Keine Mängelhaftung beim Computer-Virus

03.06.1998

HAMBURG: Ein Urteil des Amtsgerichts Regensburg zur Mangelhaftigkeit einer EDV-Anlage aufgrund von Computer-Viren läßt aufhorchen. In dem vorliegenden Verfahren hatte das erkennende Gericht eine kaufrechtliche Gewährleistungshaftung trotz Vorliegens eines sogenannten Kampana-Virus verneint.Gegenstand des Verfahrens war die Klage eines Unternehmens, das aufgrund von Startschwierigkeiten einer neu erworbenen EDV-Anlage, die vom bestellten Gutachter im Rahmen des Verfahrens später als belanglos eingestuft wurden, die Wandelung gegenüber dem Hardwarelieferanten gerichtlich geltend machte.

Bei der Begutachtung durch den Sachverständigen stellte sich allerdings heraus, daß die EDV-Anlage mit einem sogenannten Kampana-Virus befallen war. Daraufhin wollte das Unternehmen seinen Klageanspruch nunmehr auf den vorliegenden Virus stützen.

Während sich die Parteien noch stritten, ob der Virus erst nach Übergabe der Anlage aufgetreten, und die Infektion über das Einlegen und Starten einer leeren, formatierten Diskette durch die Klägerin erfolgt war, oder ob der Kampana-Virus bereits bei Übergabe der EDV-Anlage vorlag, beurteilte das Amtsgericht Regensburg diesen Streit als unerheblich.

Virus als Sachmangel - es sei denn, er läßt sich

leicht entfernen

Zwar würde grundsätzlich die Infektion eines Computers mit einem Virus die kaufrechtliche Gewährleistungshaftung (Wandlung des Kaufvertrags beziehungsweise Minderung) auslösen, da die Virusinfektion einen Sachmangel darstelle. Nach Ansicht des Amtsgerichts Regensburg sei in einem Virus aber nur dann ein Sachmangel zu sehen, wenn dieser nicht mit geringem Arbeitsaufwand zu entfernen ist.

Das erkennende Gericht folgte hierbei der Auffassung des im Verfahren bestellten Sachverständigen, nach dessen Ansicht Computer-Viren zum Alltag eines PC-Benutzers gehören. Daher sei eine Virus-Vorsorge wichtig und müsse von jedem Anwender durchgeführt werden. Der sogenannte Kampana-Virus - so der bestellte Sachverständige - könne durch einen Fachmann unter Verwendung eines guten Viren-Scanners mit absoluter Sicherheit und einem Arbeitsaufwand von etwa einer Stunde erkannt und beseitigt werden.

Virus-Vorsorge muß jeder Anwender selbst treffen

Auf der Grundlage dieser Beurteilung entschied das Amtsgericht Regensburg in einem Urteil vom 10.6.1997 (2 S 168/96), daß der Kampana-Virus nicht zu einer erheblichen Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit der Anlage führe. Daher müsse von einer unerheblichen Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit der EDV-Anlage ausgegangen werden, die einen Ausschluß der Gewährleistungsansprüche nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zur Folge hat. Das Amtsgericht Regensburg wies daher die Klage auf Wandelung wegen Vorliegens eines Virus ab.

Schaden trotz Virenschutz vom Kunden:

EDV-Anbieter haftet

Auch das OLG Karlsruhe hatte in einem Urteil aus dem Jahre 1996 (CR 1996, S. 348) bereits darauf hingewiesen, daß im Falle von Computer-Viren dem Auftraggeber lediglich der Schaden zu ersetzen sei, der trotz sachgemäßer Datensicherung durch den Kunden angefallen ist.

Dementsprechend muß derjenige, der sich später in einem Prozeß entlasten möchte, beweiskräftig dokumentieren, daß alle Virenschutz- und Sicherungsmaßnahmen eingehalten worden sind. Ein solcher Entlastungsbeweis kann im allgemeinen durch den Einsatz einer zertifizierten Virenschutzsoftware angetreten werden. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist jedoch auch das Hard- und Software-Unternehmen vor einer Inanspruchnahme nicht gefeit. Denn: Sollte sich herausstellen, daß der Endkunde die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergriffen hat, um sich vor Viren zu schützen, haftet der EDV-Anbieter sowohl für die Folgeschäden als auch für die Mangelfolgeschäden, zu denen der Datenverlust, Nutzungsausfälle oder etwaige Falschberechnungen gehören. Dementsprechend gilt es für EDV-Anbieter, Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln, die eine Gefährdung des Kunden ausschließen. Hierzu gehören angemessene Sicherheitsroutinen, Virenschutzprogramme und Firewalls.

* Dr. Stefanie Müller ist Rechtsanwältin der Kanzlei Schubert &

Dr. Müller in Hamburg

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