Junge Leute und Familien mit Kindern sind besonders technikfreundlich

31.05.2001
Klebte den Internet-Nutzern vor zehn Jahren noch der Geruch von technophilen Studenten, Eigenbrötlern (englisch Nerds) und Lagerfeld-Yuppies an, werden die Deutschen allgemein immer technikfreundlicher. Das ergab eine Studie des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE).

Als Sybille W. aus Berlin Anfang der 90er-Jahre Taiwan besuchte, war sie begeistert, dass dort damals schon praktisch in jedem Tante-Emma-Laden ein PC stand: "Dahingehend leben wir Deutschen ja noch richtig hinterm Mond. Abgesehen von ein paar Informatikstudenten und Yuppies kannst du PC und Internet in Deutschland total vergessen." Mittlerweile dürfte sie ihre Meinung gründlich revidiert haben. Denn laut GfK hat heute schon fast jeder zweite Deutsche im Alter zwischen 14 und 69 Jahren Zugang zum Internet, und auch die Nutzungsintensität nimmt immer mehr zu.

Dass die Deutschen technikfeindlich seien, widerlegt auch eine Umfrage des Inra-Instituts im Auftrag des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE). Demnach sehen 53 Prozent der Bundesbürger die Entwicklung Deutschlands zur Informationsgesellschaft positiv. Das sind immerhin acht Prozent mehr als 1998.

Die Studie zeigt aber auch, dass es noch große soziale Unterschiede gibt und weite Teile der Bevölkerung sich von der Informationsgesellschaft offenbar ausgeschlossen fühlen: Nur 48 Prozent der Frauen und 44 Prozent der Hauptschulabgänger begrüßen die Entwicklung, während bei den technisch Aufgeschlossenen der Anteil der Männer bei 58 Prozent und der von Bürgern mit höherer Schulbildung sogar bei über 66 Prozent liegt.

32 Prozent der rund 1.000 Befragten äußerten sich unentschieden. 1998 waren es noch 40 Prozent, was der VDE als Beweis dafür sieht, dass sich der positive Trend auch in geringerer Skepsis und Unentschlossenheit der Bevölkerung widerspiegle. Nur acht Prozent sehen die Entwicklung zur Informationsgesellschaft eher negativ.

Das Hauptinteresse gilt Bildung und Tele-Arbeit

Bei jungen Leuten bis 34 und bei Familien mit Kindern finden Informations- und Kommunikationstechnik mit 63 und 64 Prozent besonders große Zustimmung. Der VDE schließt daraus, dass die Technikakzeptanz in Zukunft sogar noch steigen dürfte.

Stark gewachsen ist auch das Interesse an den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Auf der Wunschliste ganz oben stehen Bildung mit 40 Prozent, Tele-Working mit 39 Prozent und Informationen über Datendienste mit 38 Prozent. 36 Prozent nannten Tele-Medizin, jeweils 31 Prozent Online-Shopping und Homebanking sowie Verkehrstechnik. 30 Prozent bekun-deten sogar Interesse an einer Vernetzung von TV und PC.

Abgesehen von dem Thema Verkehrstechnik gibt es der Umfrage zufolge kaum noch klare Grenzen zwischen reinen Frauen- und reinen Männern-Domänen. Geschlechtsspezifische Favoriten sind bei Männern mit 43 Prozent PC-gestützte interaktive Fortbildung und bei Frauen mit 40 Prozent Tele-Arbeitsplätze. Der Anteil der Bundesbürger, die sich unter den genannten Anwendungsmöglichkeiten gar nichts vorstellen können, liegt der Umfrage zufolge nur noch bei neun Prozent. Vor drei Jahren waren es noch 33 Prozent. 30 Prozent der Befragten wussten sogar mit dem Begriff UMTS etwas anzufangen.

Trotz der insgesamt steigenden Technikakzeptanz sieht der VDE immer noch großen Informationsbedarf. "Die Informationsoffensive muss weitergehen, um die Chancen der ITK-Technologien noch transparenter zu machen", forderte Gerd Tenzer, VDE-Vorsitzender und Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom, auf der Cebit 2001.

www.vde.de

www.gfk.de

ComputerPartner-Meinung:

Wer will da noch behaupten, dass wir Deutschen technikfeindlich sind oder hinterm Mond leben? Im Vordergrund des Interesses steht der VDE-Studie zufolge für die Mehrheit der Bundesbürger der praktische Nutzen. Was aber zum Denken Anlass geben sollte, ist die Tatsache, dass breite Bevölkerungsteile immer noch von der Informationsgesellschaft ausgeschlossen sind. Das belegt auch der relativ niedrige Anteil von Frauen und Hauptschulabgängern, welche die Entwicklung "eher positiv" sehen. Um die Kluft zu schließen, ist es mit Aufklärung allein nicht getan. Da müssen mehr Einrichtungen her, um auch einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen den Umgang mit dem Computer zu ermöglichen. (kh)

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