Janz ruhig, et läuft...

25.11.1999

Die Vorbereitung auf das Ende (des Jahres)

Eigentlich kann ja nicht viel passieren - solange Strom da ist. Ob nun gelb, rosa oder Ökosaft aus biologisch kontrollierten Windrädern fließt, Hauptsache es geht die Heizung, die Wasserpumpe und der Fernseher. Wozu braucht ein normaler Mensch beim Jahreswechsel einen eingeschalteten Personal Computer? Zugegeben, mit Lara Croft bei den Pyramiden auf das Feuerwerk zu warten hat einen gewissen Reiz. Nachdem Großmärkte in Anzeigen zu Hamsterkäufen von Dosenbier und anderen Grundnahrungsmitteln aufrufen und jetzt auch noch die Stadtverwaltung mit einem Vorsorgeplan aufwartet, der im groben an die US-Faltblätter zur Kubakrise erinnert, eine Art "Duck and Cover" auf pfälzisch, mache ich mir doch langsam Sorgen um den Fortbestand der menschlichen Spezies nach dem Letzten dieses Jahres. Für den "Day after" empfiehlt eine vorderpfälzische Metropole allen Ernstes, die Badewanne als Trinkwasserreservoir vollaufen zu lassen, Essens- und Treibstoffvorräte anzulegen. Wo bitte soll ich dann mein traditionelles Neujahrsbad nehmen? Obwohl davor, während und danach wie immer bei Chemie- oder Reaktorunfällen zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung bestehen wird, werden im Stadtgebiet Notfallmeldestellen eingerichtet, die von jedem Bürger zu Fuß erreichbar sind. Notstromaggregate wurden gekauft, netzunabhängige Standleitungen verlegt und in den Notfallstellen liegen Taschenlampen und Petroleumleuchten bereit, wie viele wird nicht verraten. Der Plan sieht weiter vor, daß die städtische Verwaltung eine Woche lang ohne Computer funktionieren können muß, das schafft sie zwar mit Computern auch nicht, aber besser als nichts. Die Handwerksbereiche Elektro, Heizung, Sanitär wurden zum Erstellen von Notdienstplänen aufgefordert, obwohl jeder weiß, daß über die Feiertage weit und breit kein Handwerker im Land weilt. In der Industrie und den öffentlichen Bereichen gibt es nicht nur Bereitschaftsdienste, sondern eine extreme Anwesenheitspflicht. Dadurch, daß beispielsweise die Industrie ihre Anlagen in der Silvesternacht teilweise herunter und im neuen Jahr wieder anfährt, haben fast alle Mitarbeiter der Stromversorgung Sonderschicht. Ich möchte nicht diese Nachtschicht am Leistungsregler eines Großkraftwerkes verbringen. Wer sich jetzt noch keinen Stromerzeuger im Baumarkt gekauft hat, darf keinen mehr brauchen, überhaupt hat dieser Jahreswechsel bereits genug Unfug verursacht: Placeboprogramme, Updates, Upgrades, alles nur Abzocke? Die meisten Programme sind noch nicht einmal 1999-tauglich, was sollte sich 2000 ändern? Dankenswerterweise haftet für Jahr-2000-Fehler in der Software der Hersteller und nicht der Händler, zumindest bis jetzt. Bei durchgeknallten Reaktoren könnte es wieder komplizierter werden, falls es uns dann überhaupt noch interessiert. Jeder Bürgermeister, jede Stadt von Rostock bis Garmisch muß in diesen Tagen die Probeläufe, Simulationen und Übungen absolviert haben, die wenigsten reden darüber, weil es doch recht schwer ist, Dinge zu vermitteln, die erstens eine Menge Steuergelder schlucken, zweitens von der Mehrheit nicht verstanden werden und drittens die Unsicherheit nur verstärken. Aber wenigstens uns Händlern könnten sie es doch sagen, oder? Wie soll ich sonst wissen, ob nächstes Jahr die Bauteile knapp werden oder eher die Kunden? Jahresendgeschäft, wie das klingt.

Mein Fazit: Den Sommerurlaub werde ich jetzt schon buchen, ich bezahle ihn aber erst im nächsten Jahr, sicherheitshalber!

Bis demnächst, Euer<B> Querschläger!

</B>Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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