Joe Hemani ist der Claudio Osorio des Jahres 2003

18.12.2003

Es gibt Dinge auf der Welt, die wiederholen sich. Die geplatzte Übernahme der Actebis-Gruppe durch die britische Westcoast und deren Chef Joe Hemani ist so ein Fall. Man fühlt sich erinnnert an das Jahr 1998. Damals gab es einen Distributor namens CHS, der dem Metro-Konzern gleich drei Firmen abkaufen wollte: Maxdata, Peacock und Vobis. 587 Millionen Mark sollte CHS-Chef Claudio Osorio dafür überweisen. Noch bevor der Vertrag überhaupt unterschrieben war, fingen Osorio und seine deutschen CHS-Statthalter bereits an, das Fell des Bären zu verteilen. Die Organisationen der übernommenen Firmen wurden restrukturiert, Strategien festgelegt, Synergien erarbeitet, Posten verteilt. So übernahm Maxdata-Chef Holger Lampatz in der CHS-Gruppe die weltweite Verantwortung für das Geschäft mit den PC- und Monitor-Eigenmarken, und sein Vize Joachim Gut setzte sich auf den Vobis-Chefsessel.

Nur vier Monate später dann die peinliche Wende: CHS konnte den Kaufpreis nicht aufbringen, der Deal platzte und Metro hatte die drei Töchter wieder am Hals. Es dauerte Monate, bis die ganzen voreiligen Organisationsmaßnahmen wieder in Ordnung gebracht worden waren. Peinlich, peinlich das Ganze. (Die Geschichte ist ausführlich nachzulesen in ComputerPartner 26/98, Seite 1 und 34/98, Seite 78 oder im elektronischen Heftarchiv auf computerpartner.de).

Nun also Westcoast, Otto und Actebis. "Wir wollen Actebis kaufen", hatte Hemani im September gesagt, nachdem er sich schon mal als CEO inthronisiert hatte. Völlig klar, dass er damit jede Menge Staub aufwirbelte. Der bisherige Actebis-Chef Michael Urban schied aus dem Unternehmen aus, die HP-Managerin Bärbel Schmidt wurde als neue Deutschland-Chefin verpflichtet, Ex-Tech-Data-Europa-Chef Graeme Watt sollte die CEO-Aufgaben von Hemani übernehmen. Auf der anderen Seite musste Westcoast die europäische Distributoren-Allianz European Wholesale Group (EWG) verlassen.

In allen direkt und indirekt beteiligten Firmen beschäftigte man sich mit den Auswirkungen dieser Übernahme auf die Branche und das eigene Unternehmen. Niemand hat die Stunden gezählt, die in Meetings zu diesem Thema diskutiert wurden, niemand das Geld gezählt, das dadurch verplempert wurde. Welch eine gigantische Energieverschwendung! Im Nachhinein erweisen sich alle Diskussionen als überflüssig; was bleibt, ist ein riesiger Katzenjammer.

Die Frage ist nun, wie es mit Actebis weitergeht. Hält Otto an der Absicht fest, sich von der IT-Distributionstochter zu trennen? Die Hamburger sind wie gewohnt verschwiegen und äußern sich nicht dazu. Einfacher wird der Verkauf durch die aktuellen Ereignisse sicher nicht. Zum Vergleich: Fünf Jahre nach dem geplatzten Verkauf an CHS hält die Metro über ihre Tochterfirmen noch immer die Aktienmehrheit an Vobis und Maxdata.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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