ISDN als Frischzellenkur für Remote Access

24.05.1996
MÜNCHEN: ISDN räumt im Modem-Markt gründlich auf. Analog-Modems haben zwar in vielen Bereichen noch immer ihre Daseinsberechtigung, doch ISDN-Systeme sind auf dem Vormarsch. Marktforscher und Hersteller sind sich einig: Für die Remote-Anbindung von Arbeitsplätzen an das Firmennetz ist ISDN ein Segen.Auch die Deutsche Telekom kocht nur mit Wasser: ISDN ist zwar in Deutschland tatsächlich "flächendeckend verfügbar", wie es in fast allen Publikationen zum Thema heißt. Doch in der Praxis übertragen hierzulande nur rund fünf Prozent aller Telefonteilnehmer über das ISDN-Netz, weltweit werden es bis zum Ende des Jahres insgesamt gerade einmal fünf Millionen Teilnehmer sein. Also noch kein Grund zur schrankenlosen Euphorie.

MÜNCHEN: ISDN räumt im Modem-Markt gründlich auf. Analog-Modems haben zwar in vielen Bereichen noch immer ihre Daseinsberechtigung, doch ISDN-Systeme sind auf dem Vormarsch. Marktforscher und Hersteller sind sich einig: Für die Remote-Anbindung von Arbeitsplätzen an das Firmennetz ist ISDN ein Segen.Auch die Deutsche Telekom kocht nur mit Wasser: ISDN ist zwar in Deutschland tatsächlich "flächendeckend verfügbar", wie es in fast allen Publikationen zum Thema heißt. Doch in der Praxis übertragen hierzulande nur rund fünf Prozent aller Telefonteilnehmer über das ISDN-Netz, weltweit werden es bis zum Ende des Jahres insgesamt gerade einmal fünf Millionen Teilnehmer sein. Also noch kein Grund zur schrankenlosen Euphorie.

Doch bei den Tele- und Computerkommunikations-Anbietern rumort es, die Berliner Teles AG beispielsweise legt ihre Zahlen gleich offen auf den Tisch: Habe man 1990 mit ISDN-Systemen noch einen schlappen Jahresumsatz von 0.75 Millionen Mark verzeichnet, habe der sich seither konstant jährlich verdoppelt und betrage 1995 24 Millionen Mark - bei einer Umsatzrendite von jeweils 15 Prozent vor Steuern. Der Cash-flow belief sich auf eine runde Million Mark.

Ergo: Mit ISDN läßt sich Geld verdienen

Und 1996 soll das Wachstum nochmals 150 Prozent betragen, nach den Erfahrungen des ersten Quartals, so ein Unternehmenssprecher, läge man sogar über dem Plan. Branchenkenner registrieren besonders im Modem-Markt heute bereits erste Verschiebungen in Richtung ISDN-Systeme. Wenn es darum geht, per Remote Access auf einen Unternehmensrechner zuzugreifen, hat die gute alte Analog-Modem-Technologie wohl bald ausgedient.

Die digitalen Daten, die per Modem und Analogleitung von einem PC zum nächsten übertragen werden, müssen zuerst in analoge Daten verwandelt werden und - beim Empfänger angekommen, in digitale Daten zurückverwandelt werden. Die Datentransferraten lassen demzufolge noch viele Wünsche offen: V.32-Modems schleppen gerade einmal 14.400 Bit pro Sekunde (bps) durch die Leitungen, V.34-Systeme warten immerhin mit 28.800 Bit pro Sekunde auf und einige Hersteller planen bereits Übertragungsraten von 33.300 bps. Dann, so die Experten, sei die Datentransferrate analoger Modems wohl endgültig ausgereizt.

Deshalb soll in Zukunft die ISDN-Übertragung den Remote-Access-Bereich dominieren. Nicht nur die Telekom findet dafür gute Argumente: Flexibilität, Stabilität und Übertragungsqualität sprechen für ISDN.

Ausschlaggebend ist für die meisten Anwender vor allem der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber der herkömmlichen, analogen Modemtechnologie. Über einen Basisanschluß ermöglichen ISDN-Lösungen eine Übertragungsrate von 128 Kbit pro Sekunde: Hierbei stehen dem Anwender zwei Leitungen (B-Kanäle) zur Verfügung, von denen jede - gleichzeitig oder unabhängig voneinander - 64.000 bps übertragen kann. Es ist auch möglich, drei ISDN-Anschlüsse zu beantragen - damit stehen bis zu 384.000 bps Übertragungsrate zur Verfügung. Und die Telekom freut sich: Das bedeutet für sie nämlich die sechsfachen Telefonkosten, pro Einheit kassiert sie derzeit 0,12 Mark.

ISDN-Verbindung steht in Sekundenbruchteilen

Auch in anderen Bereichen hängt die ISDN-Übertragung herkömmliche Modemtechnologien ab: Die Fernverbindung zum gewünschten Zielnetz per ISDN ist innerhalb von Sekundenbruchteilen hergestellt. Demgegenüber brauchen selbst schnelle Modems etwa zehn Sekunden, bis die Verbindung steht. Ohne daß auch nur ein Bit Nutzdaten den Empfänger erreicht hat, ist so selbst im Ortstarif die erste Tarifeinheit abgelaufen.

Auf überlasteten Leitungen läßt sich oftmals noch nicht einmal die mögliche Höchstgeschwindigkeit des Modems durchhalten. ISDN bietet immer noch die Möglichkeit, durch die Nutzung mehrerer Kanäle die Übertragungskapazität der Leitung einem wechselnden Datenaufkommen anpassen zu können.

Die Umstellung der Unternehmen von Analog-Modem-Übertragung auf ISDN im Bereich Datenkommunikation scheint demzufolge beschlossene Sache zu sein, wenn man der Telekom Glauben schenkt. Nicht so sicher ist man sich hingegen, was die Fax-Übertragung betrifft. Der erheblich höhere Preis von sechs- bis achttausend Mark der digitalen Gruppe-4-Geräte dürfte den Absatz solcher Produkte derzeit noch erheblich erschweren.

Im Faxbereich haben Modems die Nase vorn

Auch im Bereich der Gruppe-3-Faxe gelten schnelle Faxmodems noch als die beste Lösung. Laut Dataquest waren bereits 1994 immerhin 93 Prozent aller Modems mit Fax-Funktionalität ausgestattet, in den folgenden Jahren hat sich dieser Anteil erfahrungsgemäß sogar noch ein wenig erhöht.

Angesichts dramatisch gefallener Preise für Hochleistungsmodems sind die Übertragungskosten der entscheidende Faktor geworden. So geht Dataquest davon aus, daß die durchschnittlichen Verkaufspreise für V.34-Modems bis 1999 auf etwa ein fünftel des Wertes von 1994 fallen werden (von 790 auf 160 Mark). Noch ein Jahr zuvor, 1993, lag deren Durchschnittspreis bei 2.230 Mark.

Käufer von ISDN-Karten, die meinen, sich ein zusätzliches Modem sparen zu können, weil ISDN-Lösungen meist auch die Möglichkeit der Fax-Übertragung zu Gruppe-3-Faxen bieten, zahlen im Endeffekt sogar drauf, weil deren Geschwindigkeit auf 9.600 bps oder weniger begrenzt ist. Es ist nämlich keinesfalls so, daß das 64 Kbit pro Sekunde schnelle ISDN sein volles Geschwindigkeitspotential hierbei nutzen kann.

ISDN-Modems für beide Übertragungswelten

Eine ISDN-Karte mit integriertem Modem-Chip ist daher oftmals die eleganteste und letztlich auch kostengünstigste Lösung für alle, die weiterhin Kontakt zu beiden Welten brauchen, der analogen wie der digitalen, denn geringere Übertragungsgeschwindigkeit hat über die längeren Verbindungszeiten auch höhere Kosten zur Folge.

Hersteller wie beispielsweise Dr. Neuhaus, Elsa oder Microcom haben sich darauf eingestellt, und bieten Produkte an, die in der analogen wie auch in der digitalen Welt einsatzfähig sind und in der Regel mit der entsprechend optimierten Anwendungssoftware ausgestattet sind.

Das ist nicht selbstverständlich, denn da viele bedeutende Anbieter von Netz- oder Remote-Access-Software in den USA angesiedelt sind, ist ISDN bei weitem nicht immer so komfortabel in deren Produkte eingebunden, wie es nötig und möglich wäre. Immerhin haben etwa 3Com, Microcom, Shiva und Xylogics die Bedeutung des europäischen ISDN-Marktes erkannt und sich Know-how in Form europäischer ISDN-Firmen gekauft.

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