IT-Sicherheitsaktien in Deutschland

17.08.2000
Der Neue Markt bietet eine Reihe hochkarätiger IT-Sicherheitsfirmen mit guten Kurschancen, für die ab 2001 auch steile Ertragskurven erwartet werden.

Das Bedürfnis nach Datenschutz ist allgegenwärtig und das Interesse daran groß. Am Neuen Markt gehören die Sicherheitsaktien deshalb zu den Lieblingen der Anleger und Spekulanten. Der Kurs der im Februar frisch an die Börse gegangenen Firma Biodata schoss am ersten Handelstag von 45 auf 245 Euro, wenig später sogar bis auf 398 Euro. Die Norcom- und Secunet-Aktionäre kamen ebenfalls auf dreistellige prozentuale Gewinne.

Der Wind steht günstig

Infolge der Baisse bei Technologiepapieren seit April dieses Jahres notieren die Papiere nun deutlich niedriger. Das macht sie umso interessanter, denn der Hintergrund der Branche ist günstig. Laut Datamonitor wächst der erst ansatzweise erschlossene Markt bis 2005 weltweit jährlich um 28, in Europa um 47 Prozent. Die Bedeutung im Hinblick auf Internet, E-Business und E-Commerce wird sogar unterschätzt, erklären die Wertpapieranalysten. Schließlich sei die IT-Sicherheit in letzter Instanz der entscheidende Antriebsmotor, der den elektronischen Geschäften zum großen Durchbruch verhelfe.

Die deutschen Anbieter melden durch die Bank Rekordzahlen. Die Biodata AG erzielte mit Netzsicherheits- und Verschlüsselungslösungen zuletzt eine Umsatzsteigerung von 93 Prozent und möchte in den nächsten drei Jahren um mindes-tens 100 Prozent jährlich wachsen und auch die Zahl der Mitarbeiter von 70 auf 230 erhöhen. Die Firma Secunet, an der die Deutsche Telecom beteiligt ist, will die Nummer eins in Europa werden. Mit ihrem "ganzheitlichen Konzept" deckt sie, wie die Konkurrenz auch, die gesamte Wertschöpfungskette der IT-Security ab, von der Sicherheitsanalyse und der Beratung über die Implementierung bis zur Wartung und Schulung. Die Zahl der Mitarbeiter steigt um 70 Prozent, der Kundenzuwachs beträgt 180 Prozent.

Die Norcom AG kalkuliert mit ähnlich großen Fortschritten. Utimaco präsentierte Mitte Juli das beste Quartal der Firmengeschichte. Für den sicheren elektronischen Zahlungsverkehr (E-Payment-Lösungen, Home/Online-Banking, Netzwerksicherheit) sind Articon Integralis, Brokat, Data Design und Trintech zuständig. Articon steigerte im ersten Quartal die Produkterlöse um 152 und die Serviceerlöse um 102 Prozent.

Ehrgeiz allenthalben

Dass die Kurse in Anbetracht der ganzen Superlative nicht ohne Unterlass steigen, liegt an branchenspezifischen Eigenheiten. Für die frühe Phase einer Entwicklung wie beim Sicherheitsmarkt sind diese allerdings typisch. Die Unternehmen haben ehrgeizige Ziele, alle wollen auch extern über Akquisitionen wachsen, um sich international durchzusetzen. Der Ausbau von Vertrieb und Distribution und öfter mal auch außerplanmäßige Aufwendungen für entsprechende Infrastrukturen sowie Marketing- und Imagekampagnen können das Ergebnis und die ohnehin strapazierte Organisationsstruktur junger Companys belasten und wichtige Management-Kapazitäten binden.

Zudem müssen mit den durch den Börsengang eingenommenen Mitteln die Produkte weiterentwickelt und der Auftritt am Markt verbreitert werden. Das alles kostet viel Geld, so dass es zwangsläufig zu Anlaufverlusten kommt. Daneben wirft der Mangel an Fachkräften die Wachstumsprognosen häufig um oder treibt die Personalkosten unerwartet in die Höhe. Der Erfolg hängt stark von der Behauptung technologischer Spitzenpositionen ab. Verschiebungen von Aufträgen können zu großen Umsatz- und Ergebnisschwankungen führen.

Rote Zahlen weit verbreitet

So präsentierte beispielsweise Utimaco entgegen günstiger Prognosen mehrmals steigende Verluste und vergraulte damit die Anleger. Der Kurs befindet sich seit über einem Jahr auf Talfahrt, dürfte beim jetzigen Stand um die 20 Euro aber Boden gefunden haben. Auch Articon, Brokat und Data Design hatten solche Probleme. Der Ertrag bleibt also zunächst hinter den Umsatzzunahmen zurück. Dieses Jahr schreiben fast alle Gesellschaften rote Zahlen. Für 2001 ist jedoch die Gewinnschwelle in Sicht, und längerfristig sollen die Erträge "steil ansteigen", versichern die Analysten.

Deshalb auch die Vorschusslorbeeren für die Aktien. Mit Sicherheit wird es in der jungen Branche zu Übernahmen und Fusionen kommen, was die Notierungen per Saldo weiter beflügeln dürfte. Die deutschen Firmen treffen auf Konkurrenten mit hoher Finanzkraft. Man betrachte zum Beispiel den Börsenwert von Check Point Software, dem an der Nasdaq notierten israelischen Weltmarktführer bei Firewalls: Er beläuft sich auf 9,3 Milliarden Dollar. Network Associates kommt auf knapp vier Milliarden und Cisco Systems auf über 300 Milliarden, wobei fünf Prozent vom Umsatz IT-Sicherheistsprodukte ausmachen. (kk)

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