Baby-Boomer gehen in Rente - Ausbildungsoffensive erforderlich

iSCM-Analyse - Corona-Pandemie und Fachkräftemangel



Dr. Rudolf Aunkofer ist Direktor am Institut für Information & Supply Chain Management (iSCM) der Hochschulie für angewandtes Management in Ismaning bei München.
Technologischer Fortschritt, digitale Transformation & globale Vernetzung haben die Technologie-Industrie in den letzten Jahrzehnten geprägt. In der neuen Dekade wird die Generation der Baby-Boomer einen neuen Lebensabschnitt beginnen und dadurch die Technologie-Industrie in einer Art und Weise verändern, die einzigartig in der Historie der Branche ist.
Mit dem Abflauen der Corona-Pandemie steigt wieder die Nachfrage nach Fachkräften.
Mit dem Abflauen der Corona-Pandemie steigt wieder die Nachfrage nach Fachkräften.
Foto: iSCM Institute

Die IT-Industrie zeichnet sich seit ihren Anfängen durch die rasche, das heißt exponentielle Entwicklung des technologischen Fortschritts aus. Die Formulierung von "Moores Law" im Jahre 1965 beschreibt diesen Sachverhalt einfach wie markant.

Der (technologische) Wandel, geprägt durch

(1) eine Vielfalt an Innovationen, ihren Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten

(2) eine rasche Weiterentwicklung von Technologie-Standards sowie

(3) vergleichsweise kurze Produktlebens- beziehungsweise Marktzyklen

ist ein fester Bestandteil der IT-Branche. Die Branche ist schnelllebig, kurzweilig, abwechslungsreich und immer für die ein oder andere Überraschung gut. Langeweile scheint ein Fremdwort zu sein.

In deutlichem Gegensatz hierzu, gibt es aber auch die andere, eine auf Beständigkeit und Kontinuität bedachte Seite der IT-Branche, und zwar immer dann, wenn wir den Faktor "Mensch" betrachten. Selbst beim "nur" Durchblättern und Überfliegen der Personalmeldungen in den einzelnen Channel-Medien wird offensichtlich, dass die IT-Branche in punkto Führungskräfte wie auch Besetzung von Führungspositionen eher kleiner als größer ist. Ein, in Relation zur technologischen Entwicklung, eher konstant und beständig anmutender Kreis von Namen beziehungsweise Personen dominiert die Headlines bereits seit einer Reihe von Jahren.

Es scheint, als würde die Branche hier (un-)bewusst einen Gegensatz zur Technologieentwicklung setzen. Als vergleichsweise junge Branche ist die IT-Branche wie keine andere, durch die Generation der sogenannten Baby-Boomer geprägt. Die Branche ist mit Ihnen beziehungsweise vor allem die "jüngeren" Jahrgänge der Baby-Boomer Generationen sind mit der Branche groß geworden. Keine andere Branche wurde so von dem Gedankengut der 1960er-Jahre geprägt, was sich bis heute in freiem Zugang zu Informationen, Open Source-Quellcodes, Netzneutralität oder in der Forderung nach Anonymität und Individualität widerspiegelt.

Immer für eine Überraschung gut

Mit dem Begriff "Baby-Boomer" werden die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration bis Mitte der 1960er Jahre (1946 bis 1964) bezeichnet. Der Fokus liegt heute in der Regel auf den Jahrgängen 1955 bis 1964, da im Jahr 1964 ein Allzeithoch von knapp 1,4 Millionen Geburten in Deutschland erreicht wurde (zum Vergleich: im Jahr 2020 - wie auch in den Jahren davor - lag die Geburtenzahl jeweils deutlich unter 800.000 Geburten pro Jahr).

Die Generation der Baby-Boomer ist daher durch das Wirtschaftswunder, dem Zugang zur Bildung für alle soziale Schichten und einem neuen Wohlstandsgefühl geprägt. Identifikation mit ihrer Arbeit stellt für sie ein zentrales Element dar:

  • Leistungswille und -bereitschaft

  • Team- und Umsetzungskompetenz

  • Partizipation- und Kooperationsbereitschaft

  • Selbstverwirklichung und Optimismus als Grundprinzip

kennzeichnen somit nicht nur die Generation der Baby-Boomer im Allgemeinen sondern auch die IT-Branche, wie wir sie täglich erleben, im Besonderen.

Altersbedingt wird sich der Arbeitsmarkt personaltechnisch in den kommenden Jahren allerdings nachhaltig verändern. Millionen der in den 1950er- und 1960er-Jahren geborenen Baby-Boomer werden ab Mitte der 2020er Jahre sukzessive einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Es werden erstmals mehr Menschen den Arbeitsmarkt verlassen als auf der "anderen Seite" neu ins Berufsleben starten. Arbeitskräfte werden fehlen. Dieser demografische Wandel wird zwangsläufig zu einem stark verschärftem Fachkräftemangel führen.

Prof. Dr. Rudolf Aunkofer ist Gründer und Direktor am iSCM Institute.
Prof. Dr. Rudolf Aunkofer ist Gründer und Direktor am iSCM Institute.
Foto: iSCM Institute
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