Jugendwahn in der IT-Branche

21.08.2001
"Graue IT-Panther erhalten die Arschkarte", titelt der Online-Dienst Silicon.de und beschreibt damit die Situation, dass ältere IT-Mitarbeiter immer öfter diskriminiert, herausgemobbt oder bei Entlassungen als erste dran glauben müssen. Das ergab eine Umfrage unter 1.000 IT-Fachleuten. Demnach hat jeder Dritte der Befragten, 42,6 Prozent aus der "kritischen" Altersgruppe 46+, schon einmal die Erfahrung machen müssen, dass auf sie selbst oder auf Kollegen aus Altergründen Druck ausgeübt wurde. Mal erhalten sie keine Weiterbildungsmaßnahmen mehr, werden in unattraktive Jobs abgedrängt und von der Karriereleiter geschubst oder schlicht so lange gemobbt, bis sie von alleine gehen. Bei Bewerbungen haben in den letzten fünf Jahren schon 13 Prozent die Erfahrung machen müssen, dass sie wegen ihres Alters nicht in Frage kamen. Fast 30 Prozent hatten bei einer Ablehnung zumindest den Eindruck gewonnen, dass sie wegen ihres Alters übergangen wurden, ohne dass der potenzielle Arbeitgeber dies explizit so ausgedrückt hat. Je größer die Unternehmen, desto größer ist dieser Tage offenbar der Druck auf die älteren Mitarbeiter. In Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern haben nur 50 Prozent die Beobachtung machen können, dass ältere IT-Fachleute aufs Abstellgleis geschoben werden. In Großunternehmen mit mehr als 5.000 Arbeitern und Angestellten haben hingegen 40 Prozent der Befragten die Erfahrung gemacht oder zumindest den Verdacht, dass die älteren IT-Fachleute abgeschrieben oder nicht ernst genommen werden. Viele jüngere Mitarbeiter sprechen ihren älteren Kollegen einfach die Qualifikation ab und eine Beamtenmentalität zu. Wie stark der Generationenkonflikt in der jugendversessenen IT-Welt sein kann, zeigt sich auch in dem Urteil eines 37-Jährigen über seine älteren Kollegen: "Mitarbeiter ab 50 können eigentlich keine IT-Fachleute sein, weil es zu der Zeit noch keine Computer in der Form gab." Weibliche IT-Experten haben es noch schwerer: Sind sie unter 40 wird ihnen unterstellt, dass sie früher oder später Kinder bekommen und dem Betrieb dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Sind sie über 40, gelten sie als zu alt oder nicht mehr up-to-date. Besonders kritisch wird es laut Silicon.de für IT-Fachleute ab dem Alter von 50. Denn viele von ihnen fallen den Massenentlassungen, die derzeit über die IT-Branche hinwegfegen, als erste zum Opfer. 350.000 Stellen sollen laut Spiegel in diesem Jahr schon gestrichen worden sein. Vier von zehn IT-Fachleuten über 50 sind inzwischen arbeitslos - und das bei einem angeblichen Bedarf von 90.000. Im Schnitt sind bei den Arbeitsämtern 33.000 IT-Fachleute als arbeitslos gemeldet, viele davon über 50. Aber auch immer mehr arbeitslose IT-ler um die 40 machen die bittere Erfahrung, dass sie gegen die Jüngeren oft keine Chance haben. Denn die gelten nicht nur als "biegsamer", sondern sind meist  auch wesentlich billiger. Bertram S. (Name von der Redaktion geändert) kann ein Lied davon singen. Als ehemaliger Senior Product Manager war der heute 38-Jährige Jahresgehälter von rund 200.000 Mark und einen dementsprechenden hohen Lebensstil gewöhnt. Da ein Teil seines Gehaltes auf Komm lief, erhält er nur knapp 3.500 Mark Arbeitslosengeld. Das geht schon schwer ans Eingemachte. Ein halbes Jahr bemüht er sich schon um eine neue Stelle. Doch je mehr Absagen er erhält, desto mehr vertieft sich in ihm das Gefühl, "zu alt für die Branche" zu sein. Ganz so hoffnungslos wie es scheint, ist die Lage für ältere IT-Mitarbeiter nun wieder auch nicht. So müssen IT-Fachleute, die sich um Weiterbildungsmöglichkeiten bemühen oder von vornherein einen höheren Bildungsgrad mitbringen, laut Silicon.de im Alter meist viel weniger um ihren Job bangen als ihre gleichaltrigen Kollegen. Befragt, was sie an ihren älteren Mitarbeitern schätzen, antworteten viele IT-Fachleute, dass sie abgesehen von dem Erfahrungsvorsprung meist "zuverlässiger, pünktlicher und engagierter" seien. "Nicht die graumelierten IT-Experten sind Dinosaurier, sondern die deutschen Personalchefs", resümiert Silicon.de und fügt hinzu: "Eine solche Altersdiskriminierung ist andernorts nicht üblich, in den USA sogar verboten. Das Mutterland der IT macht damit beste Erfahrungen." (kh)

"Graue IT-Panther erhalten die Arschkarte", titelt der Online-Dienst Silicon.de und beschreibt damit die Situation, dass ältere IT-Mitarbeiter immer öfter diskriminiert, herausgemobbt oder bei Entlassungen als erste dran glauben müssen. Das ergab eine Umfrage unter 1.000 IT-Fachleuten. Demnach hat jeder Dritte der Befragten, 42,6 Prozent aus der "kritischen" Altersgruppe 46+, schon einmal die Erfahrung machen müssen, dass auf sie selbst oder auf Kollegen aus Altergründen Druck ausgeübt wurde. Mal erhalten sie keine Weiterbildungsmaßnahmen mehr, werden in unattraktive Jobs abgedrängt und von der Karriereleiter geschubst oder schlicht so lange gemobbt, bis sie von alleine gehen. Bei Bewerbungen haben in den letzten fünf Jahren schon 13 Prozent die Erfahrung machen müssen, dass sie wegen ihres Alters nicht in Frage kamen. Fast 30 Prozent hatten bei einer Ablehnung zumindest den Eindruck gewonnen, dass sie wegen ihres Alters übergangen wurden, ohne dass der potenzielle Arbeitgeber dies explizit so ausgedrückt hat. Je größer die Unternehmen, desto größer ist dieser Tage offenbar der Druck auf die älteren Mitarbeiter. In Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern haben nur 50 Prozent die Beobachtung machen können, dass ältere IT-Fachleute aufs Abstellgleis geschoben werden. In Großunternehmen mit mehr als 5.000 Arbeitern und Angestellten haben hingegen 40 Prozent der Befragten die Erfahrung gemacht oder zumindest den Verdacht, dass die älteren IT-Fachleute abgeschrieben oder nicht ernst genommen werden. Viele jüngere Mitarbeiter sprechen ihren älteren Kollegen einfach die Qualifikation ab und eine Beamtenmentalität zu. Wie stark der Generationenkonflikt in der jugendversessenen IT-Welt sein kann, zeigt sich auch in dem Urteil eines 37-Jährigen über seine älteren Kollegen: "Mitarbeiter ab 50 können eigentlich keine IT-Fachleute sein, weil es zu der Zeit noch keine Computer in der Form gab." Weibliche IT-Experten haben es noch schwerer: Sind sie unter 40 wird ihnen unterstellt, dass sie früher oder später Kinder bekommen und dem Betrieb dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Sind sie über 40, gelten sie als zu alt oder nicht mehr up-to-date. Besonders kritisch wird es laut Silicon.de für IT-Fachleute ab dem Alter von 50. Denn viele von ihnen fallen den Massenentlassungen, die derzeit über die IT-Branche hinwegfegen, als erste zum Opfer. 350.000 Stellen sollen laut Spiegel in diesem Jahr schon gestrichen worden sein. Vier von zehn IT-Fachleuten über 50 sind inzwischen arbeitslos - und das bei einem angeblichen Bedarf von 90.000. Im Schnitt sind bei den Arbeitsämtern 33.000 IT-Fachleute als arbeitslos gemeldet, viele davon über 50. Aber auch immer mehr arbeitslose IT-ler um die 40 machen die bittere Erfahrung, dass sie gegen die Jüngeren oft keine Chance haben. Denn die gelten nicht nur als "biegsamer", sondern sind meist  auch wesentlich billiger. Bertram S. (Name von der Redaktion geändert) kann ein Lied davon singen. Als ehemaliger Senior Product Manager war der heute 38-Jährige Jahresgehälter von rund 200.000 Mark und einen dementsprechenden hohen Lebensstil gewöhnt. Da ein Teil seines Gehaltes auf Komm lief, erhält er nur knapp 3.500 Mark Arbeitslosengeld. Das geht schon schwer ans Eingemachte. Ein halbes Jahr bemüht er sich schon um eine neue Stelle. Doch je mehr Absagen er erhält, desto mehr vertieft sich in ihm das Gefühl, "zu alt für die Branche" zu sein. Ganz so hoffnungslos wie es scheint, ist die Lage für ältere IT-Mitarbeiter nun wieder auch nicht. So müssen IT-Fachleute, die sich um Weiterbildungsmöglichkeiten bemühen oder von vornherein einen höheren Bildungsgrad mitbringen, laut Silicon.de im Alter meist viel weniger um ihren Job bangen als ihre gleichaltrigen Kollegen. Befragt, was sie an ihren älteren Mitarbeitern schätzen, antworteten viele IT-Fachleute, dass sie abgesehen von dem Erfahrungsvorsprung meist "zuverlässiger, pünktlicher und engagierter" seien. "Nicht die graumelierten IT-Experten sind Dinosaurier, sondern die deutschen Personalchefs", resümiert Silicon.de und fügt hinzu: "Eine solche Altersdiskriminierung ist andernorts nicht üblich, in den USA sogar verboten. Das Mutterland der IT macht damit beste Erfahrungen." (kh)

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