Jagdverbot für Headhunter: Bechtle schießt zurück

12.07.2000
Der Fachkräftemangel bescherte den Headhuntern Hochkonjunktur. Wenn es nach der Bechtle AG geht, ist diese Phase jetzt zu Ende: Vor Gericht erstritt das Unternehmen ein Abwerbeverbot am Arbeitsplatz.

Abwerbung am Arbeitsplatz ist in Zukunft nicht mehr erlaubt. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart dürfen die sogenannten "Headhunter" potenzielle Kandidaten nicht mehr telefonisch an ihrem Arbeitsplatz kontaktieren, um ihnen einen neuen Job anzubieten. Das Urteil ist bundesweit rechtskräftig, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) eine Beschwerde gegen die Entscheidung "mangels Erfolgsaussicht" nicht zur Revision annahm.

Unternehmer, die weiterhin per Headhunter Personal von der Konkurrenz abwerben lassen, riskieren nun eine Abmahnung und machen sich außerdem schadenersatzpflichtig. Wie erwartet stößt die Entscheidung nicht überall auf große Begeisterung: Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU), Jochen Kienbaum, nannte das BGH-Urteil einen "Schlag ins Kontor".

Massive Versuche seit Jahren bekämpft

Geklagt hatte das schwäbische IT-Systemhaus Bechtle AG, das sich in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolgreich gegen die Methoden der Headhunter zur Wehr gesetzt hat. Für Vorstandsmitglied Ralf Klenk ist das Urteil eine überfällige Entscheidung.

Sie haben erfolgreich gegen Abwerbeversuche von Headhuntern am Arbeitsplatz geklagt. Mussten Sie gleich zu so drastischen Maßnahmen greifen?

Klenk: Wissen Sie, ich glaube in jeder Branche sind gute Leute gefragt. In der IT-Branche natürlich besonders, das ist ja kein Geheimnis. Und was uns immer unheimlich gestört hat, war einfach, dass die Headhunter keine Ruhe gelassen haben.

Dass sie immer dreister geworden sind, und praktisch während der Arbeitszeit die Leute am Arbeitsplatz angerufen haben. Dabei verwenden sie schlussendlich auch unser Geld. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Einmal bezahlen wir die Mitarbeiter in der Arbeitszeit, und zum Zweiten benutzen die auch unsere technischen Anlagen für die Abwerbung und das ist nicht rechtens. Es kann auch nicht in unserem Sinne und nicht unser Wille sein, dass unsere Leute abgeworben werden. Deshalb haben wir keine Ruhe gelassen und auf dieses Urteil hingearbeitet.

Wie haben Sie denn gemerkt, dass die Abwerbeversuche in ihrem Unternehmen so massiv sind? Es ist doch wohl nicht üblich, dass sich ein Arbeitnehmer bei seinem Chef beschwert, weil ihm ein Anderer ein gutes Angebot macht.

Klenk: In guten Firmen ist das überhaupt nichts Ungewöhnliches, denke ich. Wir haben bei Bechtle eine sehr gute Unternehmenskultur und auch ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Mitarbeitern. Sicherlich haben wir nicht alle Fälle mitbekommen, aber das, was wir mitbekommen haben, war schon mehr als genug. Die Mitarbeiter sind selbstverständlich zu ihrem jeweiligen Vorgesetzten gekommen - oder zu dem jeweiligen Geschäftsführer - und haben gesagt: Mensch, ich bin angerufen worden von dem und dem, der versucht mich abzuwerben. Die Leute wollen ja nicht von Bechtle weg. Die sind loyal, sonst hätten wir das natürlich gar nicht erfahren und auch nicht die Häufigkeit. Fühlen Sie sich denn wohl bei ComputerPartner?

Ja sicher.

Klenk: Wenn Sie von einem Headhunter angesprochen werden würden, würden sie es Ihrem Chef sagen?

Denke schon.

Klenk: Sehen sie. Und genauso gut wie ComputerPartner sind wir auch.

Glauben Sie, dass dieses Urteil auch in der Praxis etwas bewirken kann, oder kämpfen Sie hier nicht vielmehr gegen Windmühlen an?

Klenk: Ja, aber selbstverständlich wird es etwas bewirken. Das ist ein Grundsatzurteil. Dieses macht es wesentlich einfacher, Recht zu bekommen, wenn man zukünftig eine Klage anstrebt. Es wird künftig in ähnlichen Fällen herangezogen - bisher muss-ten sie halt jeden Fall einzeln erkämpfen - was wir aber auch getan haben.

Wie viele Fälle haben Sie denn mit Bechtle vor Gericht gebracht?

Klenk: Ich denke, wir haben da etwa mit Sicherheit eine deutlich zweistellige Ziffer von gewonnenen Prozessen - und keinen einzigen verloren. Diese Methoden lassen wir uns schon seit Jahren nicht bieten und gehen diesen Fällen nach - jetzt haben wir endlich auch ein Grundsatzurteil erwirkt.

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