Japans Chip-Hersteller kollektiv auf dem Rückzug

12.04.2001
Die fünf großen japanischen Elektronikkonzerne Hitachi, Toshiba, Mitsubishi, NEC und Fujitsu verlieren auf dem Weltmarkt Anteile. Die ungelenken Riesen reagieren zu langsam auf den raschen Szenenwechsel in der Halbleiterbranche.

Die Japan AG kommt einfach nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus. Zu den Meldungen über die Regierungskrise, drohende Großbankenpleiten oder Kurseinbrüche auf den Aktienmärkten passt auch die, dass die einstigen japanischen Vorzeigekonzerne aus der Halbleiterindustrie - Hitachi, Toshiba, Mitsubishi, NEC und Fujitsu - weltweit Marktanteile verlieren und in immer stärkere Abhängigkeit von der Konjunktur in den USA geraten. In besseren Zeiten agierte man, heute ist nur noch reagieren bei Nippons fünf Elektronik-Giganten angesagt.

Verantwortlich dafür sind nach Expertenmeinungen unter anderem unübersichtliche und verkrustete Unternehmensstrukturen, die schnelle Entscheidungen verhindern. Der rasche zyklische Wechsel der Branche erfordert jedoch eine hohe Beweglichkeit in den Management-Etagen.

Die japanische Gemächlichkeit wird in dem fatalen Investitionsverhalten der Chip-Hersteller deutlich. Viele Analysten kritisieren, dass die Reaktionen der Konzerne auf den Nachfragerückgang im Halbleitersektor viel zu spät erfolgten. Erst kürzlich kündigte Hita-chi einen enormen Schnitt bei den Investitionen an, die für den Ausbau der Chip-Produktion vorgesehen waren.

Statt der geplanten 204 Milliarden Yen (3,5 Milliarden Mark) sollen es nur noch rund 160 Milliarden Yen werden. Sinke die Nachfrage auf dem Weltmarkt weiter, erfolge die nächste Kappung, so der Konzern. Zuvor hatten bereits NEC und Toshiba nach Gewinnwarnungen massiv das Budget für Investitionen beschnitten. Begründet wird die neue Lust an der Sparsamkeit mit der schwachen Nachfrage nach Mobiltelefonen und PCs in den USA. Doch die Reaktion der Japaner kommt viel zu spät. Koreanische und taiwanische Konzerne beispielsweise hatten Monate zuvor schon reagiert.

Intel macht’s vor

Marktforscher prognostizieren für das zweite Halbjahr 2001 einen Anstieg der Nachfrage auf dem Chip-Markt. Demzufolge ist also jetzt der richtige Zeitpunkt, die Investitionen zu erhöhen. Der amerikanische Weltmarktführer Intel zum Beispiel stockt trotz Gewinnwarnungen sein Investitionsvolumen in diesem Jahr um zwölf Prozent auf insgesamt 7,5 Milliarden Dollar auf. Und auch die Konkurrenz in Taiwan denkt über einen verstärkten Ausbau der Chip-Produktion nach.

Analysten sehen in den gemeinschaftlichen Budget-Kürzungen der Japaner eine Art panischen Herdeninstinkt am Werke, der sich herausgebildet hat, als Nippons Halbleiterproduzenten noch unter Aufsicht und Anleitung des Handels- und Wirtschaftministeriums (Miti) standen.

Diesem kollektiven Reflex hat sich nur Fujitsu widersetzt, Partner von Siemens in Europa im PC- und Server-Geschäft. Fujitsu will sein Investitionsniveau weitgehend konstant halten und mehr Geld für die Entwicklung von Flash Memories bereit stellen. Diese Speicherchips kommen unter anderem in Mobiltelefonen, digitalen Kameras und PDAs zum Einsatz. Japanische Analysten loben diese Entscheidung und erwarten schon bald Marktvorteile von Fujitsu gegenüber der Konkurrenz.

www.fujitsu.de; www.hitachi.de; www.mitsubishi.de; www.nec.de; www.toshiba.de;

ComputerPartner-Meinung:

Es lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend sagen, ob die Kürzungen der Investitionen der japanischen Chip-Hersteller eine Fehlentscheidung waren. Erst in einigen Monaten wissen wir mehr. Tatsache ist aber, dass die Kürzungen viel eher hätten vorgenommen werden müssen - nämlich als die ersten Anzeichen der Flaute im Oktober letzten Jahres vernehmbar waren. (de)

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