IT-Security in aller Munde, doch wo bleiben die Umsätze?

15.11.2001
Die drohende Insolvenz des IT-Security-Experten Biodata ist symptomatisch für die Branche. Die Aktien zogen nach den US-Terroranschlägen mächtig an, doch der erwartete Umsatzschub blieb aus.

Angesichts des Schocks über die Terroranschläge auf die Twin Towers in New York und das Pentagon in Washington wussten die Spekulanten gleich, auf welches Pferd sie setzen sollten: IT-Security. Und tatsächlich zogen die Aktien der Branche stark an. Das Papier des deutschen Anbieters Biodata legte zeitweise sogar um 51 Prozent zu. Knapp zwei Monate später musste Biodata mitteilen, dass ihm die Insolvenz drohe. Investor-Relations-Manager Jörg Kleine zufolge habe sich die Situation seit dem 11. September eher verschlechtert: "Der Markt ist wie paralysiert, es gibt Kriegsangst und Massenentlassungen."

Auch bei Mitbewerbern wie der finnischen Firma F-Secure und SSH Communications ist einem Artikel in der "Financial Times Deutschland" (FTD) zufolge nicht alles Gold, was glänzt oder, besser gesagt, nach den Anschlägen glänzen könnte. Heißt das, dass die Anleger und Analysten völlig enttäuscht wurden? Keineswegs.

Auf Wachstum folgt nicht gleich Niedergang

Marketingmitarbeiter Peter Knopp von dem Münchener Spezialdistributor Allasso spricht zwar von einer "verhaltenen Nachfrage", Grund zur Besorgnis gebe es aber nicht. "Früher hatten wir es mit Wachstumsraten von mehr als 100 Prozent zu tun. Wenn die jetzt darunter liegen, dann ist das noch lange keine Tragödie." Biodatas schwierige Situation sei unter anderem auch auf die Produkte zurückzuführen. Marktführer Checkpoint hingegen habe im Fahr- wasser der allgemeinen Unsicherheit sogar noch zugelegt. Was seit dem 11. September angezogen ist, sei Intrusion Detection (digitale Türsteher zur Erkennung von Einbruchsversuchen), ein Thema, mit dem sich jetzt auch immer mehr mittelständische und kleinere Firmen beschäftigten.

"Mehr und mehr mittelständische Unternehmen kaufen sich eine gewisse Grundversorgung ein", stellt Knopp fest. "Wir dürfen für nächstes Jahr mit einem deutlichen Anziehen der Nachfrage rechnen, in der Distribution dauert es aber immer etwas länger, bis sich das in konkreten Zahlen niederschlägt."

"Der Terroranschlag hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf unser Geschäft. Welche schließlich überwiegen werden, kann man noch nicht wissen", wurde F-Secure-Chef Risto Siilasmaa in der FTD zitiert. Tatsächlich sehen sich gerade die kleineren Anbieter in der Falle, dass die Unternehmen zwar erhöhten Sicherheitsbedarf anmelden, wegen der allgemein schwierigen Weltwirtschaftslage aber notwendige Investitionen zurückfahren beziehungsweise auf die lange Bank schieben.

Erhöhten Sicherheitsbedarf gibt es nicht erst seit den Terroranschlägen, vielmehr reihen diese sich in eine Kette von Ereignissen wie Hacker- und Virenattacken. Marktforscher Datamonitor geht deshalb davon aus, dass die Umsätze für E-Security-Produkte zwischen 2000 und 2005 um jährlich 30 Prozent von 5,8 auf 21,1 Milliarden Dollar wachsen werden. Die Segmente mit dem stärksten Wachstum sind Antivirenschutzprogramme, Firewall-Lösungen und IT-Security-Management. Künftig sollen aber auch der Schutz der per Mobilfunk zugänglichen Firmennetze (Virtual Private Networks, VPN) und Verschlüsselungstechnologien wie Public Key Infrastructure (PKI) zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Datamonitor rechnet für VPNs mit einem jährlichen Wachstum von 59 Prozent, während PKI-Lösungen um 46 Prozent per annum zulegen sollen. Knopp zufolge ist ein wachsender Bedarf an PKI noch nicht spürbar. Allerdings werden diese Lösungen meist an der Distribution vorbei direkt im Business-to-Business vertrieben, wobei die Hauptklientel aus Großunternehmen besteht.

Derweil zeichnet sich bereits eine Konsolidierungswelle ab, die laut Biodata-Mitarbeiter Kleine nur zehn bis 20 oder etwa ein Zehntel der heutigen Anbieter überleben werden. Hinzu kommt, dass auch Branchenriesen wie Cisco und Nokia zunehmend in dem Markt mitmischen. Beide Unternehmen positionieren sich laut Knopp ganz anders und erwachsen den kleineren Anbietern nicht wirklich zur Konkurrenz. "Cisco bietet Basissicherheit, während sich Nokia neben Sun Solaris vor allem im Markt für Highend-Firewalls profiliert."

www.allasso.de

www.ftd.de

www.f-secure.com

www.ssh.com

www.checkpoint.de

www.datamonitor.com

ComputerPartner-Meinung:

IT-Sicherheit ist ein Thema, dem vor dem Hintergrund verschärfter Viren- und Hackerattacken sowie der Terroranschläge in den USA immer mehr Beachtung geschenkt wird. Da diesbezügliche Investitionen aber nicht direkt zum Geschäftsergebnis beitragen, werden sie gerade in einer Zeit der allgemeinen Verunsicherung gerne hintangestellt. Die Anleger, die nur das schnelle Geld sehen wollen, vielleicht sogar dieselben, die spekulativ auf IT-Sicherheit setzten, werden es danken. Wie groß wird dann aber das Geschrei sein, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist ... (kh)

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