Kampf um CAD-Händler: Autodesk-Rivale PTC verspricht fette Margen

26.06.2003
Diese Partnerschaft war ein kleiner Skandal: Nachdem die Weßlinger Mensch und Maschine AG jahrelang exklusiv mit Autodesk verbandelt war, holte sich der Disti Ende 2002 PTC als zweiten CAD-Anbieter ins Haus. Seit März ist man im Markt aktiv und will neue Partner jetzt mit attraktiven Margen und kostenloser Ausbildung locken.

In der Branche wurden sie fast schon als Einheit betrachtet: Der Weßlinger Distributor Mensch und Maschine (MuM) und der CAD-Spezialist Autodesk. Kein Wunder, denn der Großhändler ließ die Finger von Konkurrenzprodukten und fühlte sich jahrelang exklusiv an den Hersteller gebunden. Bis November 2002: Autodesk kündigte an, seinen Direktvertrieb ausbauen zu wollen, gründete für die Kundenbetreuung sogar eine neue Unit. Mensch und Maschine revanchierte sich: Der Disti schuf sich - neben eigener Software und Autodesk-Produkten - ein drittes Standbein und nahm mit der US-Firma Parametric Technology Corporation (PTC) einen zweiten CAD-Anbieter an Bord.

Das war in der Branche ein kleiner Skandal, Autodesk reagierte erwartungsgemäß sauer, drohte mit Rückzug aus der Partnerschaft. Auch einige Händler zeigten sich irritiert. Doch inzwischen haben sich die Wogen geglättet, wie der MuM-Manager Erwin Burth versichert. Die Drohgebärden aller Beteiligten gehörten der Vergangenheit an, man sei inzwischen eher bei "Versöhnungsaktionen" angelangt.

Das Trio setzt auf Harmonie und Schweigen

Von einer Retourkutsche für den Direktvertrieb will man bei MuM heute jedenfalls nichts mehr wissen: "Wir haben mit der PTC-Partnerschaft vor allem dem Wunsch vieler Händler nach mehr Neutralität entsprochen", sagt Burth. MuM sei zufrieden: Autodesk habe sein Geschäft nicht zurückgefahren, die neue Partnerschaft entwickle sich ebenfalls positiv. Wie sich die Drei-Säulen-Strategie auf die Umsätze auswirkt, mag Burth allerdings nicht sagen: "Das wird sich erst in den nächsten ein bis zwei Quartalen niederschlagen, wir sind mit PTC ja erst seit März am Markt aktiv."

Auch bei Autodesk verliert man heute kein böses Wort mehr über den Disti - und vorsichtshalber gar keins über den Konkurrenten PTC. Der findet Wettbewerb indessen "total gesund", wie Volker Smid, Senior Vice President General Business Europe bei PTC, versichert. "Es gibt bei Software-Vertriebspartnerschaften keinen Anspruch mehr auf Exklusivität. Das war zwar mal so, ist aber aufgrund der Markentwicklung einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Entwicklung hat der Hardwaremarkt bereits hinter sich. Da wundert sich heute auch keiner mehr, dass ein Distributor mehrere Hersteller im Portfolio hat - im Gegenteil."

PTC hat sicher keinen Grund zur Klage. Schließlich profitiert der in Deutschland eher unbekannte Marktteilnehmer derzeit von den guten Händlerkontakten, über die MuM verfügt. So lud der Disti seine Kunden im April zum gemeinsamen "Händler-Rekrutierungs-Event" nach Weßling ein. 35 Prozent der Partner, die sich für PTC-Produkte interessierten, haben auch Autodesk im Portfolio.

Attraktive Margen, kostenlose Ausbildung

Erst seit März sei man operativ gemeinsam am Markt, erzählt Smid, habe seitdem bereits 45 neue Partner für PTC gewonnen: "Das zeigt, dass wir das richtige Angebot und die richtigen Produkte haben", so der Manager. Das richtige Produkt ist seiner Ansicht nach natürlich das neueste aus dem Hause PTC: "Mit ,Wildfire’ sind wir nicht nur wettbewerbsfähig, sondern besser als die anderen", sagt Smid. Überzeugen soll die Händler aber nicht nur die Produktqualität, sondern auch eine kostenlose Qualifizierung und ein attraktives Margenmodell: "Der Händler lebt nun mal davon, dass er leben kann", philosophiert Smid. "Und wir wollen nicht riskieren, dass er sich für ein schlechteres Produkt entscheidet, nur weil es dort vielleicht mehr Marge gibt", lockt Smid die Interessenten. Als Seitenhieb gegen Autodesk sei das aber nicht gemeint, versichert er. Er sieht PTC und den Keyplayer eher auf "einer Augenhöhe beim Kunden".

Rund 35.000 Kunden hat PTC nach eigenen Angaben weltweit, zehn Prozent davon in Deutschland. Etwa 5.000 lässt der einstige Direktvermarkter noch von seinen Mitarbeitern betreuen, die restlichen 30.000 laufen ausschließlich über den indirekten Kanal. "Wir sind bei CAD mittlerweile in einem Preissegment angekommen, wo Direktvertrieb nicht mehr das richtige Mittel ist", sagt Smid vorsichtig. Zumal die Marktentwicklung das ansonsten durchaus stabile Unternehmen PTC zur Restrukturierung zwang. Seit rund zwei Jahren ordne PTC "sein Haus neu", erzählt Smid. 2002 habe man 752 Millionen Dollar Umsatz gemacht. Man habe keine Schulden, sondern noch 220 Millionen auf der Bank und gehe davon aus, bald auch wieder profitabel zu arbeiten. Vorausgesetzt natürlich, die positive Entwicklung setze sich fort. "Wir haben 85 Prozent unserer Kunden im indirekten Kanal. Wir sind darauf angewiesen, dass es funktioniert."

www.autodesk.de

www.mum.de; www.ptc.com

www.wildfire-europe.com

ComputerPartner-Meinung

Für PTC, MuM und die Händler ist die Entwicklung positiv: PTC freut sich über einen starken Partner, MuM stabilisiert seine Existenz mit einem dritten Standbein, und die Händler treten beim Kunden neutraler und damit glaubwürdiger auf. Die Gelegenheit, in PTC-Know-how zu investieren, könnte aufgrund der kostenlos angebotenen Qualifizierung nicht günstiger sein. (mf)

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