Kampf um neuen Floppy-Standard bei PCs

05.03.1996
MÜNCHEN: Iomega, 3M und Matsushita führen einen Wettkampf um den neuen Standard bei Diskettenlaufwerken für PCs. Noch ist unklar, wer als möglicher Sieger die Ziellinie überquert.Jede Applikation und Peripherie in und um den PC herum wird leistungsstärker und schneller - nur das Diskettenlaufwerk nicht. So ungefähr läßt sich die Entwicklung auf dem Markt für Floppy-Drives in den letzten zehn Jahren beschreiben. Obwohl die Disketten im 3,5-Zoll-Format handlicher und stabiler geworden sind, läßt das Speichervolumen von 1,44 MB noch zu wünschen übrig.

MÜNCHEN: Iomega, 3M und Matsushita führen einen Wettkampf um den neuen Standard bei Diskettenlaufwerken für PCs. Noch ist unklar, wer als möglicher Sieger die Ziellinie überquert.Jede Applikation und Peripherie in und um den PC herum wird leistungsstärker und schneller - nur das Diskettenlaufwerk nicht. So ungefähr läßt sich die Entwicklung auf dem Markt für Floppy-Drives in den letzten zehn Jahren beschreiben. Obwohl die Disketten im 3,5-Zoll-Format handlicher und stabiler geworden sind, läßt das Speichervolumen von 1,44 MB noch zu wünschen übrig.

Dies soll jetzt anders werden. Der Hersteller 3M, Spezialist für Wechselspeichermedien, hat in Kooperation mit Matsushita Kotobuki Electronics (MKE) ein Diskettenlaufwerk mit der Bezeichnung LS 120 zur Marktreife entwickelt. Das Produkt nutzt 3,5-Zoll-Disketten mit einer Speicherkapazität von 120 MB bei einer Datentransferrate von maximal 565 KB pro Sekunde. Damit ist das Gerät laut Hersteller fünfmal schneller als die bisherigen Standard-Laufwerke. Der besondere Clou des LS 120 ist die Abwärtskompatibilität zu den 720-KB- und 1,44-MB-Disketten, die mit dem neuen Speichermedium ihre Lese- und Schreibgeschwindigkeit ebenfalls verdreifachen. "Die zirka 30 Mark teuren 3,5-Zoll-Floppies mit 120 MB Kapazität besitzen nur eine andere Öffnung als die bereits im Markt befindlichen Disketten und sind sonst von ihren Ausmaße her identisch mit den Vorgängern", erklärt Judith Brenke, verantwortlich für das Marketing von Datenspeicher-Produkten bei der 3M Deutschland GmbH in Neuss. Zusammen mit Matsushita versucht 3M auf diese Weise "einen weichen Übergang" von einem Floppy-Standard zum nächsten herzustellen.

Preispolitik der PC-Anbieter ist noch offen

Vor 1997 ist das Laufwerk als externe Version mit IDE- (PC) und SCSI-Schnittstelle (Macintosh) wohl nicht erhältlich, da die beiden Kooperations-Partner exklusiv mit Compaq Computer als Trio den deutschen Markt erobern wollen. Ab dem dritten Quartal 1996 stattet der PC-Marktführer seine kommerziellen Rechner-Modelle (Deskpro, Pro Linea) vereinzelt mit LS- 120-Laufwerken aus. Wie sich diese Produktveränderung auf die Preispolitik von Compaq auswirkt, dazu will das Unternehmen noch keine Angaben machen. Robert Eiselt, Produkt Manager für PC-Applikationen bei Compaq in Dornach, erläutert die Situation: "Natürlich müssen wir eigentlich für die neuen Laufwerke einen Aufpreis bei unseren PCs verlangen, da die Speichergeräte ungefähr 350 Mark kosten. Denkbar wäre allerdings auch, daß wir in einer Markteinführungsphase nur relativ geringe Preissteigerungen durchführen, damit sich das LS 120 als Standard gegenüber dem weitaus günstigeren 1,44-MB-Laufwerk etablieren kann. Entschieden ist noch nichts."

Auch Ingo Schmidt, Verkaufsleiter für Computerperipherie bei Panasonic in München, sieht den Wettbewerb für neue Speichermedien bei PCs erst am Anfang. Die Tochtergesellschaft des Matsushita-Konzerns übernimmt in Deutschland die Distribution der neuen Floppy-Drives und soll diese verstärkt in den OEM-Kanal hineinbringen. "Neben der bereits vereinbarten Zusammenarbeit mit Compaq haben wir noch zahlreiche Verhandlungen mit PC-Anbietern und Herstellern laufen, die das neue Laufwerk in ihre Rechnermodelle integrieren wollen oder als OEM-Kunden selber vermarkten", so Schmidt. Wer die jeweiligen Verhandlungspartner sind, dazu wollte sich der Panasonic-Manager nicht äußern. Eines steht für den Verkaufsleiter allerdings außer Frage: "Unser Laufwerk ist mit zirka 350 Mark auf jedenfall um einiges teurer als die bisherigen 1,44-MB-Floppies. Da braucht man sich nichts vormachen. Wie die einzelnen PC-Anbieter ihre jeweilige Preispolitik mit dem neuen Laufwerk gestalten, darüber kann man heute noch nicht viel sagen."

Srini Nageshwar, Geschäftsführer der Iomega GmbH in Freiburg, sieht dem Treiben der Troika 3M, Panasonic und Compaq recht gelassen entgegen. Iomega kann seit August letzten Jahres bereits seine ZIP-Laufwerke über den Handel in Deutschland anbieten. Das Gerät verarbeitet 100-MB-Disketten (Preis: knapp 30 Mark) in einem neuentwickelten 3,5-Zoll-Format. Eine Abwärtskompatibilität zu bisher im Markt befindlichen 3,5-Zoll-Speichermedien ist allerdings nicht gegeben. "Wir haben das ZIP-Laufwerk zur CeBIT 1995 eingeführt. Die Nachfrage nach diesem Produkt war so groß, daß wir erst ab August die entsprechenden Stückzahlen dem Handel zusagen konnten", erläutert Nageshwar die anfänglichen Lieferschwierigkeiten. Das Unternehmen rechnete mit einem weltweiten Absatz der Wechsellaufwerke in einer Größenordnung von 100.000 bis 200.000 Stück jährlich. Die Bilanz für das erste Jahr überschreitet diesen Forecast bei weitem: Eine Million ZIP-Drives und zehn Millionen Disketten hat Iomega seit der Markteinführung verkauft.

Anders als die Mitwettbewerber vermarktet der Speicherspezialist seine Produkte zum Preis von zirka 350 Mark vorerst als externes Laufwerk für PC und Macintosh, da nach Ansicht des Vice President so am besten gewährleistet ist, "daß unsere Floppies der Standard für die nächste Laufwerkgeneration in PCs sind." Seit der CeBIT 1996 verkauft Escom in Deutschland die ZIP-Produkte auch als internes Laufwerk (IDE-Version) für ihre Rechner. Der Aufpreis für einen PC mit der 120-MB-Floppy liegt bei knapp 200 Mark. Wie ein Unternehmenssprecher von Iomega offiziell mitteilte, sollen ab dem zweiten Quartal 1996 weitere führende Hersteller und Distributoren das ZIP-Laufwerk als interne Option für zirka 200 Mark Aufpreis anbieten. Dies ist die Preismarke, mit der die Speicherspezialisten langfristig den Floppy-Markt erobern wollen.

Strategische Vorteile hinsichtlich einer Abwärtskompatibilität bei den

LS-120-Drives schätzt Nageshwar als äußert gering ein: "Auch in Zukunft wird weiterhin jeder PC ein 1,44- MB-Laufwerk in seinem Lieferumfang integriert haben, ohne daß die Rechner dadurch billiger oder teurer werden. Außerdem wissen wir aus Erfahrung, daß die meisten Benutzer sich keine neue Floppy-Technik kaufen, um dann veraltete Disketten mit dem Gerät abzuspielen. Erste Priorität beim Kunden hat der Preis, den er für den zusätzlichen Nutzen auf den Tisch legen muß. Und da haben wir gegenüber 3M einen Vorsprung und konnten bereits einige Erfahrung hinsichtlich der Kundenakzeptanz im Markt sammeln."

LS-120-Laufwerk nutzt Floptical-Technik von Iomega

Der Top-Manager bei Iomega kann die Situation bei den Kontrahenten sicherlich ganz gut einschätzen, hat doch 3M für sein LS-120-Produkt die Technologie der Floptical-Laufwerke vom direkten Konkurrenten übernommen und ausgebaut. Ursprünglich sollten die Floptical-Produkte von Iomega eine Speicherkapazität von 21 MB bieten und 1993 auf den Markt kommen. Das Projekt wurde allerdings bei Iomega aufgegeben, da das Unternehmen feststellte, "daß die Speichermedien durch ihre aufwendige Technik nicht einen Marktpreis erreichen können, der in Konkurrenz zu den Preisen der 1,44-MB-Floppy steht", erklärt Nageshwar den Rückzug von Iomega aus der Floptical-Technologie. "Wir sind daher äußerst zuversichtlich, daß 3M und Matsushita den Wettbewerb nicht über eine agressive Preispolitik gewinnen können", faßt der Geschäftsführer und Europa-Chef die momentane Situation beider Kontrahenten zusammen. Auch mit dem Jaz-Laufwerk will Iomega im High-End-Bereich Akzente setzen. Als interne Version soll das Produkt ab April für knapp 1.000 Mark im Handel erhältlich sein und einen GB Speicherkapazität bieten. Ein externes Modell soll "in den nächsten Monaten folgen" und preislich bei zirka 1.200 Mark liegen. Für die 3,5-Zoll-Disketten muß der Endanwender um die 200 Mark auf die Ladentheke legen. Angesichts dieser Produktoffensive prophezeit Nageshwar für seinen Arbeitgeber eine wachstumsintensive Entwicklung: "Der PC der Zukunft besitzt eine kleine Festplatte für Systemsoftware und Applikationen. Alle anderen Daten kann der User dann mit einem integrierten ZIP- und JAZ-Laufwerk verwalten."

Sony ist im Massenmarkt vorerst nicht dabei

Still geworden ist es um einen Mitwettbewerber, der noch vor zirka zwei Jahren hoffte, mit seinem MD Data-Laufwerk eine feste Größe im Floppy-Markt zu werden. Heute sieht die Realität für Sony aber anders aus, und der sonst für innovative Produkte bekannte japanische Multi-Konzern versucht, für sein 2,5-Zoll-Diskettenlaufwerk (140 MB Speicherkapazität) einen Nischenmarkt zu finden. "Mit unserem batteriegetriebenen, magneto-optischen Laufwerk liegen wir bei einem Preis um die 1.000 Mark und können daher nicht direkt mit den neuen Produkten von Iomega und 3M sowie Matsushita konkurrieren", gibt Georg Albach, Marketing Manager Computer Peripherie bei Sony in München, offen zu. Über verkaufte Stückzahlen wollte der Sony-Mann überhaupt nicht reden. Trotz aller Nackenschläge im Markt für Speichermedien setzt Gerlach aber für die Zukunft auf den mobilen PC-User: "Wir erhoffen uns Wachstumschancen im portablen Rechnermarkt , da unser Produkt - anders als die neuen externen 3,5-Zoll-Laufwerke - mit Akkus arbeiten und so für Laptop-User von Interesse sein könnten."

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