"Keine Ausnahmen"

30.08.2007
Das ElektroG ist seit fast zwei Jahren in Kraft, dennoch gibt es noch großen Informations- bedarf. Viele Händler verstoßen gegen das Gesetz, weil sie nicht wissen, dass sie verpflichtet sind, sich zu registrieren. EAR-Vorstand Hartmut Theusner erklärt die Hintergründe.

Von Marzena Fiok

Seit dem 24. November 2005 müssen Hersteller, Importeure und gegebenenfalls Wiederverkäufer im Rahmen des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR: www.stiftung-ear.de) registriert sein. Dennoch gibt es noch immer großen Informationsbedarf, denn mancher betroffene Händler weiß nicht, dass er sich registrieren lassen muss. Dadurch riskiert er hohe Bußgelder. Mildernde Umstände wegen Unwissenheit gibt es leider nicht. Hartmut Theusner, Vorstand der EAR, erklärt, wie man im Zweifelsfall schnell überprüfen kann, ob man betroffen ist.

Wer ist verpflichtet, sich bei der Stiftung EAR registrieren zu lassen?

Hartmut Theusner: Jeder Hersteller im Sinne des ElektroG, der Elektro- oder Elektronikgeräte in Deutschland in Verkehr bringen - also verkaufen - möchte, ist verpflichtet, sich registrieren zu lassen. Hersteller im Sinne des ElektroG sind durchaus nicht nur die Produzenten. Auch die Importeure und/oder Distributoren von Geräten nicht registrierter Hersteller zählen dazu.

Ausnahmeregelungen für Kleinmengen hat bereits das EU-Parlament im Rahmen der Beratungen der EU-Richtlinie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Damit übernehmen die Hersteller die Produktverantwortung für ihre Geräte, von der umweltgerechten Konzeption bis zur korrekten Entsorgung der Altgeräte. Das ist aber nicht alles. Die registrierten Hersteller müssen darüber hinaus regelmäßig Mengenmeldungen abgeben und sich um die Rücknahme sowie die korrekte Entsorgung der Elektro-Altgeräte kümmern. Es muss auch eines deutlich gemacht werden: Jeder Hersteller hat in eigener Verantwortung zu prüfen, ob er mit seinem Produkt beziehungsweise seinen Produkten registrierungspflichtig ist oder nicht.

Fallen IT-Händler, die zum Beispiel PCs nach dem Wunsch des Kunden konfigurieren oder Ware aus dem Ausland nach Deutschland importieren, auch unter den Begriff "Hersteller"?

Theusner: Händler, die nicht ausschließlich Produkte registrierter Hersteller in Verkehr bringen, müssen die Position des Herstellers übernehmen und die Registrierung für das entsprechende Produkt vornehmen.

Wo kann man sich darüber informieren, ob man betroffen ist oder nicht?

Theusner: Für einen grundsätz- lichen Überblick bietet die EU-Kommission online in einem sehr ausführlichen FAQ-Bereich zur WEEE-Direktive Hinweise und Leitfäden. Die Entscheidung über eine Registrierungspflicht Ihrer Produkte sollten Sie allerdings anhand des Leitfadens treffen, den das Bundesumweltministerium zur Interpretation des ElektroG zur Verfügung gestellt hat. Denn die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die EU-Richtlinie jeweils in nationales Recht umzusetzen, was durchaus unterschiedliche Regelungen zur Folge hat. Zudem finden Sie natürlich auch auf der Website der Stiftung Elektro-Altgeräte Register zahlreiche Informationen rund um das ElektroG. Unter anderem gibt es hier auch einen Online-Test, mit dessen Hilfe Sie ermitteln können, ob Ihr Produkt registrierungspflichtig ist oder nicht.

Letztlich hilft sicher auch ein Blick in den Gesetzestext selbst, indem - beispielhaft und nicht abschließend - die registrierungspflichtigen Produktgruppen aufgeführt sind.

Wie läuft die Registrierung genau ab?

Theusner: Wenn ein Produkt registrierungspflichtig ist, müssen Sie die Registrierung bei der Stiftung EAR beantragen. Dazu geben Sie online auf der Website der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (www.stiftung-ear.de) die erforderlichen Daten ein. Um enormen bürokratischen Mehraufwand zu vermeiden, hat die Stiftung Elektro-Altgeräte von vornherein bewusst auf Papierformulare verzichtet.

Sie werden Schritt für Schritt durch die Eingabemaske geführt, bis alle notwendigen Daten erfasst sind. Diese werden dann von der Stiftung Elektro-Altgeräte geprüft, und Sie erhalten eine Registrierungsnummer. Mit dieser Nummer können Sie dann Ergänzungsregistrierungen, Datenänderungen und Mengenmeldungen vornehmen, wobei auch all diese Vorgänge ausschließlich online funktionieren.

Was passiert, wenn man versäumt, sich zu registrieren?

Theusner: Wenn Sie versäumen, sich registrieren zu lassen, verstoßen Sie gegen das ElektroG. Das heißt, die Stiftung Elektro-Altgeräte Register kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren vorbereiten, was dann vom Umweltbundesamt gegen Sie betrieben würde. Im Extremfall kann das eine Geldbuße bis zu 50.000 Euro bedeuten.

Was hat es mit der "Garantie zur Finanzierung" auf sich, die der Hersteller stellen muss?

Theusner: Mit der "insolvenzsicheren Garantie zur Finanzierung der Rücknahme und Entsorgung" sollen sogenannte Waisengeräte vermieden werden, also Geräte, die keinem Hersteller mehr zugeordnet werden können. Am Ende der Nutzungsdauer von Elektro- und Elektronikgeräten fallen Rücknahme- und Entsorgungskosten an, die bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens ausreichend gedeckt sein müssen. Durch den Nachweis einer solchen Garantie wird vermieden, dass der Staat, die Kommunen oder Gebührenzahler die Kosten für die Entsorgung solcher Waisengeräte tragen müssen. Mit der Pflicht einer solchen Garantiestellung wird also die korrekte Entsorgung in der Zukunft gesichert, womit wir wieder bei der Produktverantwortung wären.

Das Elektrogerätegesetz ist seit März 2005 in Kraft. Welche Erfahrungen haben Sie in dieser Zeit gemacht?

Theusner: Die Stiftung Elektro-Altgeräte Register hat von Beginn an ein genau auf die speziellen Bedürfnisse hin entwickeltes, internetbasiertes System aufgebaut. Nur dadurch konnten eine hohe Effizienz und eine Minimierung bürokratischer Erfordernisse in einem Umfang erreicht werden, der derzeit sicher noch seinesgleichen sucht.

Bei einer Systemumstellung dieser Größenordnung waren zu Beginn der Abholpflicht im März 2006 Anlaufprobleme zu erwarten. Immerhin sind alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Deutschlands, einige tausend registrierte Hersteller beziehungsweise deren beauftragte Entsorger/Logistiker betroffen und einzubinden. In Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, insbesondere den Kommunen und den von den Herstellern beauftragten Entsorgungsdienstleistern, wurden die Startschwierigkeiten aber schnell überwunden. Bereits nach zwei Monaten wurde die ursprünglich für die Anlaufzeit geschätzte Fehlerrate von zehn Prozent aller Abholungen deutlich unterschritten.

Mehr als 99 Prozent aller Abholungen erfolgen heute bis zum auf dem Abholbescheid vorgegebenen Termin beziehungsweise bis zur Mahnung durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an das EAR. Der verbleibende Rest wird in aller Regel binnen weiterer 24 Stunden abgeholt.

In welcher Form fließen diese Erfahrungen in die aktuelle und die künftige Arbeit ein?

Theusner: Die enge Kommunikation auf elektronischem Wege hat sich bestens bewährt und für kurze Reaktionszeiten gesorgt. Eine Reihe von Justierungen bei Terminen oder einzelnen Prozessschritten gab es bereits. Derzeit sind allerdings nur mehr Details oder aber grundsätzlich andere, nur politisch oder gesetzlich zu ändernde Wünsche ersichtlich.

Bei der Sammlung der Altgeräte müssen Kommunen, Hersteller/Stiftung, Handel und Entsorger zusammenarbeiten. Funktioniert das reibungslos, oder gibt es noch Punkte, die es aus Ihrer Sicht zu verbessern gilt?

Theusner: Als die Stiftung Elektro-Altgeräte Register 2005 die Arbeit aufnahm, gab es natürlich einige Unkenrufe und teilweise heftige Kritik seitens bestehender Institutionen. Inzwischen bezeichnen allerdings sowohl Vertreter von Kommunen als auch die Hersteller und die Entsorgungswirtschaft die derzeitige Praxis übereinstimmend als gelungen. Im Tätigkeitsbericht des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. ZVEI 2005/2006 wurde bereits anerkannt, dass mit der Stiftung Elektro-Altgeräte Register ein "zukunftsweisendes und für Hersteller und Verbraucher kosteneffizientes System entstanden ist, das neue Wege für die Entsorgung und Verwertung in Deutschland und Europa aufzeigt".

Eine Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die im Herbst 2006 in 22 verschiedenen Städten durchgeführt wurde, kam ebenfalls zu positiven Ergebnissen: Danach gelten in diesen Kommunen die logistischen Probleme als gelöst, Bereitstellung und Abholung der Behälter liefen mittlerweile reibungslos. Und es seien insbesondere viel mehr kleine Altgeräte gesammelt worden, hieß es in der Umfrage. Und auch das Bundesumweltministerium zeigt sich zufrieden mit der Umsetzung des ElektroG, dessen Verantwortung letztlich bei der Industrie selbst liegt.

Welche Rolle spielt der Handel in diesem Szenario?

Theusner: Die Geräte, die der Handel zum Verkauf anbietet, müssen von einem in Deutschland registrierten Hersteller gekauft worden sein. Importiert der Vertreiber hingegen selbst Geräte, verhält es sich ähnlich wie mit den IT-Händlern: Der Vertreiber wird - wie übrigens auch im Falle des Verkaufs eines Gerätes anderer Hersteller unter seinem eigenen Markennamen - im Sinne des Gesetzes Hersteller und damit registrierungspflichtig. Nebenbei bemerkt: Diese Pflicht hat er auch dann, wenn er neue Geräte nicht registrierter Hersteller verkauft.

Wenn Sie so wollen, kommt dem Handel eine zusätzliche Kontroll- und Ordnungsfunktion bei der Umsetzung des ElektroG zu. Denn durch die Pflicht des Handels, im Zweifelsfall Herstellerfunktion im Sinne der Registrierung zu übernehmen, ist es faktisch nicht mehr möglich, ein Gerät ohne gesicherte Rücknahme in Umlauf zu bringen.

Wie viele Tonnen an Altgeräten werden in diesem Jahr denn eingesammelt?

Theusner: Die Stiftung Elektro-Altgeräte Entsorgung selbst sammelt gar nichts ein. Für die tatsächliche Sammlung der Altgeräte von privaten Endverbrauchern sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, das heißt die kreisangehörigen Gemeinden, die kreisfreien Städte und die Landkreise, zuständig. Die Stiftung Elektro-Altgeräte Register hat lediglich organisatorische und administrative Funktionen. Sie ermittelt also zum Beispiel den Hersteller, der für die Abholung eines als "voll" gemeldeten Sammelbehältnisses zuständig ist, ordnet die Abholung an und überwacht diese.

Aktuell liegen lediglich ältere Zahlen aus einer Untersuchung des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe aus dem Jahr 1998 vor. Danach wurde von einem Altgerätepotenzial von 1,8 Millionen Tonnen ausgegangen. Die Stiftung wertet zurzeit die im ElektroG vorgesehenen Jahresmeldungen der Hersteller nach § 13 Abs. 1 ElektroG aus. Erstmalig für 2006 werden die gesammelten, wiederverwendeten, stofflich verwerteten, in sonstiger Weise verwerteten und ausgeführten Mengen erfasst.

Diese Meldungen waren bis zum 30. April 2007 bei der EAR abzugeben. Zum 1. Juli 2007 hat die EAR eine Zusammenfassung der Daten an die zuständige Behörde, das Umweltbundesamt (UBA), gemeldet. Ob und wann das UBA sie veröffentlichen wird, entzieht sich unserer Kenntnis.

Was passiert mit diesen Bergen von Elektroschrott?

Theusner: Neben der Abholung der Elektro-Altgeräte ist auch die korrekte Entsorgung individuelle Verpflichtung eines jeden Herstellers. Die Hersteller müssen die notwendigen Vorkehrungen treffen, um ihren Verpflichtungen gerecht zu werden. In der Regel beauftragen sie Dienstleister, die die Verwertung entsprechend den Vorgaben aus dem ElektroG erledigen. Außerdem müssen sie Sorge dafür tragen, dass die beauftragten Dritten über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen.

Die Stiftung Elektro-Altgeräte Register ist für die Verwertungsprozesse des Elektroschrotts nicht zuständig. Im Gegenteil, sie darf sich entsprechend den Vorgaben durch das ElektroG gerade nicht um die Entsorgung und die darunter zu verstehenden Dienstleistungen kümmern. Deshalb kann EAR Ihnen zu diesen Abläufen keine fundierten Informationen geben.

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