Joint-Venture: Der eine bringt die Logistik, der andere die Kunden

16.09.1999

HEILBRONN/MÜNCHEN: CAD-Spezialist Nemetschek AG gründet gemeinsam mit der Bechtle AG das E-Commerce-Unternehmen "Nemetschek direct GmbH" in München. Intern sind die Claims bereits abgesteckt, die Zuständig- keiten definiert.Ralf Klenk verbreitet eitel Sonnenschein: "Nemetschek hat eine für den Laien praktisch nicht vorstellbare Anzahl von Kunden!" freut sich der Geschäftsführer der Bechtle AG über die gemeinschaftliche Gründung von "Nemetschek direkt", an der sein Unternehmen die Minderheitsbeteiligung von 49 Prozent hält.

Damit übertreibt er nicht: Der nach eigenen Angaben in Deutschland marktführende Anbieter für CAD/ CAE-Software, Nemetschek, bedient in Deutschland einen Markt von 50.000 Architektur- und Ingenieurbüros sowie 80.000 Bauunternehmen und 200.000 Unternehmen des Baunebengewerbes. Die Münchner beanspruchen im Bausoftwarebereich einen Marktanteil von 30 Prozent nach Umsatz.

Den Umsatzwert des AEC-Marktes in Deutschland beschreibt Neme- tschek-Vorstand Uwe Wassermann: "Für Hardware, Verbrauchsgüter und Standardsoftware beträgt er hier zirka 2,2 Milliarden Mark, europaweit sind es rund sechs Milliarden." Da wundert es nicht, daß den Bechtle-Managern der Mund wäßrig wird, denn sie liebäugeln schon länger mit diesem lukrativen Geschäftsfeld.

Schließlich beträgt das Hardwaregeschäft im von Wassermann beschriebenen AEC-Markt den Löwenanteil: Software und Verbrauchsgüter tragen jeweils mit rund 500 Millionen Mark zu den Umsätzen in Deutschland bei, die restlichen 1,2 Milliarden Mark nimmt die Hardware für sich in Anspruch.

Für Bechtle mit seinen guten Kontakten zu den Hardwarelieferanten eröffnen sich demnach ungeahnte Perspektiven. Denn bislang hat sich die Nemetschek AG vor allem im Softwarebereich getummelt. "Sie haben zwar immer mal wieder geplant, auch die Hardware-Seite in ihrem Unternehmen zu verstärken - aber ich glaube, der Gedanke an die damit verbundene Logistik hat sie immer wieder davon abgehalten", verrät ein Unternehmenskenner.

So gesehen, macht die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens mit Logistikspezialisten Bechtle die Zukunftspläne beider Unternehmen erst so richtig rund. Die Partner sehen das Joint-Venture als Ergänzung ihrer jeweiligen Firmen, keiner von beiden wird dem Sprößling zuliebe etwas von seinem ursprünglichen Geschäft aufgeben müssen. "Da zahlt niemand drauf", ist die Devise. "Die Bechtle direkt ist davon überhaupt nicht betroffen", versichert denn auch Klenk auf eine entsprechende Anfrage. "Sie hat doch mit dem Netzwerkbereich auch eine ganz andere Zielgruppe." Allerdings gehen beide Seiten davon aus, daß auch ihre Stammfirmen von der Neugründung profitieren werden.

Mit zehn Leuten 17.000 Produkte anbieten

Die Nemetschek direct GmbH soll noch in diesem Jahr den Betrieb aufnehmen. In der Startphase wird sie von Uwe Wassermann selbst geführt werden, über die endgültige Besetzung der Geschäftsleitung mag die Nemetschek derzeit noch keine Angaben machen. "Wir suchen zusammen die Leute aus", verrät Bechtle-Chef Klenk nur. Mit "weniger als zehn Leuten", wie Wassermann ankündigt, soll das E-Commerce-

Vertriebsunternehmen vorerst die Kernbereiche Call-Center und Produktmanagement aufbauen. "Trotz dieser relativ kleinen Startmannschaft werden wir von Beginn an die volle Breite an Kundenservice bieten: telefonische Beratung in allen Bereichen, Bestellservice per Telefon, E-Mail, Fax und natürlich volle Internet und E-Shop-Funktionalität wie auch perfekte Logistik und Auftragsverfolgung", zählt Wassermann auf. (du)

Was Georg Nemetschek und Bechtle-Chef Ralf Klenk anfassen, hat Hand und Fuß: Im Gemeinschaftsunternehmen "Nemetschek direct" wollen sie ihre jeweiligen Stärken möglichst gewinnbringend miteinander ver-heiraten.

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