Klappern gehört auch bei Systemhäusern und PC-Händlern zum Handwerk

20.06.1997

MÜNCHEN: Großunternehmen haben die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit, oder auch Public Relations (PR) genannt, längst erkannt. Doch professionelle PR ist nicht nur Thema für die Großen, sondern auch wichtig für den Mittelstand und kleinere Unternehmen. Mit den innovativen Ideen und Produkten ist dieser Sektor eine wichtige Säule unserer Wirtschaft, indem er Arbeitsplätze schafft und sichert. Beate Lorenzoni stellt hier die Basisprinzipien der Öffentlichkeitsarbeit vor.

Die Meinungen über das Tätigkeitsfeld Öffentlichkeitsarbeit sind geteilt. Einerseits wird es als Instrument zur reinen Manipulation und Beeinflussung betrachtet. Das Image aller Ausführenden ist dabei denkbar schlecht. Andererseits wird häufig Unvermögen im Kommunikationsverhalten demonstriert. Als Folge kommen die jeweils betroffenen Unternehmen nicht gezielt ins Gespräch, sondern nur ins Gerede, womit sie ihr kompetentes Image verlieren. Wo die Öffentlichkeit zunehmend kritischer wird, und der Dschungel der Informationstechnologie immer dichter wächst, sind Orientierungshilfen dringend nötig. Die gezielte, mit dem Unternehmen strategisch abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit bündelt und koordiniert alle internen und externen Kommunikationsaktivitäten. Sie stellt Hintergründe für Entscheidungen dar, macht sie für Außenstehende verständlich und baut auf diese Weise Vertrauen auf. So fällt der Firmenname nicht per Zufall ein, sondern ist automatisch bei relevanten Themen präsent. Damit gehört die Öffentlichkeitsarbeit heute zu den grundlegenden Erfolgsfaktoren von Unternehmen.

Gerade im Mittelstand ist oft nur wenig Verständnis für Öffentlichkeitsarbeit vorhanden. Das gilt im besonderen Maße für Handels- und Systemhäuser. Das Nichts-Tun endet jedoch mittelfristig in einem unproduktiven Kreislauf. Ohne Aktivitäten im Bereich Öffentlichkeitsarbeit kann sich der Bekanntheitsgrad des Unternehmens nicht gezielt erhöhen. Das interne Know-how und die besondere Kompetenz werden dadurch im Markt nicht richtig penetriert. Dadurch bleiben neue Kunden aus, weshalb wiederum die Umsätze stagnieren oder sogar zurückgehen.

Häufig erschöpfen sich die PR-Maßnahmen darin, daß sich die System- und Handelshäuser an die Hersteller anlehnen und mit ihnen gemeinsame Aktivitäten starten. Dazu gehört die Teilnahme an Fachmessen wie CeBIT, Systems, Orbit, ifabo oder an Hausmessen und Roadshows. Im Alleingang passiert bei dieser Zielgruppe wenig, sei es aus Mangel an Budget oder aus fehlendem Verständnis für die Erfolgsausrichtung von professioneller PR. Solange sie sich aber von zufälliger Mundpropaganda abhängig macht, kann sie sich bei potentiellen Kunden nicht konsequent profilieren. Durch den wachsenden Wettbewerb nehmen die Handelsspannen zunehmend ab. Darauf folgt oft die Rationalisierung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten jeglicher Art. Aber auch mit geringem Budget ist gute PR möglich.

Gezielter Einsatz gefragt

Gerade am Anfang geht es darum festzustellen, ob und in welcher Weise sich das jeweilige Unternehmen für Öffentlichkeitsarbeit eignet.

"Die Zielgruppenbestimmung gehört zu den wichtigsten Vorbereitungen einer professionellen Kommunikationsstrategie", so Reni Rau, PR-Beraterin in Frankfurt. "Die zielgruppenorientierte Kommunikation ist unbedingt notwendig, weil verschiedene Bevölkerungskreise nur mit unterschiedlichen Mitteln erreichbar sind. Außerdem nehmen die Leser identische Kommunikationsinhalte differenziert wahr, je nach Wissensstand und Einstellungen. Und nicht für alle Bevölkerungssegmente hat die PR eines Unternehmens den gleichen Stellenwert", bringt es die PR-Spezialistin auf den Punkt. Das alles abzustimmen, um darauf Strategien und Medienkontakte aufzubauen, gehört zur Basisarbeit eines kompetenten PR-Beraters. Dann erst beginnt die Feinabstimmung einzelner Projekte.

Das Grundprinzip der PR ist es, Vertrauen zu schaffen. Das heißt, Entscheidungen zu begründen und Zusammenhänge darzustellen, damit das Unternehmen mit den entsprechenden Leistungen assoziiert wird. Dabei gehören Kompetenz und Verläßlichkeit zu den wichtigsten Punkten. Indem man die Anforderungen der Zielgruppe beachtet, kann man ein gutes Verhältnis zu den relevanten Medien aufbauen, so daß die Kommunikation nicht "one-way" abläuft, sondern dialogorientiert.

Dabei handelt es sich bei PR um eine Mischung aus vernunftgesteuerten strategischen Entscheidungen mit Intuition, Gefühl und einer Portion Fingerspitzengefühl. Man könnte es auch als "Leben und leben lassen" bezeichnen, indem man sich gegenseitig hilft. Dazu gehören beispielsweise die Unterstützung der Presse bei der Artikelrecherche oder die Vermittlung von speziellen Ansprechpartnern für bestimmte Themen. Dieser persönliche Einsatz zeigt recht schnell, ob PR einfach nebenbei mitgemacht wird, oder ob dedizierte Fachleute damit beauftragt sind.

Viele Wege führen zum Ziel

Neben den grundsätzlichen Einstellungsfragen bietet die qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit ein vielseitiges Maßnahmenpaket an, vergleichbar einem Stapel unterschiedlicher Karten für verschiedene Situationen. Das beginnt bei klassischen Pressemitteilungen, von der Vorstellung der Ansprechperson über Produktmeldungen oder Projektnachrichten bis zu Geschäftszahlen. Kunden-, Händler- und Unternehmenspublikationen runden das Programm ab. Papier ist jedoch nicht alles, auch persönlicher Kontakt muß aufgebaut und gepflegt werden. Dafür eignen sich Aktivitäten wie Roundtables, Verlagsbesuche, Fachgespräche, Pressekonferenzen bis zu eventuellen Pressereisen.

Daß die Maßnahmen der PR vielfältig sind, zeigen Aktionen wie beispielsweise vor wenigen Monaten eine Umfrage der Softlab GmbH zum Thema Software-Umstellung auf das Jahr 2000. Die Ergebnisse wurden je nach Zielgruppe fachspezifisch mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten und Charts aufbereitet. Neben Veröffentlichungen in den unterschiedlichsten Medien kam es auch zu Interviews im Rundfunk. Durch die zielgruppen-relevante Ausarbeitung des Themas konnte es Softlab wesentlich breiter streuen als mit einer normalen Pressemitteilung. "Die Kosten für eine solche Umfrage gestalten sich je nach Umfang und Copy-Rechten", erläutert Tina Lang-Stuart, Pressesprecherin bei Softlab. "Selbst wenn sie zunächst hoch erscheinen, rechnet sich die Investition, da wir die Ergebnisse vielseitig und langfristig einsetzen. Auch neue Medien wie das Internet können wir für diese Aktion nutzen." Lang-Stuart betont, daß man sich bei der Planung von Aktivitäten immer in die Lage der Zielgruppe versetzen und überlegen sollte, was wie ankommen könnte. Nach diesem Motto streut Softlab auch Fachberichte über Projekte sowie themenbezogene Artikel in verschiedene Branchen.

Umfragen bieten sich für die unterschiedlichsten Inhalte und Zielgruppen an. Das Spektrum reicht von Marktaussichten für neue Produkte oder Lösungen, Technologien bis hin zu Serviceleistungen, je nach Zielsetzung des Unternehmens. Ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, von der Integration in das Marketing bis hin zur Verbreitung über die Medien, macht sie zu beliebten PR-Maßnahmen.

Neben den Aktivitäten für das eigene Produkt Highscreen arbeitet VOBIS intensiv an der Produkt-PR für die Retail-Ware. Für das Unternehmen ist es dabei laut Pressesprecherin Janet Spacey-Rennings wichtig, daß "wir uns auf die Retailseite, also die Marken, konzentrieren. Wo die Hersteller schon PR-technisch aktiv waren, betonen wir zum Beispiel, daß die neueste Technologie eines Herstellers auch in unserem Programm verfügbar ist. So können wir uns trotz der Schnellebigkeit der Produkte als flexibler Dienstleister, der das Ohr am Markt hat, profilieren. Kaum gibt es interessante Produkte, kann man sie bei uns beziehen und gleich in ein System integrieren. Je nach Wunsch", kommentiert Spacey-Rennings den Ansatz für die PR-Aktivitäten. Daß diese erfolgreich sind, steht außer Zweifel.

Andere Wege der Kommunikation

Die Pressearbeit in allen Varianten ist allerdings nur ein Teil der professionellen Öffentlichkeitsarbeit. Sie kennzeichnet sich durch weitere Maßnahmen wie etwa partnerorientierte Aktivitäten. In Zeiten des ständig zunehmenden Wettbewerbs arbeiten die Unternehmen nicht mehr gegeneinander, sondern suchen heute Wege zur gemeinsamen Darstellung. So bieten IT-Fachmessen, Hausmessen und Roadshows vielseitige Möglichkeiten, neue Zielgruppen bei geteiltem Aufwand zu erreichen.

Nicht zur Einzelnutzung sondern als Begleitmaßnahme bergen die neuen Medien großes Potential für die Öffentlichkeitsarbeit. Die Web-Sites oder Internet-Pages der Unternehmen geben Abrisse zu relevanten Informationen, begonnen beim Dienstleistungsangebot, über Projekte, Pressemitteilungen bis hin zum Unternehmensprofil mit Ansprechpartnern. Über verknüpfte E-Mail Adressen können sich Interessierte direkt an die relevanten Kontakte in den Unternehmen wenden. Was für kommunikationsorientierte Unternehmen wie den privaten Telecom-Carrier O.tel.o communications GmbH, Düsseldorf, eine Selbstverständlichkeit ist, bietet sich auch für Handels- und Systemhäuser an.

Lokale Medien nicht vergessen

Neben den am öftesten praktizierten Formen der Produkt-PR und reinen Pressearbeit stehen dem professionellen Know-how des PR-Beraters viele andere Aktionen zur Auswahl. Während Messen oder anderer lokaler Veranstaltungen genießen die lokalen Medien im Vorfeld und bei der Nachbereitung meistens zu wenig Betreuung. Dabei sind Eröffnungen von Händler-Filialen, die neue Arbeitsplätze bieten, Firmenjubiläen von Systemhäusern, Wettbewerbe oder ein Tag der Offenen Tür durchaus Themen zur Publikation.

Das Leitmotto der Öffentlichkeitsarbeit "Tue Gutes und rede darüber" betrifft auch die Entscheidung, anstelle von Geschenken zu unterschiedlichen Anlässen eine Spende an eine soziale Einrichtung auszuschütten oder städtische Einrichtungen zu unterstützen. Dieses Motto gilt auch für das Sponsoring. Die unterschiedlichen Formen sind nicht nur für Großunternehmen interessant, sondern auch kleine und mittlere Firmen können dadurch ihr Image aufbessern und pflegen. Neben den mittlerweile klassischen Bereichen wie Sport, Kultur, Musik oder Kunst ist die Jugendförderung im nächsten Umkreis eine Alternative. So sind etwa Sportvereine für den Nachwuchs dankbare Empfänger jeglicher Unterstützung.

Als Entscheidern von morgen kommt auch den Schülern und Studenten aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit viel zu wenig Bedeutung zu. Durch die niedere informationstechnische Infrastruktur in Schulen und Universitäten besteht geringe Möglichkeit, sich mit dem Computer vertraut zu machen und diesen für Studien einzusetzen. Dabei ist innovative Technik im Wettlauf um die Globalisierung der Märkte ein grundlegendes Muß. Wie wichtig diese Zielgruppe ist, hat beispielsweise Intel erkannt und ein internationales Förderprogramm über die nächsten drei Jahre zur Unterstützung einer Reihe von Schulen und Universitäten auf der ganzen Welt gestartet. Jüngstes Beispiel ist eine Hardwarespende von 20 Desktop- und zwei Server-Systemen an das Institut für Informatik der Technischen Universität München. Ziel ist es, das Bewußtsein für die Bedeutung der wissenschaftlichen Ausbildung für die Kinder, die Gesellschaft und nicht zuletzt die Wirtschaft zu wecken.

Auch kleine Gesten zählen

Es braucht aber nicht unbedingt große Engagements, sondern schon kleine Taten zählen, beispielsweise der Einsatz von Messe- und Ausstellungsgeräten in ortsansässigen Gymnasien. So erreichen auch Bildungsprogramme, Wochenendlehrgänge und kostenlose Seminare von kompetenten Fachhändlern das Ziel. Von der Unterstützung profitieren nicht nur die Teilnehmer, sondern auch das Image des bemühten Händlers oder anderen Unternehmens.

Wesentlicher Bestandteil moderner PR ist, Entwicklungen und Trends nicht nur zu erkennen und zu analysieren, sondern sie als Herausforderungen für die eigenen Strategien und Aktivitäten zu betrachten. Feste Spielregeln mit Verhaltensvorgaben lassen sich im Bereich Öffentlichkeitsarbeit nicht aufstellen. Dazu hängt sie zu sehr von den Komponenten der Unternehmen ab, die mit dem Bedarf und den Zielvorstellungen abgestimmt werden müssen. Beispielsweise unterscheiden sich die Anforderungen von Fachhändlern deutlich von denen der Systemhäuser. Ausschlaggebend ist die Idee, die dahintersteckt. Das Geheimnis guter Öffentlichkeitsarbeit liegt letztendlich auch in ihrer Individualität.

Sie muß eben neben Aspekten der Vernunft auch gefühlsmäßig etwas "anders sein" als die anderen, damit der Unterschied zur Masse deutlich wird.

Beate Lorenzoni arbeitete bei NEC Deutschland GmbH als Pressesprecherin, bevor sie sich im Mai 1997 mit Lorenzoni agentur selbständig machte.

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