Kanzlei-Software ReNoWin 4.0: Für Big Blue ist es Anwalts Liebling

24.04.1998

MÜNCHEN: Segensreich soll sich für die Kanzlei-Lösung ReNoWin die IBM-Nominierung zu einer der 30 "Solutions of the Year 1997" auswirken. Big Blue bietet dieses Produkt nun zusammen mit einer AS/400 an. Auch ComputerPartner nahm die Branchenlösung näher unter die Lupe.Was das Softwarehaus ReNoWin etwas kryptisch als Anwaltssoftware bezeichnet, ist genau genommen eine Client-Server-Anwendung für Anwälte und Kanzleien. Rückgrat des Systems ist der SQL-Server von Secura. Die Clients für Windows 95 und NT (wahlweise auch 16-Bit-Windows) zeichnen für zentrale Akten-Verwaltung, Terminplanung und Finanzbuchhaltung verantwortlich. Zudem sorgt ein Satz von VBA-Tools für eine nahtlose Einbindung von Word für Windows (Version 7.0 oder Word 97). Die Daten und Akten speichert der SQL-Server und erlaubt den Zugriff mehrerer Mitarbeiter. Ein Modul zur Verwaltung etwa von Urkundenrollen und Anderkonten im Notariat ist optional erhältlich.

Der Funktionsumfang ist umfassend. Zu den wichtigsten Gründen, die für ReNoWin sprechen, dürfte etwa die zentrale Terminplanung einschließlich Gerichtsterminen für Kanzleien mit mehreren Anwälten oder die Verwaltung von Mandanten-Konten im besonderen für kleine Kanzleien oder die Einzelkämpfer unter den Anwälten sein. Im wesentlichen ist die Navigation im Programm an die jeweilige Aufgabe angepaßt und die Installation via Assistent ist einfach. Sauer stößt allerdings die bisweilen willkürliche Ausstaffierung der Menüleisten auf. Das Menü "Datei" ist in den meisten Fenstern ein Dummy, gelegentlich mit dem Menüpunkt "Programmende" verziert, manchmal gar nicht vorhanden - enthält aber nur selten den Punkt "Speichern". Von diesen Inkonstizenzen gibt es eine ganze Menge, auch wenn sie manchmal Sinnhaftigkeit durch geplante Erweiterungen erlangen. Und noch so ein Teufel im Detail: Unter Mehrwertsteuersatz etwa taucht unter bestimmten Voraussetzungen zunächst eine Checkbox auf - ReNoWin ist dieser Effekt vollkommen neu. Die Online-Hilfe ist da auch nicht hilfreich und beschränkt sich im Regelfalle auf Binsenweisheiten wie - um beim Beispiel zu bleiben - "Legen Sie hier den aktuell gültigen Mehrwertsteuersatz fest". Die insgesamt fünf Handbücher sind kaum ausführlicher und stellen so gerade die Grundversorgung sicher - sie werden mit dem gleichen Dokumentationssystem erzeugt wie die Online-Hilfe.

Die Unstimmigkeiten werden in der Praxis jedoch durch eine - für Branchensoftware nicht untypische - intensive Kundenbetreuung bereinigt. Für 1,5 Prozent des Listenpreises pro Jahr gibt es einen Wartungsvertrag mit ReNoWin, der Updates, Hotline und bedarfsgerechte, jedoch kostenpflichtige Schulungen der Anwender beinhaltet. HS als derzeit exklusiver Distributor bietet vor dem Kaufabschluß kostenpflichtige Händlerschulungen, Promotions-Material gegen Kostenerstattung und ein Händlerpaket mit einer verkaufsfähigen Voll- und einer Vorführ-Lizenz nebst Flyer zum Preis einer Vollversion. HS Computer arbeitet nach eigenen Aussagen derzeit an einem dichteren Vertriebsnetz und will die überregionale Werbung in den einschlägigen Publikationen intensivieren.

Wie viele andere Branchenpakete stellt ReNoWin den Anwender vor den Kompromiß zwischen Softwaredesign und Funktion, der auf der Seite des Designs und der Benutzerfreundlichkeit ein wenig hinkt. Für den Händler stellt ReNoWin einen Teil seiner möglichen Komplettlösung dar, die auf der Softwareseite unproblematisch sein dürfte und deswegen eine gute Lösung ist. Für das untere Ende des Kundenspektrums und als "Schnupperversion" gibt es eine Light-Variante, die auf 500 Akten limitiert ist. Zu hoffen ist lediglich, daß sich die Unstimmigkeiten der Programmoberfläche nicht auch auf den funktionellen Teil erstrecken - bei der Finanzbuchhaltung wäre das fatal. (gr)

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