Jahreshauptversammlung der Comteam: "Die wahren Egoisten leben in der Kooperation"

10.04.1996
BERLIN: Der IT-Fachhandel droht zwischen den Machtblöcken von Herstellern, Distributoren, Großflächenvermarktern und Versandhäusern zerrieben zu werden. Fachhandelskooperationen wie die Comteam wollen dieser Entwicklung Einhalt gebieten. Doch derzeit ist der Händlerverbund noch zu stark mit sich selbst beschäftigt, als daß eine geschlossene Mitgliederfront den marktpolitischen Kräften Paroli bieten könnte.Mehr als zufrieden gab sich Karl Ulrich Schönemeyer, Geschäftsführer der Lilienthaler Comteam, während der Jahreshauptversammlung, die vom 19. bis 22. September 1996 in Berlin stattfand. "Wir haben die für 1995 gesteckten Ziele deutlich übertroffen. Sowohl der zentralregulierte Umsatz von 123 Millionen Mark als auch der Außenumsatz der Mitgliedsbetriebe von 780 Millionen Mark lagen deutlich über den Planzahlen. Für 1996 rechne ich in diesen beiden Bereichen mit 180 und mehr als 900 Millionen Mark", freut sich der Händler-Verbund-Chef, der bis zum Jahr 2000 die 1-Milliarde-Grenze überschreiten will. Auch in puncto Dienstleistungs- und Schulungsangebot, Marketing und Mitgliederbetreuung habe sich zwischen den beiden Jahreshauptversammlungen einiges getan, berichtet er weiter. So verfüge die Zentrale zwischenzeitlich über einen Notes-Server - der rege Informationsabruf und -austausch seitens der Mitglieder würde allerdings noch auf sich warten lassen. Eine eigene Comteam-Zeitschrift wurde ebenfalls aus der Taufe gehoben. Stolz ist Schönemeyer zudem auf die Entwicklung der Mitgliederzahl. Sie stieg im Zeitraum 1994/95 von 135 auf 234 an, gut über 320 sind es derzeit (davon sind 132 Vollmitglied und 72 zugleich Kommanditist).

BERLIN: Der IT-Fachhandel droht zwischen den Machtblöcken von Herstellern, Distributoren, Großflächenvermarktern und Versandhäusern zerrieben zu werden. Fachhandelskooperationen wie die Comteam wollen dieser Entwicklung Einhalt gebieten. Doch derzeit ist der Händlerverbund noch zu stark mit sich selbst beschäftigt, als daß eine geschlossene Mitgliederfront den marktpolitischen Kräften Paroli bieten könnte.Mehr als zufrieden gab sich Karl Ulrich Schönemeyer, Geschäftsführer der Lilienthaler Comteam, während der Jahreshauptversammlung, die vom 19. bis 22. September 1996 in Berlin stattfand. "Wir haben die für 1995 gesteckten Ziele deutlich übertroffen. Sowohl der zentralregulierte Umsatz von 123 Millionen Mark als auch der Außenumsatz der Mitgliedsbetriebe von 780 Millionen Mark lagen deutlich über den Planzahlen. Für 1996 rechne ich in diesen beiden Bereichen mit 180 und mehr als 900 Millionen Mark", freut sich der Händler-Verbund-Chef, der bis zum Jahr 2000 die 1-Milliarde-Grenze überschreiten will. Auch in puncto Dienstleistungs- und Schulungsangebot, Marketing und Mitgliederbetreuung habe sich zwischen den beiden Jahreshauptversammlungen einiges getan, berichtet er weiter. So verfüge die Zentrale zwischenzeitlich über einen Notes-Server - der rege Informationsabruf und -austausch seitens der Mitglieder würde allerdings noch auf sich warten lassen. Eine eigene Comteam-Zeitschrift wurde ebenfalls aus der Taufe gehoben. Stolz ist Schönemeyer zudem auf die Entwicklung der Mitgliederzahl. Sie stieg im Zeitraum 1994/95 von 135 auf 234 an, gut über 320 sind es derzeit (davon sind 132 Vollmitglied und 72 zugleich Kommanditist).

Internes Gerangel

Doch hinter der großartigen Zahlenfassade sieht die Welt nicht so rosig aus. Zwistigkeiten, Grabenkriege und erbitterte Kämpfe zur Durchsetzung von Einzelinteressen sind an der Tagesordnung. Joachim Offermann, Geschäftsführer der Obe Computersysteme + Netzwerktechnologie Ing.-Ges.m.b.H. in Lüdenscheid und langjähriges Comteam-Mitglied, nimmt wie viele seiner Kollegen kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, die augenblickliche Stimmungslage innerhalb der Kooperation zu beschreiben. "Unsere Branche ist so verrückt wie keine andere. Das ist ein Haufen von Einzelkämpfern und Besserwissern. Ellenbogendenken und gegenseitiges Mißtrauen sind übliche Umgangsformen. Durch den täglichen Kampf an der Margenfront haben wir alle den Blick dafür verloren, warum wir uns einer Kooperation angeschlossen haben und welche Ziele wir eigentlich verfolgen", zeigt sich der Kommanditist frustriert. Michael Kegelmann, geschäftsführender Gesellschafter der Kegelmann Computerhaus GmbH in Obertshausen geht in seiner Kritik sogar noch einen Schritt weiter. "Für viele ist die Kooperation nur eine andere Form der Geldanlage. Sie erwarten sich eine vernünftige Rendite für das einbezahlte Geld und betrachten die vergünstigten Serviceleistungen als Selbstverständlichkeit. Solange der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund steht, wird sich daran auch nichts ändern. So kann es jedenfalls nicht weitergehen", wettert Kegelmann, der von Schönemeyer gerne "eine strengere Regimentsführung" sehen würde. "Ich glaube, es würde der Kooperation nicht schlecht anstehen, wenn die Geschäftsführung mehr Mut aufbringen würde, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Die ständigen Kleinkriege und die ewigen Diskussionen um Banalitäten halten den ganzen Betrieb auf. Wenn wir nicht endlich alle an einem Strang ziehen, machen wir uns gegenüber den Herstellern und Distributoren unglaubwürdig, und das kann nun wirklich nicht unser Ziel sein", so Kegelmann gegenüber ComputerPartner.

"Ich glaube die mangelnde Kommunikation innerhalb der Comteam ist der Hauptverursacher dieser Problematik", gibt Schönemeyer den Ball an die Mitglieder zurück. "Viele informieren sich viel zu spät über laufende Projekte und bei einem Großteil der Mitglieder habe ich das Gefühl, daß sie sich für unsere Vorhaben erst dann interessieren, wenn sie in irgendeiner Weise selbst davon betroffen sein könnten. Zwischenzeitlich laufen meine Planungen jedenfalls nur noch in Halbjahresschritten. Schnell eine Entscheidung zu fällen ist keine leichte Sache", übt der Geschäftsführer seinerseits leise Kritik.

Um sich seiner zunehmenden Rolle eines Prellbocks zu erwehren, der nur noch damit beschäftigt ist, halbherzige Entscheidungen als Ausgeburt zahlloser Kompromisse zu verkaufen, plant Schönemeyer eine Segmentierung der Mitglieder nach Betriebstyp und Status. Damit erhofft er sich, künftig für mehr Konsens zu sorgen und beispielsweise für Systemhäuser differenziertere Leistungen bereitstellen zu können als für PC-Shops. Auch die bereits etablierten und regional tätigen Erfahrungsgruppen, die in regelmäßigen Treffen und Workshops reichlich Gelegenheit haben, sich bei den verschiedensten Tagesordnungspunkten einen argumentativen Schlagabtausch zu liefern, sollen in Zukunft mehr eingespannt werden, um anstehende Entscheidungsfindungen zu beschleunigen. Auch hier gibt es Überlegungen, diese künftig in die verschiedenen IT-Unternehmensformen zu gruppieren.

Doch neben dem Versuch, dem heterogenen Konglomerat der Mitglieder mehr Struktur zu verpassen, wartet noch jede Menge organisatorische Arbeit auf den Comteam-Geschäftsführer. So kann Schönemeyer bis heute keine Aussage darüber machen, mit welchen Produkten seine Mitgliedsbetriebe welchen Umsatz erzielen; lediglich das Gesamtergebnis landet auf seinem Schreibtisch in Lilienthal. Denn nach wie vor bestellt jeder Händler unter der Angabe der Comteam-Mitgliedschaft bei den Lieferanten auf eigene Rechnung. "Wir müssen endlich dazu übergehen, daß die Comteam die einzige Rechnungsadresse ist. Wir müssen konkrete Zahlen und Nachweise an der Hand haben, mit denen wir die Distributoren konfrontieren können. Nur die zählen als stichhaltiges Argument, wenn es um die Einräumung von Sonderkonditionen geht", bringt der Comteam-Chef klar zum Ausdruck. Ob Schönemeyer über dieses seit langem herbeigesehnte Verfahren schon in Kürze als Regulativ verfügt ist noch ungewiß: Noch mauert die Basis fleißig. "Ich habe überhaupt kein Interesse daran, daß ich meinen potentiellen Mitbewerbern quasi die Bücher offen auf den Tisch lege", erklärt der Geschäftsführer eines Mitgliedsbetriebs gegenüber ComputerPartner. Er möchte namentlich nicht genannt werden.

Neid auf andere Branchen

Aussagen wie diese sind keine Seltenheit. Sie kennzeichnen symptomatisch das gegenseitige Mißtrauen der Händler, das selbst innerhalb einer Kooperation offen zum Ausdruck gebracht wird. Der Leidensdruck scheint nach wie vor nicht hoch genug zu sein, um sich nicht wie der Wolf unter den Wölfen zu verhalten. Optimisten klammern sich beim Thema Kooperation gerne an die Erfolge anderer Branchen und verweisen beispielsweise auf den Fotohandel, das Handwerk oder gar den Automobilhandel.

Pessimisten sind hingegen davon überzeugt, daß es sich bei den IT-Händlern um eine ganz besondere Spezies handelt, die zwischenzeitlich so auf den Wettbewerb trainiert ist, daß sie selbst ihre Kollegen ungern als Partner sehen möchten. Hans-Georg Häusel, der als geschäftsführender Gesellschafter der Gruppe Nymphenburg Cooperation Consult GmbH mit Sitz in München auf eine langjährige Beratungspraxis in Kooperationen der unterschiedlichsten Branchen zurückblicken will, scheut sich nicht, seine Erfahrungen der versammelten Mitgliedschaft während seines Referates kund zu tun und bringt es auf den Punkt: "Stillstand und ewige Querelen sind das Schlimmste, was einer Kooperation passieren kann. Deshalb rate ich Ihnen, die Rosinenpicker rauszuwerfen und sich der Zauderer zu entledigen. Ansonsten habe ich keine großen Hoffnungen, daß sich auf Dauer eine Händlergemeinschaft erfolgreich halten kann."

Dietrich Hirche, Geschäftsführer der P.A.C. Vertriebs GmbH in Bremen, Gründungsmitglied und etliche Jahre im Aufsichtsrat, hat alle bisherigen Tiefen und Höhen der Comteam miterlebt und glaubt auch die Gründe für die nach wie vor anhaltenden Streitigkeiten zu kennen. "Viele sehen in der Kooperation die geeignete Plattform, um sich zu profilieren. Ich habe jedenfalls keine großen Hoffnungen, daß sich daran so schnell etwas ändern wird. Schließlich ist jedem Einzelnen vollkommen klar, daß es derzeit keine Alternative gibt. Die monetären Vorteile überwiegen und sind sicherlich der Grund dafür, warum wir so gut wie keine Austritte zu verzeichnen haben", erklärt Hirche und resümiert: "Eines habe ich in den vielen Jahren bei der Comteam jedenfalls gelernt: ,Die wahren Egoisten leben in der KooperationÈ." (cm)

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