Kirchen kritisieren Gehaltserhöhungen der Siemens-Vorstände

25.09.2006
Bischöfe beider großen Konfessionen in Deutschland haben öffentlich die Gehaltssprünge im Siemens-Vorstand kritisiert. "Dreist" nannte Reinhard Marx, katholischer Bischof

Bischöfe beider großen Konfessionen in Deutschland haben öffentlich die Gehaltssprünge im Siemens-Vorstand kritisiert. "Dreist" nannte Reinhard Marx, katholischer Bischof von Trier, das Vorhaben, die Gehälter der Siemens-Vorstände um 30 Prozent anzuheben. "Mehr Verantwortung für das Gemeinwesen", forderte der protestantische Bischof Wolfgang Huber.

Siemens, das gerade entlässt, ausgliedert und mit dem Betriebsrat über Gehaltskürzungen verhandelt, hatte vergangene Woche angekündigt, die Vorstandsgehälter massiv anzuheben. Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer sagte, der Münchener Konzern müsse das tun, um die Spitzenleute, die er brauche, auch zu bekommen.

"Eine maßlose Gehaltserhöhung wie bei Siemens ist angesichts von Massenentlassungen schon dreist", sagte der katholische Bischof Reinhard Marx, der "Bild am Sonntag". Und er sagte, bei dieser Debatte gehe es nicht nur um die persönliche Moral von Managern, sondern vor allem um die Frage, ob man Kapitalismus oder soziale Marktwirtschaft wolle. "Wenn die Verantwortlichen der Wirtschaft nicht mehr das Gemeinwohl im Blick haben, sondern die Kapitalrendite, wird das System inakzeptabel", fügte er hinzu.

Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, wertet solches Verhalten als unpatriotisch. "Ein patriotischer Unternehmer hält sein Unternehmen so leistungsfähig, dass es auch morgen und übermorgen ausreichend Arbeitsplätze hat", formulierte er ebenfalls gegenüber der "Bild am Sonntag". Er erwarte sich von der Wirtschaft "etwas mehr Patriotismus und damit bewusste Verantwortung für das Gemeinwesen".

Die Pläne von Siemens waren in der vergangenen Woche von Gewerkschaftern und Spitzenpolitiker als "unanständig", "obszön" und "skandalös" kritisiert worden.

Auch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat seine Managerkollegen zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung aufgerufen. "Es ist nicht nachzuvollziehen, wenn Konzerne Rekordgewinne melden und zugleich ankündigen, dass sie Tausende von Arbeitsplätzen streichen", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" (Ausgabe 39/2006) .Ein möglichst hoher Gewinn könne nicht das einzige Ziel eines Unternehmens sein. Wiedeking sagte, es müsse "uns doch zu denken geben, wenn Menschen vielen Wirtschaftsführern und Politikern keinerlei Glaubwürdigkeit mehr zubilligen."

Dagegen verteidigte Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer die Anhebung der Vorstandsbezüge bei dem Elektrokonzern um durchschnittlich 30 Prozent. Auch nach der Anhebung bewege sich Siemens im Mittelfeld der deutschen Unternehmen, sagte Pierer in einem Interview der "Welt am Sonntag". "Wir spielen bei Siemens aber in der Champions League, nicht in der bayerischen Landesliga. Und wie bei Bayern München kriegen wir nur dann die Spitzenleute, wenn wir angemessen bezahlen." (wl)

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