IT-Fusionen vernichten Kapital in Rekordhöhe

16.01.2003
Auch wenn die Merger & Akquisitionsgeschäfte im Jahr 2002 zum zweiten Mal in Folge rückläufig sind, wird die Post-Merger-Integration das Schwerpunktthema in 2003 sein. Jetzt zeigen sich auch erst die wahren Kosten der Fusionen. Laut Metagroup gehen sie als Rekordkapitalvernichtung in die Wirtschaftsgeschichte ein.

Betrachtet man die Bilanzen der Jahre 2001 und 2002, fallen vor allem die Konsequenzen des Merger-Booms der Jahre 1998 bis 2000 ins Auge. Rund vier Billionen Dollar wurden weltweit in Firmenübernahmen und Beteiligungen investiert. Das ist laut Marktforscher Mergerstat mehr, als alle Transaktionen der vorherigen 30 Jahre zusammen gekostet haben.

Besonders die IT-Megafusionen wie Vodafone/Mannesmann, AOL/Time Warner oder Compaq/Digital gehen nach Ansicht der Analysten als Rekordkapitalvernichtung in die Wirtschaftsgeschichte ein. Und der Trend geht weiter, wie die Beispiele HP/Compaq und IBM/Pricewaterhouse Coopers zeigen.

Laut einer aktuellen Metagroup-Studie haben 61 Prozent der Firmenkäufer mehr als 25 Prozentan Unternehmenswert vernichtet. Insbesondere Share Deals (Aktientausch) weisen eine Misserfolgsquote von 65 Prozent auf. Hier liegt nach Ansicht der Analysten der Grund vor allem in den astronomisch hohen Kaufpreisen. Selbst zwei Jahre nach der Fusion schreiben 80 Prozent der Käufer negative Ergebnisse. Deshalb haben viele Unternehmen im vergangenen Jahr ihren bilanzierten Goodwill komplett abgeschrieben. So können sie belastungsfrei für die Zukunft planen.

Im Gegensatz zu Share Deals schlossen so genannte Cash Deals in der Steigerung des Unternehmenswertes erfolgreicher ab. Sie liegen aber im Vergleich zum Standard & Poors-Index (ermittelt die Fortune-500-Unternehmen) noch immer zehn Prozent unter dem Branchendurchschnitt.

Als zentrale Gründe für diesen Scherbenhaufen hat die Metagroup folgende Fehler aufgedeckt:

- überhöhte Kaufpreise,

- hohe Erwartungen an die Kosteneinsparungseffekte,

- geringe Akzeptanz bei Mitarbeitern und Kunden sowie

- hohe Integrationskosten, da die Post-Merger-Integration nicht systematisch umgesetzt wird.

Natürlich gibt es Kontrollinstrumente, die den künftigen Schaden durch Fehlentscheidungen beim Firmenkauf begrenzen sollen. In den USA etwa zwingen die verschärften Regeln des FASB (Financial Accounting Standards Board) das Topmanagement, fundierte Erklärungen bei der Bewertung ihrer Akquisitionen abzugeben. In Europa gibt es kartellrechtliche Hürden bei Fusionen.

Die schlechten Erfahrungen aus der ersten Fusionswelle wirken sich aktuell eher negativ auf das Investitionsverhalten deutscher Firmen aus. Obwohl einige Firmen unter Buchwert an der Börse bewertet sind, wird nach Ansicht der Analysten die Chance zum preisgünstigen Einstieg bei Wettbewerbern nicht genutzt. Gleiches gilt demnach auch für vorhandenes Kapital, das für den Geschäftsausbau verwendet werden könnte. Selbst Unternehmen mit "interessantem Potenzial" erhalten keine dringend notwendigen Finanzspritzen und werden in die Insolvenz getrieben und vorhandene Assets (Anlagegüter) somit vernichtet.

Diese Regeln gelten selbstver-ständlich nicht nur für Megafusionen, die Fehler zeigen auch bei kleineren Mergern ihre fatale Wirkung. Sybille Ehlers, ehemaligeInteract-Geschäftsführerin, zeigt in ihrem Gastkommentar auf, welche Stolpersteine bei einer Fusion auftreten können und welche Aspekte man bei einem Zusammenschluss oder Kauf unbedingt beachten sollte. (go)

www.metagroup.de

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