"Jetzt sind wir für Händler attraktiv"

19.01.1996
MÜNCHEN: Nach dem Verkauf der Enterprise Network Division an Cabletron Systems will Standard Microsystems Corp. (SMC) sich wieder auf das LAN-Kerngeschäft konzentrieren. Händler und VARs werden angesprochen, erklärt Matthias Bronisch-Holtze, Verkaufsleiter bei der Münchener SMC GmbH, im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder.?Herr Bronisch, steigt jetzt auch Cabletron in die Merge-Maschine ein. Warum?

MÜNCHEN: Nach dem Verkauf der Enterprise Network Division an Cabletron Systems will Standard Microsystems Corp. (SMC) sich wieder auf das LAN-Kerngeschäft konzentrieren. Händler und VARs werden angesprochen, erklärt Matthias Bronisch-Holtze, Verkaufsleiter bei der Münchener SMC GmbH, im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder.?Herr Bronisch, steigt jetzt auch Cabletron in die Merge-Maschine ein. Warum?

Bronisch: Cabletron hat bisher die Philosophie gehabt, wir machen alles selbst. Jetzt aber hat Cabletron festgestellt, daß die anderen mit den Merges schneller wachsen als sie, und sie langsam nach hinten runterfallen. Darauf mußten sie reagieren. Und für uns galt: Wir konnten die Enterprise-Produkte, die wir immerhin gegen 3 Com positionieren wollten, insgesamt über unsere Kanäle nicht adressieren. Wir kamen an die großen VARs nicht heran, was in diesem Bereich notwendig ist. In den USA waren wir zu klein. Dort herrscht das Prinzip: A billion dollar company buys from a billion company. In Deutschland hingegen waren wir erfolgreich, weil man hier gewohnt ist, beim Mittelstand einzukaufen. Aber das allein hat nicht gereicht.

?Nach Meinung einiger Analysten verkauft SMC womöglich seine Zukunft?

Bronisch: Ich sehe das anders. Wir kommen auf unser Kerngeschäft zurück und strengen uns da an. Allerdings werden wir in Zukunft mit Sicherheit versuchen, mittels strategischer Partnerschaften mit den Unternehmen zusammenzuarbeiten, die gute Hubs bauen.

?Sie haben offensichtlich bereits konkrete Pläne?

Bronisch: Nein, was da kommen mag, ist jetzt noch Kaffeesatzleserei. Aber warum soll SMC etwa nicht mit Bay Networks kooperieren? Das könnte interessant werden, denn wenn ich kein Mitbewerber mehr bin, dann läßt sich eher zusammenarbeiten. Aber jetzt wollen wir erstmal die 77,5 Millionen Dollar in der Kasse haben.

?Haben Sie schon Pläne, wie Sie das Geld investieren?

Bronisch: Wir stecken einen Großteil des Geldes in die Komponenten-Abteilung (CPD). Die ist bis 1997 ausgelastet und sucht dringend neue Produktionsstätten. Darüber hinaus sind viele Gedankenspiele möglich.

?Können Sie eines der Gedankenspiele ausführen?

Bronisch: Zum Beispiel: Wir kaufen eine kleine ATM-Company und bringen einen kleinen ATM-Switch für Workgroups auf den Markt. Den schiebt man über die Distribution in den Markt. Das tut den Großen nicht weh. Aber wir denken über vieles nach ...

?Sie konzentrieren sich wieder auf den LAN-Bereich. Was bedeutet das für den Händler?

Bronisch: Zwei Dinge: Erstens gibt es seitens Cabletron die offizielle Ankündigung, daß alle bestehenden Kanäle geschützt werden. Für die Händler, die zu Cabletron mitgehen werden, heißt das: Sie werden übernommen. Der Support wird sicher gewährleistet. Und zweitens: Wir werden jetzt verstärkt mit den Händlern zusammenarbeiten.

?Es wird jetzt für den LAN-Händler interessant?

Bronisch: Ich sehe jetzt für den Handel die interessante Phase gekommen. Wir werden zum Beispiel zwei kleine Switches mit 6 und 8 Ports auf den Markt bringen, typische Produkte in Netzwerken zwischen 50 und 250 Anwendern. Genau in den Bereich, in dem die Händler drin sind. Ich bin mir sicher, wir werden jetzt für den Händler attraktiver.

?Was werden Sie den Händlern konkret anbieten?

Bronisch: Wir haben seit etwa vier Monaten zwei Mitarbeiterinnen, die sich erstmals darauf konzentrieren, dem Fachhandel Informationen zuzuleiten und ihn zu bedienen. Sie werden bei den großen 20 Fachhändlern den ständigen persönlichen Kontakt pflegen, Anfragen von Händlern bearbeiten, Kataloge verschicken etc. Das heißt, jetzt übernimmt SMC persönliche Verantwortung für die Händler, nicht mehr Distributoren, wie es bisher der Fall war. Wir werden jetzt den Distributor informieren: Hier gibt es den Fachhändler mit einem Projekt - faß mal nach!

?Sie legen einen Katalog auf, der den Händler genau informiert über Produkte, Spezifikationen etc.?

Bronisch: Ja. Nur die Preise müssen weiterhin über die Distribution erfragt werden.

?Das heißt, die Produktpreise stehen definitiv fest?

Bronisch: Wir haben feste Preise, so daß es einen fairen Wettbewerb auch für kleine Händler gibt.

?Was außerdem planen Sie mit den Händlern?

Bronisch: Das ist unser erster Schritt. Wir machen da die ersten Erfahrungen, da wir bisher alles der Distribution überlassen haben. Ich glaube, daß die persönliche Betreuung der wichtigsten Netzwerkhändler in diesem Jahr einen Anstoß geben wird. Im übrigen werden wir eine Datenbank aufbauen, um den Handel schnell zu informieren.

?Was sind Ihre Ziele in nächster Zeit?

Bronisch: Wir verlassen aus meiner Sicht den Backbone-Bereich und konzentrieren uns bis hin zu dem kleinen Workgroup-Switch auf den LAN-Bereich. Wir haben ein sehr schwieriges Jahr hinter uns. Es gab taktische Fehler, zum Beispiel bei der Umstellung auf unsere Ethernet- Easy-Karte, und wir haben den stark wachsenden PC-Card-Markt unterschätzt. Hier hatten wir Lieferschwierigkeiten, und trotzdem haben wir hier weltweit 27 Prozent Marktanteil. Wir wollen in erfolgreichen Bereichen wie diesen verstärkt die Distribution und den Handel dazu bewegen, in unsere Produkte zu investieren.

?Wie bekommt denn der Händler das mit?

Bronisch: Verschiedene Aktionen stehen an, zum Beispiel im Januar mit einer Vortragsreihe über 100 MByte und Switching. Ich bin der Meinung, es ist ein ganz wichtiger Zeitpunkt, den Handel dahingehend zu informieren, welche Vorteile 100 MByte bringt, aber auch welche Nachteile; welche Vorteile Switching bringt, was man machen muß, wenn das Netzwerk wächst: nämlich Switchen. Was ist, wenn die Applikationen wachsen und langsam werden - dann gehört da die 100-MByte-Karte hin. Das eine geht ohne das andere nicht. Hier haben die Firmen wegen der Telekom, die sich gegen 10TBase gewehrt hat, einen Rückstau bei Investitionen. Ich weiß, daß viele Firmen auf die neue 100-Mbyte-Technologie setzen - auch bei PC-Cards, die sehr preiswert geworden sind.

?Sie sehen einen boomenden Markt voraus?

Bronisch: Es wird eine dramatische Änderung des Marktes stattfinden. Beispielsweise gibt es einen massiven Trend in Richtung Notebook.

?Sie sind also über die neue Entwicklung Ihres Unternehmens zufrieden?

Bronisch: Hochzufrieden. Cabletron kann jetzt im Bereich Fast-Ethernet konkurrieren, und wir sind ein Thema los, das 50 Prozent Zeit, Energie und Ressourcen verlangt hat, aber nur 14 Prozent Umsatz gebracht hat. Es gewinnen also beide.

?Das klingt ganz so, als hätten Sie jetzt die richtigen Produkte und die richtigen Kanäle?

Bronisch: So ist es. Jetzt können wir Märkte, die wir bisher vernachlässigen mußten, wieder angehen - zusammen mit dem Händler.

Facts und Figures: Smc corp.

SMC, 1971 mit Sitz in Hauppauge im US-Staat New York gegründet, erwirtschaftete im Geschäftsjahr 1994/95 zirka 400 Millionen Dollar. Der Anteil des Auslandsgeschäfts betrug zirka 47 Prozent. Auf die deutsche Niederlassung mit Sitz in München fielen im letzten Geschäftsjahr über 90 Millionen Mark, also etwa 70 Prozent des europäischen Anteils, der 23 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachte.

SMC begann mit dem Bau von Halbleiterprodukten; diese Component Products Division bestreitet heute zirka 31 Prozent des Umsatzes. 1981 begann SMC auch Netzwerkprodukte herzustellen; die Systems Product Division entstand. Sie stellte zunächst Produkte für Arcnet-LANs her, seit 1989 Ethernet-Produkte, darunter Konzentratoren für 10Base-T-Protokolle, Adapter-Karten für PC-Plattformen, Netzwerkmanagement-Module und SNMP-Software. 1991 übernahm SMC die LAN-Abteilung von Western Digital, 1992 kamen

Token-Ring-Netzkarten und intelligente, stapelbare Multistation Access Units (MAU) dazu. Gleichzeitig stieg SMC durch den Kauf von Sigma Network Systems in den Markt unternehmensweiter Vernetzung und Intranetworking ein, vor allem mit 10- und 100-MByte-LAN-Switches. 1993 wurde der Netzwerkbereich in eine Desktop Product Business Unit für Adapterprodukte und in die jetzt an Cabletron Systems verkaufte Enterprise Network Division gesplittet. Nach deren Verkauf bleibt die Desktop Networks Business Unit für Netzadapterkarten und die Workgroup Networks Bussiness Unit für Hubs und Switches zuständig. Seit 1994 produziert SMC auch Netzwerkadapter für PCI-Bussysteme und hält hier eigenen Angaben zufolge 27 Prozent Markanteil weltweit.

Was erreicht Cabletron durch den kauf?

Cabletron kauft Fast-Ethernet-Switches von SMC

Die 77,5 Millionen Dollar teure Übernahme der Enterprise Network Business Abteilung von SMC durch Cabletron Systems soll Ende Januar abgeschlossen sein. Cabletron, die sich vor vier Monaten noch heftig gegen die Übernahme von Chipcom durch 3Com gewehrt hatten, erwirbt damit im Fast-Ethernet-Markt für Desktops die komplette Tiger-Switch-Linie von SMC - ein Low end-Bereich, in dem Cabletron bisher nichts zu bieten hat. Seitens Cabletron beeilte man sich, den vollständigen Schutz der SMC-Händler offiziell zuzusichern. Analysten bezweifeln allerdings, ob Cabletron, die traditionell direkt beziehungsweise über große VARs verkaufen, genügend Kompetenz für den neuen Fachhändlerkanal besitzt.

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