Kann Japans I-Mode ein Vorbild für Europa sein?

31.05.2001
Angesichts der schwierigen Weltwirtschaftslage und einer zunehmenden Marktsättigung haben sich die Handy-Hersteller bei den erwarteten Umsätzen ordentlich verschätzt. GPRS und UMTS sollen das Geschäft wieder ankurbeln. Doch wieviel ist der Kunde bereit, dafür zu bezahlen?

Im Jahr 2000 wurden laut Nikkei Market Access weltweit 427,12 Millionen oder 54 Prozent mehr Mobiltelefone produziert als im Boom-Jahr 1999, in dem die Zuwachsrate sogar bei 77 Prozent lag. Wie eine Analyse des japanischen Marktforschungsinstituts für die letzten Monate ergab, wird die Wachstumskurve in diesem Jahr massiv einbrechen. Demnach ist in diesem Jahr nur mit einem Produktionszuwachs von zehn Prozent auf 471,32 Millionen Handys zu rechnen.

Lagen die Zuwachsraten im ersten Quartal 2000 noch bei 71 Prozent über Vorjahresniveau, waren es in den ersten drei Monaten dieses Jahres nur noch magere sechs Prozent. Mit einer Erholung ist laut Nikkei Market Access mit der Einführung von GPRS erst in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg des mobilen Paketdatendienstes ist aber ein breites Angebot von neuen, innovativen Mobilfunkgeräten. Als leuchtendes Beispiel sehen die europäischen Betreiber den Erfolg des japanischen NTT-Docomo-Kindes I-Mode. Die niederländische E-Plus-Mutter KPN Mobile und der italienische Anbieter TIM haben sich sogar schon mit NTT Docomo zusammengetan, um I-Mode-Services auch in Europa anzubieten.

Was entscheidet: Technologie oder der Preis?

"Einfach traumhaft", schwärmt TK- und Internet-Qualitätsprüfer Qualiope: "Das Handy aus dem Land der aufgehenden Sonne ist weitaus nützlicher oder auch unnützer als das unsrige. Die gesamte Bandbreite an Multimediaanwendungen steckt bereits heute in japanischen Taschen." Während es NTT Docomo gelungen sei, Hindernisse zu überwinden, um die existierende Technologie am besten zu nutzen, habe Europa in den letzten Monaten unter dem Eindruck der teuren UMTS-Lizenzen gestanden. Qualiope rechnet vor: 7,6 bis 15,3 Milliarden Euro muss jeder europäische UMTS-Betreiber über zwei bis drei Jahre in die neue Technologie investieren. Angenommen, 50 Prozent von jeweils 60 Millionen potenziellen Nutzern, die bereits über ein GSM-Handy verfügten, ließen sich verführen, auf UMTS umzusteigen, dann müsste jeder Einzelne in diesem Zeitraum 1.260 bis 2.550 Euro berappen. Wer so viel auszugeben bereit sei, müsse natürlich wissen, wofür. Allerdings habe die Erfahrung gezeigt, dass jede Technologie ihre Verwendung finde, wenn auch nicht immer im Sinne des Erfinders. Das gute alte Telefon zum Beispiel war ursprünglich dafür gedacht, Theater- und Opernstücken aus weiter Entfernung lauschen zu können. Es gibt unzählige neue Anwendungen, die mit UMTS realisiert werden können. Damit der Nutzer sich im Dschungel der unterschiedlichen Angebote und vielen Möglichkeiten des Mobilfunks der nachfolgenden Generation nicht verirre, sei eine "vernünftige" Beratung auf Grundlage unabhängiger Studien unerlässlich, so Qualiope.

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www.qualiope.com

ComputerPartner-Meinung:

Noch schweigen sich die Betreiber aus, mit welchen Kosten die Kunden für die Nutzung von UMTS zu rechnen haben. Und das wohl mit gutem Grund. Denn 2.500 bis 5.000 Mark über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren sind wohl eher das Minimum und weit mehr, als die meisten Handy-Nutzer zu bezahlen bereit sind. Der Erfolg von I-Mode in Japan gründet aber gerade darauf, dass der Service dort so ungemein günstig ist. Davon sollten die hiesigen Betreiber lernen und nicht von dem ganzen Schnickschnack, für den in Europa keine klare Zielgruppe in Sicht ist. (kh)

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