Ist Soft Selling heute noch zeitgemäß?

06.03.2003
In allen Businessbereichen geht es ums Verkaufen. Doch worauf kommt es heutzutage an im Verkauf? Martin Limbeck* verrät einige Regeln.

In der Karriere muss jeder sich und sein Können an den Mann bringen, im Business wird jeder darauf achten, sein Unternehmen passend zu platzieren, in Netzwerken wird immer öfter darauf geachtet: Wie stehe ich da? Und natürlich kommt es auch im Verkauf darauf an, Produkte und Dienstleistungen buchstäblich so zu verkaufen, dass der Kunde Kunde ist und damit zufriedener, mehr noch: begeisterter Fan des Verkäufers.

Gerade weil es letztlich immer auf eine Art Verkauf hinausläuft, müssen wir uns überlegen: Worauf kommt es heute an im Verkauf? Die Kinderschuhe des Verkaufs sahen so aus: Der "Verkäufer" ging zum Kunden, redete mit den geschicktesten Mitteln auf ihn ein und gab nicht eher nach, bis er "die Unterschrift" hatte. Natürlich blieb dabei oft der Kunde auf der Strecke, die Provision stand im Vordergrund. Begriffe wie Langzeitkunden, Kundenbetreuung, Fairness und Ethik wurden völlig ausgespart. Aus dieser Zeit stammt das heute leider immer noch weit verbreitete schlechte Image des "typischen Verkäufers", der den Kunden über den Tisch zieht, nur redet und nachdem er bekommen hat, was er wollte, nicht mehr gesehen wird. Schade um einen Beruf mit vielen Perspektiven in ebenso vielen Branchen!

Als sich der Markt insgesamt verbesserte, die Produkte vergleichbarer wurden, die Unternehmen bessere Konditionen bieten mussten und der Kunde auch jederzeit anderswo das Geschäft hätte abschließen können, wurde Soft Selling der Renner: Der "Verkäufer" wurde handzahmer, serviceorientierter und insgesamt kundenverbundener. Er war gezwungen, kooperationsfreudiger zu sein und nicht mehr in Abschlüssen, sondern in langfristigen Geschäftsfreundschaften und gemeinsamen Erfolgen zu denken.

Heute ist der Markt wieder härter. Zeit ist Geld, und Geld gibt es nicht viel. Also, was zählt heute wieder? Der Abschluss! Aber was hat sich geändert? Der Kunde! Er ist verwöhnt, und das ist gut so. Auf diese Art hat nur Qualität eine Chance. Der Kunde kennt Begriffe wie Kundennähe, Persönlichkeit, Praxisnähe, Greifbarkeit des Produktes, Nutzen und Kompetenz des Verkäufers. Was muss der Verkäufer im weiten und im eigentliche Sinne deshalb heute vereinbaren?

Der Verkäufer von heute muss klare Methoden kennen, um sich und sein Produkt zu präsentieren, zu platzieren und zu verkaufen. Es zählen Persönlichkeit und ein selbstbewusstes Auftreten. Dazu gehört beispielsweise auch das Wissen, dass ein Abschluss nicht um jeden Preis erreicht werden muss. Jeder muss seine Grenzen kennen - auch der Kunde!

Kunden leben heute in einer Erlebniswelt. Deswegen will jeder Kunde in jeder seiner Rollen eine Story. Harley Davidson ist nicht einfach ein Motorrad, sondern eine Lebensphilosophie. Einfach ein Motorrad würde niemand zu diesem Preis kaufen! McDonald's ist nicht nur ein Restaurant, es bietet beispielsweise "Reisen um die Welt" - auf kulinarische Art eben. Dass sich auf diesen Reisen über Geschmack streiten lässt, sei dahingestellt. Um sich dessen bewusst zu sein, ist es für einen Verkäufer immer wichtig, eine gute Ausbildung vorzuweisen. Oftmals ist das nur Imagesache, aber wir wissen ja, dass Verkaufen noch immer negativ behaftet ist. Ein guter Verkäufer muss sich heute bewusst sein, dass es ihn das Fünffache an Zeit und Geld kostet, einen neuen Kunden zu gewinnen als einen bestehenden Kunden zu halten. Das beste Beispiel bietet da der Job: Wird jemand vom alten Kunden "Chef" gekündigt, weil die Leistung einfach nicht gestimmt hat, kostet es viel Zeit, Mühe und Geld, bis ein neuer Kunde "Chef" gewonnen ist.

Es reicht nicht mehr aus zu warten, bis der Kunde kommt und sagt: "Ich hätte gern ...". Mit dem Kunden von heute muss man sich aktiv auseinander setzen. Regelmäßige Anrufe, die auch dazu dienen, die Zufriedenheit des Kunden in Erfahrung zu bringen, sind notwendige Anker im Kopf des Kunden. Der Verkäufer muss der Leuchtturm im Meer der Herausforderung jedes Kunden sein. Jeder Kunde will sich optimal versorgt und ernst genommen fühlen. Daher sind Verkäufer, die mit dem Trend der Zeit gehen, stets bemüht, sich um die Wünsche ihrer Kunden zu bemühen.

Finden Sie diese nicht im persönlichen Gespräch oder bei ihren Recherchen heraus, fragen sie den Kunden auch ganz direkt danach. Die persönliche Ebene will ebenso angesprochen sein wie die geschäftliche. Das Internet bietet da geniale Möglichkeiten. Der Unternehmensname, die Branche oder das Hobby des Gesprächspartners als Suchbegriff liefern tolle Informationen, die sich im Gespräch auf einfache Weise verbinden lassen.

Das World Wide Web liefert nicht nur Informationen über mögliche Kunden oder Kooperationspartner, sondern auch über mögliche Mitbewerber. Der Verkäufer hat den Markt stets im Auge, beobachtet, was angesagt und was gefragt ist. Um an der Spitze der Verkaufsliste zu stehen, weiß ein Verkäufer, was der Kunde will, ehe er das selbst weiß, und bietet ihm das, noch bevor er danach fragt, bereits zu Spitzenkonditionen an.

Ein schönes Beispiel für vo-rausschauendes Verkaufen lieferte hier die Deutsche Post: Viele Kunden hatten Schwierigkeiten, die Öffnungszeiten der Filialen wahrzunehmen, um sich Briefmarken oder Paket-Packages zu besorgen. Plötzlich bot die Post an, online zu bestellen und sich das alles kostenlos ins Haus liefern zu lassen. Hätte die Post das nötig? Bei der fehlenden Konkurrenz wohl kaum!

Anhauen, umhauen, abhauen: Dieses frühere Element aus der Hard-Selling-Kiste ist heute nicht mehr möglich. Das aktive Herantreten an den Kunden mit dem zielorientierten Abschlussdenken in Verbindung mit den positiven Verkäufereigenschaften des Beziehungsmanagements ist die Zukunft. Die Zeit, in der ein Architekt einfach ein Architekt war, ist vorbei. Künftig wird ein Architekt mit einem Versicherungsagenten, einem Innenarchitekten, einem Bauunternehmer und einem Landschaftsgärtner zusammenarbeiten und den Kunden vom ersten Planungsstrich bis zur mindestens dritten Komplettrenovierung betreuen.

Das muss der Architekt natürlich wollen. Es ist eine mentale Geschichte, sich selbst zu sagen: Ich bin Verkäufer, und ich will es auch sein. Nur so wird jeder der Verkäufer seines individuellen Produktes, und nur so wird jeder dort erfolgreich, wo er es möchte. Denn wir alle wissen: Nur was in uns selbst brennt, können wir auch in anderen entzünden!

www.ml-trainings.de.

Martin Limbeck ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Martin LimbeckTrainingsteam GmbH & Co. KG in Bad Homburg.

Siegerstrategien für Verkaufsprofis

Wer mehr über die Schlüsselelemente des Verkaufs erfahren möchte, kann dazu folgendes Buch von Martin Limbeck lesen:

Siegerstrategien für Verkaufsprofis

Signum-Verlag, Wien/München, Taschenbuch, 96 Seiten, 10,50 Euro.

ISBN 3-85436-327-3

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