(Update, 24.1.2025, 11 Uhr 50: Der Beitrag wurde um die Eisnchätzung der Experten des ZEW Mannheim ergänzt und eine missverständliche Formulierung zur Ankündigung durch Donald Trump wurde korrigiert).
Beim Schach bereiten sich Großmeister wochenlang auf die Eröffnungszüge vor - denn die entscheiden maßgeblich über den weiteren Verlauf des Spiels. Daran hat sich der neue US-Präsident Trump ein Beispiel genommen: Direkt zu Beginn seiner Amtszeit hat er eine ganze Flut von Dekreten unterzeichnet.
Eines davon hebt von seinem Vorgänger erlassene Beschränkungen bei der Weiterentwicklung und Nutzung von KI auf. Die entsprechende Regelung in den USA ging zwar längst nicht so weit wie der EU AI Act, störte aber bestimmte Firmen offenbar doch. Denn als Dank für die Erleichterung haben sie Trump ihre Investitionspläne ankündigen lassen - was flugs als enormes KI-Investitionsprogramm von Trump interpretiert wurde.
Wettlauf um die Vorherrschaft im Bereich KI
Unabhängig davon, wer genau wie viel in die KI-Entwicklung in den USA investiert und ob es am Ende tatsächlich die in Aussicht gestellten 500 Milliarden Dollar sein werden: Seinen Freunden und Wegbegleitern David Sacks und Elon Musk, die selbst von der Deregulierung bei KI profitieren, hat er mit der Unterschrift eine große Freude gemacht. In Europa sorgt die enthemmte KI-Euphorie in den USA dagegen für Sorgenfalten: Man befürchtet, abgehängt zu werden.
Foto: Eco - Verband der Internetwirtschaft
Aus Sicht des Eco-Verbands setzt die "Stargate"-Initiative "neue Maßstäbe in der Technologieförderung und unterstreicht eindrücklich den globalen Wettlauf um die Vorherrschaft im Bereich der künstlichen Intelligenz." Der Verband betont: "Wer jetzt nicht handelt, riskiert, dauerhaft den Anschluss zu verlieren und zum Zuschauer im Spiel der technologischen Supermächte zu werden. Digitale Souveränität ist daher nicht nur ein technologisches Ziel, sondern eine strategische Notwendigkeit, um Europas unabhängige Handlungsfähigkeit zu sichern."
Um mithalten zu können, sei der rasche Ausbau digitaler Infrastrukturen, insbesondere von Rechenzentren erforderlich. Da müsse Europa aber an einem Strang ziehen: Die Entwicklung und Umsetzung einer europaweiten Strategie für digitale Infrastrukturen sei nicht länger optional, sondern zwingend erforderlich, so der Verband.
"Politik und Wirtschaft müssen daher jetzt gemeinsam handeln, um den Ausbau von Rechenzentren und Cloud-Lösungen mit höchster Priorität voranzutreiben", betont Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des Eco-Verbands. "Öffentliche und private Mittel müssen gebündelt werden, um die notwendige Infrastruktur in Rekordzeit aufzubauen. Gleichzeitig müssen Genehmigungsverfahren radikal vereinfacht und steuerliche Anreize geschaffen werden.
"Auf geht´s Europa"
Auch der KI Bundesverband hat sich umgehend zu Wort gemeldet. In einer Pressemitteilung erklärt er: "Wenn Deutschland und die EU ihre Rahmenbedingungen nicht zügig verbessern und eine leistungsfähige KI-Infrastruktur aufbauen, droht ein weiteres Abfallen im internationalen Wettbewerb. Noch alarmierender: Unsere Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern dürfte weiter zunehmen - ein Risiko für unsere digitale Souveränität."
Foto: KI Bundesverband
"Die Ankündigung des Stargate-Projekts zeigt unmissverständlich: Die USA machen im globalen Wettlauf um die KI-Führungsrolle ernst", fasst Daniel Abbou, Geschäftsführer des KI Bundesverbands zusammen. "Europa muss jetzt handeln, um seine technologische Unabhängigkeit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Diesen Weg müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam gehen - ein 'Weiter so' darf es keinesfalls geben."Jetzt ist die Zeit für eine nationale und europäische Kraftanstrengung, um ein attraktives Umfeld für KI-Innovationen zu schaffen. Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen, um Europas Zukunft im KI-Bereich zu sichern.
Foto: Patrycia Lukas
"Auf geht´s Europa" schreibt auch Verena Pausder, Vorstandsvorsitzende des Startup-Verbands, bei LinkedIn. "Projekt Stargate" müsse für Deutschland und Europa ein Weckruf sein. Auch sie glaubt nicht an nationale Alleingänge: "Künstliche Intelligenz müssen wir europäisch denken. Wenn wir Marktwachstum für KI-Lösungen fördern, Abhängigkeiten durch eigene Infrastrukturen verringern und einen fairen Wettbewerb schaffen, kann ein KI-Ökosystem entstehen, das die europäischen Werte widerspiegelt und den Platz als globaler Innovationsführer festigt."
Zwar habe Künstliche Intelligenz das Potenzial, die wirtschaftliche und technologische Zukunft Europas neu zu definieren, aber die Finanzierungslücke zu den USA sei gewaltig. "Deutschland und Europa müssen loslaufen - denn die USA sind schon im Sprint", beschreibt Pausder die Situation aus Ihrer Perspektive. Als erste Schritte fordert sie eine Kapitalmarktunion, mehr Geld institutioneller Investoren für Venture Capital zu mobilisieren und eine Stärkung von Startups.
KI-Regulierung in den USA nicht völlig abgeschafft
Dominik Rehse, stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs "Digitale Ökonomie" am ZEW Mannheim, ordnet die vielfach zudem die Aufhebung des KI-Dekrets der Biden-Regierung durch Trump ein. Wichtig sei, dass damit entgegen einem vielfach entstandenen Eindruck auch in den USA nicht ein vollkommen regulierungsfreier Raum für die weitere KI-Entwicklung entsteht. Andere Regulierungen, wie beispielsweise das in den USA traditionell strenge Produkthaftungsrecht, gelten nach wie vor. Zudem planen einzelne Bundesstaaten weiterhin eigene KI-Regulierungspakete."
Foto: ZEW Mannheim
Das schmälere die Bedeutung des Projekts jedoch nicht, meint Irene Bertschek, Leiterin des Forschungsbereichs "Digitale Ökonomie" am ZEW Mannheim. "Die Realisierung des Public-Private-Partnerships Stargate würde die ohnehin schon bestehende internationale Spitzenposition der USA im Bereich Künstlicher Intelligenz weiter ausbauen." Aber auch Sie richtet den Blick nach vorne: "Für Deutschland und Europa darf dies jedoch kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Auch wenn der Vorsprung der USA kaum aufzuholen ist, bleibt es entscheidend, die eigenen Infrastrukturen zu stärken, um unabhängiger zu werden und spezifische Kompetenzen gezielt auszubauen."
Notwendig ist es nach Ansicht von Bertschek nun in Europa, den Fokus auf die Entwicklung von KI-Technologien zu legen, in denen Europa einen Wettbewerbsvorteil entwickeln kann. "Dazu ist es unerlässlich, vorhandene Daten besser nutzbar zu machen, beispielsweise in den Bereichen der industriellen Produktion oder der Medizin, sowie gezielt in Forschung und Entwicklung zu investieren. Nicht zuletzt hängt der Erfolg Europas von einer besseren Verfügbarkeit finanzieller Mittel ab - ein Bereich, in dem nach wie vor erheblicher Nachholbedarf besteht, sei es bei Wachstumskapital oder bei Public-Private-Partnerships innerhalb der EU."