Java-Revierkämpfe: Sun und Microsoft vor Gericht

10.10.1997

SAN DIEGO, CAL.: Sun fürchtet um Java. Seit Microsoft die Software lizenziert hat, schauen sich die Mitarbeiter der jeweiligen Entwicklungsabteilungen ständig auf die Finger. Suns Verdacht: Microsoft wolle erreichen, daß die Universalsprache Java letztendlich unter Windows am besten läuft, während das eigene Unternehmen doch nur darauf bedacht sei, die Unabhängigkeit des aktuellen Hoffnungsträgers sicherzustellen.

Bill Gates Wendigkeit ist schon beachtlich: Kaum sah er seine absolute Führungsposition im Softwaremarkt durch Suns universelle Internetsprache Java bedroht, bewarb er sich flugs um eine entsprechende Lizenz. Sun erteilte sie, ließ die Konkurrenz aber nicht aus den Augen.

Der Verdacht, Gates stelle seine Entwickler nur dazu ab, zu tüfteln und zu forschen, wie sich das Konkurrenzprodukt doch noch zum eigenen Heil einsetzen ließe, lag wohl zu nahe. Nun glaubt Sun seine Befürchtungen bestätigt und reichte Klage ein: Microsoft habe das Java-Trademark verletzt, führe einen "unlauteren Wettbewerb" und habe insgesamt den Vertrag mit Sun gebrochen. Der Auslöser: Laut Sun bestehen weder Microsofts Internet Explorer 4.0 noch deren Software Development Kit for Java den Kompatibilitätstest, den die Java-Produkte der Lizenznehmer durchlaufen müssen.

Den Testern zufolge fehlen dem Internet Explorer das Java Native Method Interface (JNI) sowie die Remote Method Invocation (RMI). Außerdem, so eine Meldung aus den USA, habe Microsoft dem Abstract Windowing Toolkit (AWT) Klassen hinzugefügt und einige "public methods" gestrichen.

Suns Forderung: Microsoft dürfe künftig das Java-Kompatibilitätslogo nicht mehr verwenden.

Denn sowohl im kürzlich freigegebenen Internet Explorer 4.0 als auch im Development Kit könnten Programme geschrieben werden, die ausschließlich unter Windows liefen, nicht aber unter Apples Mac-OS, unter Unix oder unter Netscapes Internet-Browser. Fast entschuldigend erklärte ein führender Sun-Manager den Prozeß damit, daß Microsoft eben zur Not auf diese Weise zurück in die gemeinschaftliche Java-Gemeinschaft beordert werden müsse: "Wir wollen nur, daß sie zu der Vereinbarung und ihren Zusagen stehen". Microsoft glaubt sich völlig unschuldig, wenn man den Beteuerungen aus den USA Gehör schenkt: "Wir haben die kompatibelste Java-Implementation des gesamten Marktes geschaffen - und unsere Vereinbarungen damit voll erfüllt", versichert ein Unternehmenssprecher.

Bis zur Urteilsbekanntgabe will Sun seinen Konkurrenten von weiterem Technologieaustausch ausschließen. (du)

Bill Gates: Hat er nun mit seinem Internet Explorer 4.0 und dem Development Kit die "marktweit kompatibelste Java-Implementation" ausgeliefert - oder ein Trojanisches Pferd, das Sinn und Zweck der universellen Programmiersprache Java unterminiert?

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