Keine Chance für Bluetooth

26.07.2001

Stationen eines Projektes: Begeisterung, Ernüchterung, Panik, Schadensbegrenzung. So oder ähnlich lässt sich zur Zeit die Situation von Bluetooth beschreiben. Noch vor wenigen Monaten schauten Bluetooth-Integratoren sehr zuversichtlich in die Zukunft. Es wurden Pläne geschmiedet, wie und welche Geräte alle mit Bluetooth-Modulen ausgestattet werden könnten. Auf der letzten Cebit wurden die ersten Prototypen bereits vorgestellt. Spätestens zur IFA sollten sie zu kaufen sein. Doch der Endverbraucher, der schließlich die Produkte kaufen sollte, machte diese Zukunftspläne zunichte. Kaum jemand bekundete Interesse an Bluetooth-Lösungen, geschweige denn, dass er sie orderte. Schadensbegrenzung ist jetzt angesagt: Microsoft zog bereits im April die Notbremse und verkündete, dass eine Implementierung von Bluetooth im Betriebssystem zur Zeit nicht stattfände. Vor wenigen Tagen machte auch der britische Handheld-Spezialist Psion einen Rückzieher. Er begründete seine Abkehr von Bluetooth damit, dass zu wenige Kunden das neue System haben wollten.

Doch warum ist die Akzeptanz von Bluetooth so schlecht? Blue-tooth-Geräte haben zwei signifikante Schwierigkeiten zu überwinden, um einen breiten Marktanteil generieren zu können. Ers-tens der zur Zeit recht hohe Preis. Rund 200 bis 500 Mark muss der Anwender mehr für ein Bluetooth-fähiges Produkt ausgeben. Und zweitens erhält man für dieses Geld nur eine halbe Lösung. Denn ohne Gegenstelle ist Bluetooth sinnlos. Das bedeutet: Zusätzlich zum Bluetooth-Organizer muss man sich ein Handy mit derselben Schnittstelle zulegen.

Für rund 500 Mark Mehrkosten erhält der Anwender aber kaum mehr Funktionen, als er jetzt schon per Infrarot-Verbindung hat. Zugegeben, der Einsatz von Bluetooth ist ungleich komfortabler, aber im Endeffekt gibt es darüber hinaus kaum einen Mehrwert.

Außerdem droht Bluetooth aus dem eigenen Haus schon die nächste Konkurrenz: Viele Analysten glauben, dass Wireless LAN der größte Feind von Bluetooth werden wird. Denn im Gegensatz zu Bluetooth müssen Wireless-Komponenten nicht mit den strengen Auflagen der Bluetooth-Kommission fertig werden. Mit einem Wireless-Modul steht dem Anwender der komplette Komfort des Firmennetzes zur Verfügung. Es gibt keine Einschränkung in Bezug auf die Zahl der Anwender (Bluetooth erlaubt nur Pico-Netze mit rund zehn Teilnehmern), und die Reichweite ist ungleich höher. Bluetooth erlaubt in der ersten Version nur eine maximale Entfernung von zehn Metern. Erst mit der zweiten Generation Bluetooth II soll die Datenkommunikation auf bis zu 100 Metern gesteigert werden.

Zur Zeit sind die jetzt in den Handel kommenden Bluetooth-Module nichts weiter als ein besserer Kabelersatz. Die Geräte sind zu teuer und bieten zu wenig an neuen Funktionen. Deshalb werden sie auch in den nächsten Monaten kaum zu einem Massenprodukt avancieren. Die Hersteller versuchen, sich gegenseitig Mut zu machen und verweisen auf eine so genannte Killerapp-likation, die Bluetooth auf einen Schlag zum Verkaufsschlager machen soll. Doch bislang ist eine solche Applikation weit und breit nicht in Sicht. Und bis dahin bleibt Bluetooth das, was es ist, eine intelligente, einfach zu bedienende, aber leider zu teure Datenübertragung für kurze Entfernungen.

Hans-Jürgen Humbert

hhumbert@computerpartner.de

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