Kampf der Messaging-Giganten

14.02.2002
Keiner der beiden marktführenden Anbietern von Messaging-Plattformen ist wirklich günstiger. Während sich jedoch Lotus ins rechte Licht rückt, ärgert sich Microsoft schwarz.

Was die Anschaffung, Installation, Kosten für Systemausfälle und Wartung angeht, ist Lotus Notes R5 günstiger als Microsoft Exchange 2000. Über einen Betriebszeitraum von drei Jahren jedoch erweist sich Microsofts Messaging-Plattform als die billigere Alternative, wenn man die Gesamtkosten (Total Cost of Ownership, TCO) betrachtet. Soweit das Ergebnis einer Studie der Radicati Group, eines Beratungs- und Marktforschungsunternehmens, das sich auf den Bereich Messaging spezialisiert hat.

Gemeinsam haben IBM und Microsoft den Vergleichstest in Auftrag gegeben und jeweils zur Hälfte finanziert. Die beiden Unternehmen wollten die Gesamtkosten ihrer Systeme ermitteln und einander gegenüberstellen. Einen eindeutigen Gewinner kann die Studie jedoch nicht präsentieren.

Die Kosten einzelner Bereiche differieren zwar teilweise um bis zu 200 Prozent, aber im Dreijahresdurchschnitt liegen die TCO sehr nahe beieinander. Beispielsweise verursachen Ausfälle von Exchange-Systemen Kosten in Höhe von durchschnittlich 69,72 Dollar pro User und Jahr, während bei Notes lediglich 20,73 Dollar anfallen. Die TCO für Exchange liegen jedoch mit 217,93 Dollar pro User nur knapp unter dem jährlichen Gesamtausgaben für Lotus von 220,84 Dollar. Jede Plattform hat also unterschiedliche Kostenvorteile.

IBM stellt die Bereiche, in denen Notes besser abschneidet, in den Vordergrund und sich selbst als Gewinner dar. Das Ergebnis der Studie und die Mitteilung von Lotus haben Microsoft offenbar dermaßen geärgert, das der Softwarekonzern die Methodologie und das Ergebnis des zur Hälfte selbst bezahlten Vergleichstests im Nachhinein anzweifelt.

Microsoft ist mit einigen Behauptungen und Annahmen der Studie nicht einverstanden. Die Redmonder bemängeln, dass die Kosten von jeweils lediglich fünf Unternehmen verglichen wurden. Dies sei zu wenig. Zudem sei die angegebene ungeplante Ausfallzeit von Exchange-Servern mit 9,6 Stunden unerwartet hoch.

Bereits 1998 hat die Radicati Group die beiden Messaging-Systeme miteinander verglichen. Damals lagen die durchschnittlichen TCO bei dreijährigem Betrieb für Exchange bei 64,93 Dollar und für Notes bei 166,66 Dollar. Microsoft fragt sich nun, ob die TCO von 1998 bis 2001 dermaßen ansteigen konnten, und verweist gleichzeitig auf eine Studie der Meta Group. Die darin errechneten Total Cost of Ownership für Exchange liegen bei 136 Dollar. Da hier die Kosten für das Help Desk nicht enthalten sind und die Meta Group andere Annahmen trifft, lassen sich die Ergebnisse der beiden Studien jedoch nur schwer miteinander vergleichen.

www.radicati.com

ComputerPartner-Meinung:

Statt die Studienergebnisse dafür zu nutzen, die eigenen Stärken hervorzuheben und Schwächen zu erkennen, verhalten sich die Verantwortlichen von Microsoft wie beleidigte Kinder, getreu dem Motto: Wir sind eh besser, und wenn jemand das Gegenteil beweist, geht er von falschen Annahmen aus. Microsoft kann von Lotus noch viel lernen. Obwohl die IBM-Tochter nicht als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgeht, setzt sie die eigenen Vorteile gekonnt in Szene und stellt sich als Gewinner dar. (ce)

Messaging - Total Cost of Ownership

Die Prämissen der Radicati-Group-Studie

IBM und Microsoft finanzierten die Studie zu jeweils gleichen Teilen: Die Radicati Group führte Ende vergangenen Jahres eine Umfrage unter zehn Unternehmen durch, die zu den größten 1.000 Konzernen weltweit zählen. Fünf davon nutzen IBM/Lotus Notes 5.5, die andere Hälfte setzt Microsoft Exchange 2000 ein. Auskunftspersonen waren Senior-Manager, Administratoren, Telekommunikationsfachleute und IT-Manager mit Kenntnissen im Messaging-Bereich.

Bei den Ausgewählten handelte es sich um Unternehmen aus Westeuropa, Asien und den USA, die aus den Bereichen Bank- und Finanzdienstleistungen, Bildung, Lebensmittel und Versicherung kamen. 15 Prozent der Unternehmen verfügen über 15.000 bis 25.000 User. Bei 38 Prozent der Befragten sind mehr, bei 46 Prozent weniger Mitarbeiter an das Messaging-System angeschlossen.

Das Gehalt eines Messaging-Administrators wurde mit 120.000 Dollar pro Jahr festgelegt, das eines Helpdesk-Mitarbeiters mit 70.000 Dollar. Das Durchschnittsgehalt eines Users ist mit 60.000 Dollar pro Jahr angegeben.

Weiter traf die Radicati Group die Annahme, dass 35 Prozent der User ab dem ersten Jahr der Installation mit dem System arbeiten und jedes Jahr weitere 25 Prozent hinzukommen. Die Schulungskosten des ersten Jahres sind höher als die Schulungskosten der darauffolgenden Jahre - dies hatten die Interviewpartner angemerkt.

Die durchschnittlichen Gesamtkosten (Total Cost of Ownership) pro User und Jahr sind aus den Durchschnittskosten im ersten, zweiten und dritten Jahr abgeleitet. (ce)

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