Keine "höhere Gewalt"

Kind läuft in Auto – Versicherung muss zahlen

24.01.2011
Unfallopfer erhält Schadensersatz auch dann, wenn der Unfall ein "unabwendbares Ereignis" ist

Eine Kfz-Haftpflichtversicherung ist unter Umständen auch dann zu Schadensersatzleistungen gegenüber einem unfallgeschädigten Verkehrsteilnehmer - hier einem fünfjährigen Kind - verpflichtet, wenn der Fahrer des Pkw keinen Verkehrsverstoß begangen hat und zudem für ihn der Unfall ein "unabwendbares Ereignis" darstellte.

Darauf verweist der Erlanger Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Fischer, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf ein am 28.07.2010 veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg vom 16.06.2010 - 8 U 2496/09.

Die Parteien stritten dabei über die Folgen eines Verkehrsunfalls, der sich im Mai 2009 in Pommelsbrunn ereignet hatte. Der Fahrer eines Kraftfahrzeugs hatte eine schmale Wohnstraße, in der keine Gehwege angelegt sind, befahren. Plötzlich und für ihn unerwartet lief ein fünfjähriges Kind aus der Hofeinfahrt des elterlichen Anwesens unmittelbar auf die Strasse heraus und prallte gegen die rechte Vorderseite des Pkw. Das Kind wurde durch den Unfall erheblich verletzt. Nach den Feststellungen eines Verkehrsunfallsachverständigen hatte der Wagen die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nicht überschritten, er war lediglich 25 km/h gefahren. Weil jedoch die Hofeinfahrt für den Pkw-Fahrer wegen eines hohen Gartenzauns nicht einsehbar war, bemerkte er das Kind erst, als es schon die Strasse betreten hatte. Er hätte nur bei Einhaltung von Schrittgeschwindigkeit noch rechtzeitig reagieren und damit den Unfall vermeiden können.

"Kein Verschulden des Fahrers" entschied der 8. Senat des Oberlandesgerichts Nürnberg und korrigierte hierdurch ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aus erster Instanz. betont Fischer.

Zwar schreibt die Straßenverkehrsordnung vor, dass ein Fahrzeugführer durch Anpassung seiner Geschwindigkeit und ständige Bremsbereitschaft Gefährdungen von Kindern ausschließen muss. In der konkreten Verkehrssituation hatte der Pkw-Fahrer aber keinerlei Anhaltspunkte gehabt, mit der Annäherung von Kindern zu rechnen. Allein die abstrakte Gefahrenlage in einer Wohnstraße - in der immer Kinder plötzlich auftauchen können - reicht nicht dazu aus, den Fahrer zur dauernden Einhaltung von Schrittgeschwindigkeit (ca. 5 bis 7 km/h) zu verpflichten.

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