Gefahren bei vernetzten Systemen

IT-Risiko-Management ist eine juristische Pflicht

Dr. Kevin Max von Holleben ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht bei Lexton Rechtsanwälte in Berlin.
Das Eigeninteresse des Unternehmens ist die eine Sache. Aber es gibt noch andere Gründe, die für ein ordentliches IT-Risiko-Management sprechen – beispielsweise juristische.
Durch ein effizientes IT-Risiko-Management lassen sich die IT-Risiken naturgemäß nicht vollständig ausschließen, aber zumindest eindämmen.
Durch ein effizientes IT-Risiko-Management lassen sich die IT-Risiken naturgemäß nicht vollständig ausschließen, aber zumindest eindämmen.
Foto: Wilm Ihlenfeld - Fotolia.com

Neben den vielen Vorteilen, die vernetzte IT-Systeme mit sich bringen, bergen sie auch erhebliche Gefahren. Existenzbedrohende Schäden entstehen insbesondere durch den Verlust von relevanten Daten oder durch betriebsbe- oder verhindernde Störungen der IT. Unternehmen haben deshalb ein großes Eigeninteresse an einer sicheren IT.

Darüber hinaus sind die Betriebe aber auch gesetzlich verpflichtet, IT-Risiko-Management zu betreiben. Bei Verstößen drohen empfindliche Geldbußen und Schadensersatzforderungen sowie eine persönliche Haftung des Managements. Was ist zu tun und was können Berater und Dienstleister ihren Kunden in diesem Fall empfehlen?

Spektakuläre Pleiten

Schlechtes oder fehlendes Risiko-Management wird vor allem im Zusammenhang mit spektakulären Bankenpleiten oder gar drohenden Staatsinsolvenzen genannt. In der Wirtschaft wächst die Erkenntnis, dass ein effizientes und unternehmensbezogenes Risiko-Management unverzichtbar ist.

Wo sind die Risiken in der IT? Konkret droht den Unternehmen die Veränderung beziehungsweise der Verlust von Daten. Das geschieht beispielsweise durch technische Defizite, menschliches Fehlverhalten, interne Sabotage, Whistleblowing, Datenklau oder externe Angriffe (zum Beispiel Viren und Trojaner). Der Einsatz von Cloud-Computing-Lösungen, mobilen Endgeräten sowie drahtlosen Übertragungstechniken wie W-LAN, LTE, HSDPA und UMTS erhöhen die Gefahr.

Immer wieder gelangen Fälle an die Öffentlichkeit, in denen Unternehmen der mangelhafte IT-Schutz zum Verhängnis wurde. Beispielsweise gelang es Hackern jüngst, mittels Angriffen auf einen Kreditkarten-Dienstleister, die Kartennummern samt PIN-Codes von Kunden zweier Banken auszulesen und deren Limits für Bargeldabhebungen anzuheben. Anschließend wurden diese Daten in mehr als 20 Staaten für weltweite Abhebungen mit gefälschten Kreditkarten-Kopien verwendet.

Was ist gefordert?

Durch ein effizientes IT-Risiko-Management lassen sich die IT-Risiken naturgemäß nicht vollständig ausschließen, aber zumindest eindämmen. Das unterstreicht einmal mehr, warum Unternehmen ein eigenes Interesse am IT-Risiko-Management haben. Aber sie sind auch gesetzlich dazu verpflichtet.

Der Gesetzgeber definiert IT-Sicherheit als die Einhaltung bestimmter Sicherheitsstandards, welche die Schutzgüter Verfügbarkeit, Unversehrtheit beziehungsweise Vertraulichkeit von Informationen durch Sicherheitsvorkehrungen in oder bei der Anwendung von informationstechnischen Systemen, Komponenten oder Prozessen betreffen. So nachzulesen in Paragraf 2 Absatz 2 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG).

Darüber hinaus schreibt der Gesetzgeber den Unternehmen vor, technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten zu treffen. Vergleiche Paragraf 9 des Bundesdatenschutzgesetzes (BGSG). Die Schutzmaßnahmen müssen nach Vorgabe des Gesetzgebers "erforderlich" sein. Das sind solche Maßnahmen nur dann, wenn der damit verbundene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Schutzzweck steht. Ob das so ist, muss im Einzelfall bestimmt werden.

Risiko für den Vorstand

Durch die Einführung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) wurden unter anderem die Anforderungen an das Risiko-Management für Kapitalgesellschaften verschärft. So hat der Vorstand einer Aktiengesellschaft "geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden", so Paragraf 91 Absatz 2 Aktiengesetz (AktG).

Der Vorstand muss also für ein umfassendes und wirksames Risiko-Management sorgen. Eine Verletzung dieser Pflicht kann die Mitglieder teuer zu stehen kommen. Sie sind der Gesellschaft nach Paragraf 93 Absatz 2 AktG persönlich zum Schadensersatz verpflichtet. Für andere Kapitalgesellschaften (zum Beispiel die GmbH) gelten ähnliche Regelungen (Paragraf 43 Absatz 1,2 GmbH-Gesetz). Die Verletzung der Pflicht zum Risiko-Management kann einem Urteil des Landgerichts Berlin zufolge ein Grund zur fristlosen außerordentlichen Kündigung eines Vorstandsmitgliedes sein.

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