte nach Apples Konzept das Retten von gelöschten Daten von einem iPhone oder iPad gar nicht möglich sein. Zu stark ist iOS von der Außenwelt abgeschirmt. Offenbar werden aber manche Daten nicht komplett von einem iOS-Gerät entfernt oder überschrieben, sodass einige Tools die Datenrettung dieser Daten versprechen.

Einige Tools versprechen, gelöschte iPhone-Daten wiederherzustellen.
Einige Tools versprechen, gelöschte iPhone-Daten wiederherzustellen.
Foto: Farknot Architect - shutterstock.com

Wir haben uns die drei bekanntesten Tools, Wondershares Dr. Fone, iMobies Phone Rescue und UltData von Tenorshare näher angesehen. Alle drei sind bereits kompatibel mit iOS 11 und macOS High Sierra. Drei Datenrettungsmethoden sind dabei üblich, das direkte Auslesen eines per USB angeschlossenen iPhone oder iPad, der Download von iCloud-Backupdateien und das Auswerten von iTunes-Backups. Die letzteren beiden Methoden sind eher Notlösungen und eigentlich kaum sinnvoller als das eigenhändige Aufspielen eines Backups. Interessant finden wir vor allem die Option, Daten von einem angeschlossenen iPhone zu retten.

Kein Backup: Daten vom angeschlossenen iPhone oder iPad scannen

Schon Millionen an iPhone-Besitzern soll die Lösung Dr. Fone von Wondershare geholfen haben, so der Hersteller. Schließt man ein entsperrtes iOS-Gerät an seinen Mac an und startet das 80 Euro teure Tool, beginnt ein mehrere Minuten dauernder Scan. Der Trick: Bei einem iPhone werden Dateien beim Löschen nicht überschrieben, sondern verbleiben auf dem Datenspeicher. Nach diesem Prinzip arbeiten auch die beiden Programme von iMobie und Tenorshare.

Nicht wundern, wenn bei einem alten Gerät oder Mac der Scan lange dauert, im Hintergrund wird nämlich eigentlich kein „Scan“ durchgeführt, sondern ein komplettes Backup des iPhones auf den Mac geladen. Nur nachdem dieses Backup vorliegt, ist es nämlich möglich, auf temporäre Daten zuzugreifen und gerade gelöschte Daten wiederherzustellen. Hat man versehentlich gerade Fotos oder Notizen gelöscht, soll man diese so auch ohne Backup noch wiederherstellen können. Laut den Entwicklern der Tools funktioniert diese Wiederherstellung bei Kontakten, Fotos, Videos, Nachrichten und anderen Daten. So könne man auch die Anrufliste, Erinnerungen, Voicememos und Safari-Lesezeichen retten. Auch App-Daten werden unterstützt, etwa die kostbaren Chats des beliebten WhatsApp und andere Chat-Programme.

Vor der Wiederherstellung kann man die gewünschte Dateiart bestimmen.
Vor der Wiederherstellung kann man die gewünschte Dateiart bestimmen.

Man kann die drei Programme auch ohne Registrierung testen, dabei ist aber nur eine Vorschau auf die Daten möglich. Das ist allerdings noch kein Garant für eine erfolgreiche Datenrettung. Manchmal kann eine Datei nur teilweise wiederhergestellt werden, ein Foto oder Video ist dann oft nicht mehr nutzbar. Nach unseren Stichproben lässt sich die Zuverlässigkeit der Datenrettung nicht garantieren, da diese Daten laufend von neuen Daten überschrieben werden.

Bei einem unserer Testdurchläufe mit Dr. Fone versuchen wir beispielsweise unter iOS 11 ein Dutzend Fotos zu retten, die wir gerade in der Kamera-Rolle gelöscht haben. Der Scan dauert zehn Minuten, die Fotos können aber nicht identifiziert werden. Erfolgreicher ist das Tool bei der Wiederherstellung von Bürodaten wie Kontakten, Safari-Lesezeichen und Texten.

Offenbar waren die App bei früheren Systemversionen weit erfolgreicher und haben anscheinend Probleme mit iOS 11. Interessant: Das Toolkit ist in verschiedenen Ausbaustufen erhältlich und kann auch in halb so teuren Spezialversionen für die Messenger Whatsapp, Viber, Line und Kik erworben werden. Man kann mit diesen Versionen dann ausschließlich Daten dieser Apps retten und auch Backups erstellen.

Datenrettung zum günstigen Preis

iMobie hat ebenfalls eine Datenrettungssoftware im Angebot, die das Retten von vierzehn verschiedenen Datenarten unterstützt: Fotos, Nachrichten und Anrufverlauf, ebenso Kalender, iBooks und Videos. Mit einem Preis von 50 Euro ist die Software von iMobie die günstigste Software. Das Prinzip ähnelt den beiden anderen Programmen, der größte Unterschied ist die Bedienweise: Man wird nämlich Schritt für Schritt durch die Datenrettung geführt. Die Ergebnisse unterscheiden sich wiederum wenig von den beiden anderen Tools. Auch mit diesem Tool können wir leider die gerade gelöschte Foto-Sammlung nicht mehr retten. Gut: Die Software warnt vor iTunes- und iCloud-Datenübertragungen und empfiehlt, das Gerät in den Flugmodus zu versetzten.

Das Tool Phone Rescue führt Schritt für Schritt durch die Datenrettung.
Das Tool Phone Rescue führt Schritt für Schritt durch die Datenrettung.

Eine Besonderheit der Software ist das Ziel der Datenrettung. Optional kann man die Daten nämlich direkt auf dem iPhone oder iPad wiederherstellen: Man muss die Daten also nicht auf den Mac laden und dort auswerten. Allerdings kann man so auch alte Daten überschreiben, wir würden deshalb eher den Mac als Ziel der Datenrettung auswählen. Bei einigen Datenrettungen sind die Ergebnisse von Phone Rescue recht annehmbar, die Ergebnisse entsprechen denen der anderen beiden Apps. Etwas Kritik verdient die holprig übersetzte Oberfläche, die etwas verwirrend sein kann.

Scan in einigen Minuten erledigt

Einen fast identischen Funktionsumfang bietet auch die dritte Software UltData von Tenorshare. Auch hier kann man vor einem Scan eine bestimmte Dateiart oder alle unterstützten Dateiarten auswählen. Die Oberfläche wirkt etwas altbacken, bietet aber ähnliche Optionen. Auch hier dauert der Scan einige Minuten, dann erhält man eine Übersicht über die zu rettenden Dateien. Relativ erfolgreich ist das Gerät bei Daten wie Kontakten und Nachrichten, die Rettung von gerade gelöschten Kamerafotos ist ebenfalls nicht erfolgreich. Aktuell kostet die Ein-Jahres-Lizenz 60 US-Dollar.

Die Programme können wie versprochen einige gelöschte Daten retten, die Ergebnisse unter iOS 11 sind allerdings enttäuschend. Gerettete Fotos bestanden in unserem Test oft nicht aus den Originalen, sondern nur aus kleinen Vorschaudateien, die Videos waren eigentlich Live-Fotos und man erhält unter Umständen hunderte an unbenannten Textdateien. Eigentlich sollte man die Apps eher als Notlösung oder „letzte Hoffnung“ verstehen. Zudem ist die Auswertung der Daten nicht ganz problemlos, vor allem wenn man nicht gezielt bestimmte Dateiarten retten will.

Die Software von Tenorshare unterstützt ebenfalls zahlreich Dateiarten.
Die Software von Tenorshare unterstützt ebenfalls zahlreich Dateiarten.

Backup vorhanden – iPhone defekt

Bei Problemen mit einem iOS-Gerät und auch nach einem Datenverlust ist das Aufspielen eines Backups die beste Lösung – falls vorhanden. Hat man aber regelmäßig iOS-Backups erstellt, gibt es bei einem defekten iPhone oder iPad oft trotzdem noch ein Problem: Um die Daten wiederherzustellen, benötigt man ein neues oder repariertes Gerät. Ist das Gerät aber in Reparatur, kann man mit allen drei Programmen auf ein lokales iTunes-Backup oder iCloud-Backup zugreifen. Für diese Aufgabe gibt es deshalb Freeware-Tools wie iBackup Viewer.

Die Tools können auch iCloud-Backups auf den Rechner laden.
Die Tools können auch iCloud-Backups auf den Rechner laden.

Ungewöhnlicher ist der Zugriff auf iCloud. Nach Eingabe seiner Anmeldedaten kann sich nämlich jedes der drei Programm mit Apples Servern verbinden und iCloud-Backups herunterladen. Nach Download der mehrere GB großen Dateien kann man diese Daten dann auf ein iOS-Gerät übertragen, wahlweise aber auch die Daten auswerten und etwa E-Mails oder Nachrichten extrahieren. Das funktioniert bei jedem der drei Programme. Der Unterschiede zur Datenwiederherstellung per iCloud: Vor dem Aufspielen des iCloud-Backups kann man die Daten sichten und gezielt bestimmte Daten ergänzen – etwa nur die gelöschten Fotos. Dieser Download der iCloud-Backups ist teilweise auch mit den Demo-Versionen der Tools möglich.

Allerdings ist der iCloud-Zugriff offensichtlich nur etwas für Notfälle: Den Download eines iCloud-Backups hat Apple offenbar als verbotenen Zugriff interpretiert. Unser Account wurde gesperrt und wir mussten unser Passwort zurücksetzen.

Phone Rescue, UltData und Dr. Fone bieten noch eine Reihe zusätzlich Funktionen. So kann man mit Dr. Fone „Privatdaten-Entferner“ noch wiederherstellbare Daten zu löschen - etwa private Notizen oder Bilddateien. Ebenso wie Phone Rescue und UltData bietet das Tool außerdem einige Wartungsfunktionen, etwa für das Beheben von Systemproblemen. Für diese Aufgaben benötigt man aber eigentlich keine eigene Software.

Fazit

Hat man versehentlich Daten gelöscht, kann eine Datenrettungssoftware wie Phone Rescue unter Umständen hilfreich sein. Was wiederhergestellt wird, ist aber ungewiss und sehr begrenzt. Regelmäßige Backups können die Programme leider keinesfalls ersetzen. (Macwelt)

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