IT-Consulting-Aktien dürfen ruhig ein bisschen teurer sein

07.06.2001
Dank der relativ hohen Wachstumsraten sind die Aktien der IT-Consultants teurer als zum Beispiel reine Hardwarepapiere. Demnächst will die Beratungsgruppe Accenture, vormals Andersen Consulting, an die Börse gehen. Die Platzierung dürfte ein Erfolg werden, vorausgesetzt das Börsenklima macht mit.

Klappern gehört zum Handwerk. Wer nicht öffentlich auftrumpft, wird heutzutage kaum mehr wahrgenommen. An diese Weisheit haben sich Consulting-Unternehmen immer gehalten, so auch in Form vieler schlauer Studien. In der Praxis möchte kaum ein Unternehmen auf externe Helfer verzichten, die Computer vernetzen, Programme umschreiben oder Internetstrategien entwickeln.

Das Ende des Consulting-Booms ist anscheinend noch lange nicht in Sicht, wie dies manche Fachleute voraussagten. Diese Prognose bezog sich eher auf die Umsatzfelder der 90er-Jahre. Das Geschäft mit dem guten Rat wächst um mehr als zehn Prozent im Jahr. Für jede Mark, die ein Unternehmen in den Kauf von Hard- und Software inves- tiert, fallen fünf bis zehn Mark anBeraterhonorar an, lautet eine gängige Faustformel. Den Großteil werden die Allrounder unter sich aufteilen. Andererseits haben die Consultants in Gestalt erfahrener interner IT-Fachleute maßgebende Konkurrenz. Zur Zeit läuft nicht alles nach Wunsch. Das schwierige Jahr 2000 hängt nach. Derzeit hofft die Branche auf mehr Tempo, was auch die Kurse beflügeln würde.

Weniger als angenommen verdiente Computer Sciences, was die Ak-tionärszunft als Entäuschung auffasste. So fiel die Notierung binnen Jahresfrist auf ein Drittel. An sich wird dem renommierten Unternehmen mit Outsourcing, Systemintegration, Management-Beratung bei mehr als sieben Milliarden Dollar Jahresumsatz eine überdurchschnittliche Entwicklung zugetraut. Der Zuwachs über die kommenden fünf Jahre soll jeweils zirka 10 bis 15 Prozent betragen, meint der US-Research-Dienst Standard & Poor’s. Die Aktie wird zur Zeit mit Halten eingestuft. Electronic Data Systems (EDS) erfüllte bislang meistens die Erwartungen. Entsprechend stabil verlief der Börsen- kurs. Für 2001 rechnen die Amerikaner mit rund zehn Prozent Umsatz- und Gewinnwachstum. Dazu dürfte die Operating Margin deutlich besser ausfallen.

In den europäischen Markt kommt Bewegung

Im europäischen Outsourcing-Markt kommt die französisch-britische Sema Group auf rund acht Prozent Anteil - hinter den Anführern EDS, IBM, CSC und Cap Gemini. Das Ergebnis kam voriges Jahr jedoch nicht an die Vorhersagen heran. Enttäuschend schnitt besonders der Neuerwerb LHS (Abrechnungs-Software/Telekommunikation) ab. So stürzte die Sema-Aktie steil ab. Inzwischen hat sie sich erholt und gilt wieder als spekulativer Kauf. Mit Schwerpunkt Europa geht auch die französische Atos in den Wettbewerb. Im Sektor Finanzen, Handel und Telekommunikation wurden bislang die größten Umsätze erzielt. Der Beraterverbund mit der in den gleichen Bereichen tätigen Origin, einem Ableger der holländischen Philips, schaffte zusätzliches Potenzial und war laut Analysten eine ideale Ergänzung. Das zu erwartende flotte Wachstum werde der Atos-Aktie neuen Auftrieb verleihen.

Der größte europäische IT-Dienstleister CGE&Y investierte seit Ende 2000 rund 32 Millionen Euro in eine Werbekampagne als "Mercedes unter den Alleskönnern". Management- und IT-Beratungsleis-tungen, Systemintegration, Tech- nologieentwicklung, Organisationsdesign und Outsourcing-Fähigkeiten brachten dem Konzern auf globaler Ebene in 36 Ländern mit 59.000 Mitarbeitern voriges Jahr einen Umsatz von 8,471 Milliarden Euro. Der Kurs hatte sich lan- ge Zeit recht gut gehalten, war dann im Zuge der Börsen-Baisse jedoch von 320 auf 120 Euro abgestürzt. Die Erholungschancen sind gut. Ernst & Young gaben ihre Consulting-Sparte im Mai 2000 an Cap Gemini ab. Zu erwarten sind weitere Übernahmen und viel versprechende Neuemissionen von IT-Beratern. Demnächst will Accenture, vormals Andersen Consulting, an die Börse gehen. Accenture dürfte eine interessante Aktienplatzierung werden.

Die KPMG-Consulting sank nach dem Going Public im schwachen Börsenmonat Februar von 26 auf 14 Dollar, hat sich inzwischen jedoch gefangen. Die Umsatz- und Gewinnprognosen für dieses und nächstes Jahr sind optimistisch - trotz der Vergleichszahlung von 100 Millionen Mark im Rahmen der Flowtex-Pleite. Das Unternehmen hat mehr als 2.500 Klienten - darunter zahlreiche erstklassige Adressen - und verfügt über einen hohen wiederkehrenden Umsatz. Als längerfristiges Kursziel werden 24 Dollar angegeben. Netzwerker Novell bietet nach dem Erwerb von Cambridge Technologies künftig eine breite Palette von Consulting-Dienstleistungen für das E-Business an. Dazu gehören Lösungen für vertikale Märkte und breit gefächerte Angebote zur Integration unterschiedlicher Systeme. "Dieser Schritt ist genau der richtige", erklärte Chairman Eric Schmidt. Nach Abschluss der Akquisition soll der Bereich Consulting mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes ausmachen. Novell notiert derzeit um die fünf Dollar und gilt als inte-ressanter Turnaround-Kandidat für spekulative Anleger.

PC-Hersteller engagieren sich im Beratungsgeschäft

Die Gartner Group erzielt mit zahlreichen IT-Research-, Info-Diens-ten- und Auftragsanalysen rund eine Milliarde Dollar Umsatz. Unter anderem gehört Dataquest zu der Gruppe. Die Ertragslage könnte indessen besser sein. Der Höchstkurs von 43 Dollar datiert aus dem Jahr 1996. Derzeit notiert das Papier bei sechs Dollar. Die Aktie hat Erholungspotenzial. Von 30 auf 1,5 Dollar gefallen ist der Börsenkurs der in ähnlichen Bereichen tätigen Meta Group. Das Papier gilt derzeit als hochspekulativ.

Neben den Consulting-Größen greifen Computerhersteller wie IBM und Hewlett-Packard (HP) zunehmend nach Anteilen in dem lukrativen Geschäft. Die komplette Übernahme von Price Waterhouse, die HP sechs Milliarden Dollar an Geschäft zusätzlich bringen sollte, wurde indessen mehrmals verschoben. IBM erwirtschaftet mit der Sparte Global Services rund ein Drittel des Konzernumsatzes. Hardwareproduzenten wie Compaq setzen auf nationaler und internationaler Ebene verstärkt auf strategische Beratung. Jedoch wurde die Übernahme der Beratungsfirma Proxicom kürzlich abgesagt: "Zu teuer", entschied der Vorstand. Softwerker Oracle möchte bald so gut sein, dass kein extra Berater konsultiert werden muss. Zahlreiche mehr regional tätige Firmen bieten als Einzelberater ihre Dienste an. SAP SI und Novasoft, im Umfeld des bei betriebsinterner Software führenden SAP-Konzerns tätig, präsentierten teils überraschend gute Quartalszahlen, die Kurse steigen. (kk)

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