Kampf um Marktanteile und rapider Preisverfall dominieren TFT-Geschäft

07.09.1998

MÜNCHEN: Der deutsche Monitor-Markt wird in diesem Jahr nicht so wachsen, wie die Branche noch Ende 1997 angenommen hatte. Schuld daran sind zum einen ein rapider Preisverfall quer durch alle Bildschirm-Produktsegmente, hervorgerufen durch die Asienkrise und Einbrüche im PC-Geschäft. Zum anderen bleibt der erhoffte Durchbruch der TFT-Bildschirme auch 1998 noch aus."Wenn wir Glück haben, wird der deutsche Monitormarkt 1998 gerade mal um zwölf Prozent wachsen", prognostiziert ein High-end-Anbieter. Denn die beiden auf der Cebit noch beschworenen "neuen Absatzchancen der Branche" - 19-Zöller für den CRT-Bereich und TFT-Monitore - werden vom Markt nur zögerlich akzeptiert. Begründung: "Platzersparnis ist für unsere Kunden zwar ein wichtiges Argument, aber die meisten sind geschockt, wenn wir ihnen die Preise der Flachbildschirme verraten", stellt Wolfgang Ostertag, Kundenberater Hardware von der Digihaus GmbH in Berlin, fest.

Deshalb bleiben die verkauften Stückzahlen bisher auch hinter den Erwartungen der Anbieter zurück. Und das, obwohl sich die Preisschraube für Monitore schnell nach unten dreht - quer durch alle Produktsegmente. Schuld am rapiden Preisverfall ist die Währungskrise in Asien, Absatzeinbußen der PC-Hersteller und der Kampf um Marktanteile gerade im TFT-Produktbereich - obwohl das Kunden-potential noch gar nicht existiert.

Retrailgeschäft lockt zwecks Marktabdeckung

Um die Lage in den Griff zu bekommen, kontern die Hersteller mit Billigangeboten - selbst im hochwertigen Monitor-Geschäft - und dem verstärkten Einstieg bei den Retailern. Nach Samsung und Miro folgt jetzt NEC, wenn auch unter Vorbehalt: "Uns geht es um eine Komplettierung unseres Absatzgeschäftes - insgesamt wollen wir nur zehn Prozent über den Retailkanal abwickeln. Der Fokus bleibt beim Fachhandel", erklärt Peter Bundgard, General Manager für Display Systems bei der NEC Deutschland. Für den beratungsintensiven TFT-Bereich engagiert sich das Unternehmen auch mit Verkaufs- und Technik-Trainings sowie eigener Retailhotline für die Mitarbeiter im Massenverkauf.

Die Ausweitungen von Service- und Garantieleistungen sowie speziellen Leasingkonzepten für den Fachhandel, wie beispielsweise Iiyama und Acetebis sie anbieten, sprechen für heiße Phasen im Projektgeschäft. So bekam NEC auf sein "Rund-um-sorglos-Paket" laut Bundgard eine "Riesen-Resonanz". Zum Beispiel bietet der Hersteller 300 Mark Vergütung für funktionierende 17-Zoll-Altmonitore oder recycelt defekte Geräte bei Projektaufträgen. Ab 1. Juni wurde auch der Mittelstand für Geschäfte ab 100 Monitoren in dieses Safety-Package eingebunden, wobei die Koordination weiterhin über den Fachhandel laufen soll.

Noch kein Durchbruch für TFTs in Sicht

Sorgenkind der Branche insgesamt bleibt das TFT-Segment. Vom Durchbruch im Großkundengeschäft - an den Endverbrauchermarkt wagt noch kein Anbieter zu denken - kann absolut nicht die Rede sein. Gängige Aussage der Hersteller dazu: "Unseren Hauptumsatz machen wir weiter im CRT-Bereich. Das Wachstumspotential der Zukunft liegt aber klar bei den LC-Displays."

Der Fachhandel verhält sich aus zwei Gründen der neuen Technologie ge

genüber zurückhaltend, meinen die Anbieter: Erstens ist die Lagerhaltung schwierig, weil die Produkte noch zu teuer sind, und zweitens kämpfen einige Hersteller immer noch mit Lieferschwierig-keiten wegen Qualitätsproblemen.

Eigentlich spricht ja einiges für die Flachbildschirme: halbierter Stromverbrauch durch weniger Strahlung, ergonomische Vorteile und eine längere angenommene Lebensdauer von fünf Jahren gegenüber drei Jahren bei CRTs. Letztendlich dreht sich aber auch bei finanzstarken Großkunden alles um den Preis der Produkte. "Großkunden zeigen eine höhere Einkaufsrationalität als früher. Es geht nicht mehr nur um größere und bessere Monitore, sondern auch darum, was Hardware-Anschaffungen heute kosten", urteilt Gerhard Hundt, Vertriebsleiter bei Raab Karcher für Eizo-Produkte.

Die Prognosen der Hersteller, wann endlich Geld mit den Flachbildschirmen zu verdienen sein wird, sind deckungsgleich: "Erst wenn die Flachbildschirme eineinhalb Mal soviel kosten wie die CRTs, werden wir Stückzahlen verkaufen, die sich lohnen", resümiert Stefan Mennecke, Iiyama Marketing Manager, stellvertretend auch für seine Wettbewerber. Bei seinem Unternehmen werden die LC-Displays 1998 gerade mal fünf Prozent vom Gesamtverkauf ausmachen. In diese Richtung geht auch eine Prognose des Marktforschungsinstituts Dataquest: 50 Prozent Marktanteil weltweit sagen die Analysten den Flachbildschirmen voraus, wenn die Preise die von Mennecke genannte Schallgrenze erreichen. Bis zu diesen traumhaften Prozentzahlen scheint es aber noch ein langer Weg zu sein, denn weder Handel noch Hersteller rechnen in diesem Jahr mit dem Absatz von Riesenstückzahlen (siehe dazu Kasten links unten).

Preisentwicklung der LCDs ist noch nicht einschätzbar

"Bei den LC-Displays haben wir im Moment einen Preisverfall von zehn Prozent im Monat - im vierten Quartal werden sich die Preise dann langsam stabilisieren", hofft Willi Lohrke, Sales Manager Westeuropa bei View Sonic in Willich.

Aggressiver formuliert es Michael Grote, Product Manager bei Acer in Hamburg: "Wir wollen das Projektgeschäft im LCD-Bereich aktiv und offensiv angehen - und dazu gehört eine entsprechende Preispolitik."

Auch nicht-asiatische Anbieter bekommen den Preiskampf zu spüren, denn die Bildröhren kommen aus Japan und die Preise gehen im Zuge der Yen-Abwertung immer weiter nach unten: "Mit dem Preiskampf soll zwar der deutsche LCD-Markt angekurbelt werden, aber teilweise ist bei den asiatischen Herstellern kein rationales Verhalten mehr erkennbar. Es geht hier ganz klar auch um das Einfahren harter Devisen - teilweise mit Dumpingpreisen, die unter den Herstellerkosten liegen", kommentiert Thomas Kaiser, Director Product Marketing für Zentraleuropa bei Nokia in München, das Verhalten der Mitbewerber.

Auch Sony zeigt wenig Verständnis für diese Strategie: "Im LCD-Sektor tut sich einiges. Der Kampf um Marktanteile ist hier voll im Gang. Gerade die 14-Zoll-TFTs werden zu Herstellerkosten oder darunter verschleudert, um den Fuß in die Tür zu kriegen", sagt Guido Karbautzki, Produkt Manager Information Technology in Köln. Deshalb spart das Unternehmen die 14-Zöller ganz aus. Sony steigt erst Anfang Juli mit einem 15-Zoll-TFT-Produkt in den heißumkämpften Markt ein. Stückzahlenkönig Maxdata hält dem Preiskampf entgegen: "Wir bieten 14-Zöller im TFT-Segemt unter 2.000 Mark an - und verdienen Geld damit", preist Unternehmenssprecher Stefan Guth die Belinea-Produkte. Denn generell gehe man von einer 20-prozentigen Marge aus.

Kunden wollen nur 15-Zoll-TFTs

Das Problem ist, daß die Preisschlacht mit den 14-Zöllern nichts bringt. Denn: "13,8- oder 14-Zoll-Displays will der deutsche Markt nicht. Der Fokus liegt klar auf 15-Zoll-LC-Displays, weil diese Größe den normalen 17-Zoll-Bildröhrenmonitoren entspricht, und kein Anwender will sich bei der Bildschirmgröße verschlechtern", schätzt Thomas Lepsky, Product Manager bei Miro in Braunschweig. "Bei den 14-Zöllern stehen die Anbieter ganz klar vor dem Problem der Überproduktion und damit der kostspieligen Lagerhaltung. Diese Schwierigkeit besteht bei den 15-Zöllern nicht; außerdem hält sich hier der Preisverfall in Grenzen", sagt Bundgard von NEC. Eizo sieht das anders: "Bei den 15-Zöllern werden die Überkapazitäten der Anbieter ebenfalls über den Preis abgebaut. Hier herrscht das Marktgesetz: Je billiger die Produkte werden, desto stärker wird auch die Nachfrage", meint Hundt.

Stückzahlen im 19-Zoll-Geschäft sind noch mager

Ein anderes Problemgeschäft der Branche sind die auf der Cebit so hoch gepriesenen neuen 19-Zoll-Größen im klassischen CRT-Bereich. Der Markt verhält sich bisher noch zurückhaltend. "Mit den Stückzahlen im 19-Zoll-Geschäft ist im Moment noch kein Hersteller glücklich", bringt es Stefan Dammer, von Mitsubishi in Ratingen, auf den Punkt. Die Gründe: "Das Geschäft verläuft noch gedämpft, weil wir erstens einen rapiden Preisverfall im 17-Zoll-Bereich haben und zweitens haben die Anwender noch nicht verstanden, wie sie die neuen Produkte nutzen können", sagt Nokia-Mann Kaiser. Ein Berliner Händler meint aber: "19-Zöller verkaufen wir fast ausschließlich für den CAD-Bereich - für kaufmännische Anwendungen reichen den Kunden 17-Zoll-Geräte."

Aber - und da ist man sich auf Herstellerseite fast einig - die 19-Zöller sind ein Wachstumsmarkt, weil die Anbieter in diesem Bereich verstärkt innovativ werden. "Hier tut sich technologisch einiges, wie die verkürzte Bauweise, das Streifenmasken-Angebot und der verfeinerte Lochabstand zeigen", erklärt Markus Schmitz, Product Marketing Manager bei View Sonic.

Welchem Produktsegment die neue Größe nun Konkurrenz macht, scheint noch umstritten. "Der 19-Zoll-Markt ist noch nicht mit dem Volumen der High-end-17-Zöller zu vergleichen. Das erwarten wir auch nicht, weil sich die Kunden dann eher für TFT-Geräte entscheiden werden", sagt Kabautzki von Sony voraus. Aber: "19-Zöller werden im vierten Quartal bereits für 1.800 Mark angeboten werden - damit bleibt die Preisschere zu den 15-Zoll-LCDs bestehen", meint Kaiser. Bei den Stückzahlen wird bisher nur Eizo konkret: Das Unternehmen rechnet bis Ende des Jahres mit 2000 verkauften 19-Zöllern pro Monat. In der zweiten Hälfte des letzten Jahres verkaufte der Gesamtmarkt 20.000 Geräte der neuen Größe - in diesem Jahr könnten es dann 100.000 werden, schätzen Branchenkenner.

Fokus für 1998 bleibt der 17-Zoll-Markt

An der Verkaufsfront für die klassischen Bildröhrenmonitore 15- und 17-Zöller gibt es nicht viel Neues. Der Fokus für Endkunden und Projektgeschäfte bleibt weiter der 17-Zoll-Bereich. Obwohl: "Für das Business-Geschäft mit hohen Stückzahlen bleiben 15-Zöller interessant, aufgrund des Preisverfalls. Trotzdem steigen die Stückzahlen von 17-Zöllern, und 15-Zöller sind rückläufig", stellt Dammer von Mitsubishi fest. "Bei 15-Zoll-Geräten gehen die Preise runter wie nichts, die gibt's bald für 300 Mark im Handel", meint Schmitz von View Sonic. Auch beim Preiskarussel rund um die 17-Zöller sieht es nicht besser aus: "17-Zoll-Monitore werden bereits für 500 Mark angeboten, das waren mal die Preise für 15-Zöller", schließt sich Guth von Maxdata an. (ch)

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