Kaufvertrag: Nicht jeder Mangel berechtigt zum Rückritt

19.02.2007
Rechtsanwaltskammer Stuttgart informiert über Rechte und Pflichten bei Abschluss eines Kaufvertrages.

Fast jeder schließt nahezu täglich mit dem Kauf eines Produktes einen Kaufvertrag ab. Beim "Austausch von Ware gegen Geld" verpflichtet sich der Verkäufer, eine mangelfreie Sache zu übergeben. Entdeckt der Käufer anschließend aber doch Mängel, hat er einen Anspruch auf die so genannte Nacherfüllung. Das heißt, der Verkäufer muss entweder ein neues Produkt im Tausch gegen das alte aushändigen oder den Mangel beseitigen. "Verkäufer ist übrigens immer derjenige, bei dem das Produkt unmittelbar erworben wurde - also zumeist nicht der Hersteller", erklärt Rechtsanwalt Claus Benz, Hauptgeschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.

Ob der Käufer ein neues Produkt haben oder das bereits gekaufte reparieren lassen will, darf er selbst entscheiden. Kommt der Verkäufer dem Verlangen innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist nicht nach, kann der Käufer entweder Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung des Kaufpreises oder Schadensersatz verlangen. In Eilfällen - etwa beim Kauf einer Kamera kurz vor Urlaubsantritt - kann diese Frist sogar nur zwei bis drei Tagen betragen.

Für Mängel, die bereits bei Übergabe eines Produktes vorhanden sind, haftet der Verkäufer zwei Jahre ab Verkaufsdatum. Während der ersten sechs Monate wird vermutet, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag, danach muss dies gegebenenfalls vom Käufer bewiesen werden. Der Verkäufer kann weder durch bestimmte Klauseln in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen noch durch eine individuelle Vereinbarung mit dem Käufer die Haftungsregeln zu dessen Nachteil ändern.

Was die wenigsten wissen: Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn das Produkt weniger leistet, als in der Werbung dargestellt wurde. Es sei denn, der Verkäufer weist nach, dass er die Werbeaussage nicht kennen konnte, was in der Regel eher schwierig sein dürfte.

Die Rechtsanwaltskammer macht allerdings darauf aufmerksam, dass der Anspruch auf Nacherfüllung nur dann entsteht, wenn die Abweichung von der Werbeaussage erheblich ist. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Düsseldorf die Klage eines Autokäufers abgewiesen, dessen Neuwagen lediglich 197 statt wie im Verkaufsprospekt angegeben 202 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit erreichte. Bei einer Unterschreitung der Sollgeschwindigkeit von lediglich 2,2 Prozent handele es sich um eine Marginalie und nicht um einen Fehler im Rechtssinne, klärte das Gericht den geschwindigkeitsversessenen Autofahrer auf. "Der Anspruch auf Nacherfüllung ist also erst dann gewährleistet, wenn man eine maßgebliche Funktionseinschränkung des Produktes nachweisen kann", so Rechtsanwalt Claus Benz. (mf)

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