iTunes für ERP-Anwendungen

23.10.2006
Vergangenes Jahr in Wien, dieses Mal in Amsterdam: SAPs Entwicklerkonferenz Tech Ed tourt durch Europa. In den Niederlanden standen Partner im Fokus des Softwareherstellers, Neuigkeiten gab es vor allem für die ISVs.

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Etwa 400 Vertreter von SAP-Partnern kamen am Vortag der diesjährigen Tech Ed zum EMEA Enterprise Services Partner Summit nach Amsterdam. In seiner Ansprache an die unabhängigen Softwarehäuser (Independent Software Vendors, ISVs) und Systemintegratoren (SI) hob SAPs Technik- und Produktentwicklungs-Chef Shai Agassi die Bedeutung der SAP-eigenen Geschäftsprozess-Plattform "Netweaver" hervor.

Seinen Solution-Partnern empfahl Agassi, die Daten ihrer Kunden auf jeden Fall in einem einzigen Repository abzuspeichern; das Stichwort lautete hier "Master Data Management". Alle Unternehmensapplikationen sollten nur noch auf diese einzige Datenbank zugreifen.

Alle fünf Jahre ein neues Release

Außerdem stellte das SAP-Vorstandsmitglied in Amsterdam die Produkt-Roadmap der Walldorfer vor. Demnach wird es das nächste Release der SAP-Kernlösung "MySAP ERP 2005" erst wieder 2010 geben. Bis dahin wird der Softwarekonzern selbstredend sogenannte "Enhancement Packages" seinen Kunden anbieten, die Kernanwendung soll aber davon unangetastet bleiben. Außerdem gab Agassi bekannt, die aktuelle ERP-Suite mindestens bis ins Jahr 2012 unterstützen zu wollen.

Bei der Erweiterung der SAP-Kernanwendung spielen Partner, sogenannte Software Solution Provider, nach wie vor eine wichtige Rolle. Diese Softwarehäuser liefern die xApps genannten Extensions zu der Netweaver-fähigen MySAP-ERP-2005-Suite. Diese xApps stehen dann Kunden im sogenannten xApp-Hub zur Verfügung. "Das ist wie bei iTunes", verkündete Agassi. Kunden können sich dort also Informationen über diese Erweiterungen holen und sie auch eventuell käuflich erwerben, sofern sie ohnehin nicht frei sind. Anschließend können diese xApps in einer gesicherten Umgebung - einer "Sandbox" - ohne Gefahr für das Unternehmensnetzwerk im abgesicherten Modus getestet werden.

Immer wichtiger für SAP werden die Communitys. Die im SDN versammelte Entwicklergemeinde zählt laut SAP bereits 600.000 Mitglieder, die erst kürzlich ins Leben gerufene Community der Geschäfts-Prozess-Experten BPX kann bereits auf die Unterstützung von 50.000 SAP-Fachleuten zählen, die meisten davon sind keine SAP-Mitarbeiter, sondern Vertreter von Kunden und Partnern. In der SDN-Community ist auch das Wiki-1.0-Projekt gestartet worden. Hier wird eine Enzyklopädie von SAP-relevanten Begriffen entstehen.

An Bedeutung zugenommen hat für SAP auch das sogenannte Ökosystem zwischen dem Hersteller selbst und seinen Partnern. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen VARs, Systemintegratoren, ISVs, Technologie- und Vertriebspartnern zunehmend. Deswegen werden sie alle künftig unter dem Dach eines gemeinsamen Partnerprogramms von SAP zusammengefasst, dem Partner Edge.

Während der Tech Ed hat SAP auch sein Partnerprogramm "Partner Edge" erweitert. Bisher war die 2005 gestartete Channel-Initiative nur für Vertriebspartner von All-in-One- und Business-One-Lösungen vorgesehen. Seit der vergangenen Woche nimmt Partner Edge auch unabhängige Softwarehäuser sowie Systemintegratoren auf, die die "großen" SAP-Lösungen verfeinern. Im Laufe der kommenden 18 Monate sollen alle großen ISVs und Systemintegratoren unter das Partner-Edge-Dach kommen.

Derzeit nutzen über 2.000 SAP-Partner webbasierte Schulungen innerhalb von Partner Edge - und das gleich in neun Sprachen. In dem sogenannten Online-Collaboration-Network arbeiten etwa 3.000 Experten mit und bieten dort 300 Partnerlösungen an. Und mit Beginn des nächsten Jahres soll Partner Edge auch in Nord- und Südamerika gestartet werden.

Gleichzeitig hat SAP definiert, welche Hürden Softwarehäuser überwinden müssen, wenn sie ihre Lösungen an die Netweaver-Plattform ankoppeln wollen. Bei einer "Certified for Netweaver"-Software müssen die Schnittstellen angepasst sein. Anwendungen mit dem Prädikat "Powered by Netweaver" müssen schon über aktive Elemente aus der SAP-Entwicklungsumgebung verfügen. Derartige Partner stellen bereits die vorher erwähnten xApps her.

Einen tieferen Integrationsgrad ins Netweaver erreichen sogenannte "Endorsed Business Solutions". Diese Lösungen schaut sich SAP genauer an, etwa inwieweit sie mit dem Kernprodukt MySAP ERP 2005 zusammenarbeiten. Derartige Pakete können auch die sogenannten "White Spaces" füllen, das sind die von SAPs Software nicht abgedeckten funktionalen oder branchenspezifischen Bereiche. Wie der Name "Endorsed" bereits andeutet, werden diese Geschäftslösungen von SAP ihren Kunden empfohlen, aber nicht verkauft. Dies besorgen die ISVs noch selbst.

Es gibt aber auch xApps, die auf der SAP-Preisliste auftauchen, dann agieren die Walldorfer als Reseller dieser Software. Besteht zwischen dem ISV und SAP gar ein OEM-Abkommen, wird die Speziallösung integraler Bestandteil von MySAP ERP 2005 und taucht dort gar nicht mehr unter ihrer ursprünglichen Bezeichnung auf. Eine noch tiefere Integration ist nach dem Kauf des ISVs durch SAP denkbar, so geschehen etwa bei Top Tier, der Firma von Shai Agassi. Daraus ging bekanntlich SAPs Produkt für den unteren Mittelstand hervor - Business One.

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