Volkswagen – keine Verbrecherorganisation

Kein Schutz vor böswilligen Klagen

Dr. Johannes Fiala ist Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala, Fasolt-Str. 7, 80639 München
Diplom-Mathematiker Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung.

Besser den Sheriff erschießen als die Steuererklärung fälschen

Jeder einzelne Bundesstaat der USA hat seine eigenen Gesetze. Wer ein Auto stiehlt oder eine Bank ausraubt, bekommt es nur mit dem örtlichen County Sheriff zu tun - das FBI darf sich für ihn nicht interessieren. Das ist nicht anders, wenn er den Sheriff erschiesst. Dass dieser in einschlägigen Filme als Witzfigur behandelt wird, die in wilder Verfolgungsjagd den Delinquenten noch vor der Staatsgrenze stellen will, hat Gründe - nur besonders "dumme" Sheriffs setzen die Verfolgung - widerrechtlich - hinter der Staatsgrenze fort. Mit dem, FBI als anderes Kaliber bekommt man es zu tun, wenn man ein Bundesgesetz bricht - den Fehler machte Al Capone, indem er bei der Steuererklärung betrog, und Staatsfeind Nr. 1 John Dillinger, indem er mit einem gestohlenen Auto eine Staatsgrenze überquerte und damit ein Bundesgesetz brach.

RICO als Federal Law

Damit der Bund ein Vergehen gemäß RICO verfolgen kann, muss er betroffen sein - dies ist der Fall, wenn bei der Tat in irgendeiner Weise US-Post oder US-Telekommunikation benutzt wurden - bei Wirtschaftsdelikten also fast immer. Dies eröffnet die Möglichkeit, zum einen überhaupt in USA und dann gleich auf Bundesebene zu klagen, also auch für große Sammelklagen.

Dieselgate: das Auto?

Der Vorwurf könnte für RICO-Act etwa lauten, mit System und Vorsatz, umweltfreundliche KFZ vorzutäuschen, inclusive Werbung per Post, Telekommunikation und Fernsehen. Diesbezügliche Werbefilme verschwanden umgehend - aber bisher nicht lückenlos im Internet.

Damit kann RICO zur Anwendung kommen, damit z.B. einzelne Privatleute Schadenersatz erhalten, und zwar als Punitive Damage. Aber auch z.B. Pensionsfonds, um die Aktienverluste ersetzt zu erhalten, oder die von ihnen zu zahlenden Erwerbsunfähigkeitsleistungen wegen Lungenkrankheiten, verursacht durch VW-Motoren. Ebenso die Staaten und Krankenversicherer wegen der verursachten Krankheitskosten, dazu Arbeitgeber, die diese als betriebliche Firmenleistungen (an der Stelle eines privaten Krankenversicherers) zusagten. Dazu kommt noch die Gewinnabschöpfung und die Verdreifachung des Schadenbetrags nach RICO. Zudem könnte man auf die Idee kommen, nicht nur den Gewinn, sondern auch alle Löhne und Gehälter sowie Provisionen, die die "Helfer" erlangt haben, als Basis der Schadenberechnung zu machen, um dann daraus die Verdreifachung hoch zu rechnen für die Bemessung der Strafe.

Managerversicherung als Ausweg?

Eine Managerversicherung (D&O) tritt sowieso nicht ein, wenn es sich um eine Vorsatztat handelt. Gelegentlich stellt sie jedoch bis zur Verurteilung - mit Vorbehalt der Rückforderung - eine Kriegskasse als Abwehrdeckung zur Verfügung. Es besteht auch auf diesem Feld die Gelegenheit zur Fehleinschätzung, wenn man mit der deutschen Rechtskultur in USA tätig ist; beispielsweise wenn der Versicherer des Managers in England oder den USA sitzt.

Wenn man in der Fachpresse liest, dass das Management rund 500 Mio. EUR Deckungssumme versichert hat, und dem gegenüber ein Schaden im zweistelligen Milliarden-Bereich auftritt, so handelt es sich dem Eindruck nach um eine gewaltige Deckungslücke. Spannend wird daher die Frage nach der Dokumentation betreffend Risikoprüfung und Objektuntersuchung durch Versicherungsvermittler und Versicherer sein. Bereits eine zu niedrige Deckung, die sich ein Unternehmen nicht durch liquides Kapital leisten kann, indiziert eine Haftung der Verantwortlichen im Unternehmen - eingeschlossen eine Quasi-Rückversicherung zu Lasten von beispielsweise Industrieversicherungsmakler, Agenten, und Versicherern, §§ 6, 60, 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Fehlt, wie in rund 85% der Fälle, die Dokumentation so kommt es regelmäßig zur Beweislastumkehr - existiert eine solche Unterlage, lässt sich häufig ein Beratungsdefizit schwarz auf weiß belegen.

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