Klein, aber oho? PC-Gehäuse für den Micro-ATX-Formfaktor - Teil 2

29.01.2004
Die Vorzüge von Würfel-PCs mit ihrer kompakten Bauweise haben bei vielen Anwendern das Interesse geweckt, ihre eigenen Mini-PCs zu bauen. Doch deren Funktionsumfang ist je nach Anwender und Situation sehr unterschiedlich. Von David Stellmack

Fortsetzung von Ausgabe 4/04, Seite 28.

Athenatech ShockZ-100

Das ShockZ-100 aus dem Hause Athenatech ist eine ziemlich interessante Konstruktion, eines der außerwöhnlichsten Designs, das wir je zu Gesicht bekommen haben. Durch die vielen zusätzlichen Features des ShockZ-100 scheinen aber auch mehr als nur ein paar Macken aufzutreten. Unser Mustergehäuse kam leicht lädiert bei uns an: Die Schalter zur Bedienung der Frontfunktionen und LEDs hatten sich gelockert und waren nicht mit der Frontseite des Gehäuses verbunden. Das Wiederanbringen dieser Teile war kein Problem; etwas nervend war dennoch, dass diese Probleme schon vor dem Zusammenbau auftraten. Der Name "ShockZ-100" klingt schon ein wenig flau, doch ist das, was dieser Micro-ATX-Tower bieten möchte, alles andere als abgedroschen. Der Name "Shock" ist in ein rauchfarbenes, 17 x 10 cm kleines Fenster in der Mitte der Seitenabdeckung eingeprägt.

Mit einer Reihe von Features versucht das ShockZ100 dem Gehäuse eine runderes und technischeres Aussehen zu geben. Ein außergewöhnlicher Look im Vergleich zu den anderen Gehäusen, die im Bereich Micro-ATX zu finden sind. Das ShockZ-100 verwendet jede Menge Kunststoff um sein Stahlgerüst herum. Der Kunststoffrahmen deckt mit Ausnahme der Seitenblenden das gesamte Gehäuse ab. Wir waren diesem Design gegenüber skeptisch, da wir der Meinung sind, dass ein so hoher Kunststoffanteil die Strapazierfähigkeit des Gehäuses beeinträchtigen müsste. Zu seinen Gunsten muss jedoch gesagt werden, dass das Z-100 eine integrierte, klappbare und formschöne Laufwerkblende aufweist, die das 5,25-Zoll-CD-ROM/DVD-ROM-Laufwerk abdeckt, weswegen die Farbe der eigentlichen Laufwerkblende egal ist. Der 3,5-Zoll-Einbauschacht für ein Floppylaufwerk oder einen internen Kartenleser befindet sich hinter einer Abdeckung, die hin- und hergeschoben werden kann und das Gerät nur bei Bedarf zugänglich macht.

Das interessanteste Feature des ShockZ-100 ist seine LCD-Temperaturanzeige, die im unteren Bereich der Frontblende integriert ist. Um zur Vorderseite des ShockZ-100 Zugang zu bekommen, muss die gesamte Frontblende entfernt werden; hierzu muss diese von der Unterseite des ShockZ-100 angehoben werden. Dies war eine ziemliche Herausforderung für uns, da das dem ShockZ-100 beiliegende Benutzerhandbuch einen Fehler hatte: Das Handbuch gibt an, dass die Blende ohne vorherige Entfernung der Seitenblenden entfernt werden kann, was jedoch nicht der Fall ist. Die Blende muss entfernt werden, indem zunächst eine Halteklammer im Gehäuseinnern entfernt wird, bevor man versucht, die Blende anzuheben. Führt man diesen Vorgang nicht korrekt durch, kann es passieren, dass eine der Blendennasen abbricht.

Die Entfernung der Blende ist unumgänglich, will man zur Vereinfachung der Motherboard- Installation den 5,25-Zoll-Einbauschacht entfernen. Leider hat das ShockZ-100 keine

1394/Firewire-Anschlussmöglichkeiten an der Vorderseite, was in den meisten Heimkino-Anwendungen für den Anschluss von Camcordern oder externen 1394/Firewire-Festplatten fast unerlässlich ist.

Was das Kühlpotenzial anbelangt: Das ShockZ-100 erfüllt mit dem 80 mm großen Lüfter an der Frontseite und zwei 60 mm großen Lüftern an der Rückseite seine Kühlaufgabe sehr gut.

Im Großen und Ganzen ist das ShockZ-100 nicht ein Gehäuse, das wir zum Favoriten unter den guten Gehäusen erklären würden. Durch die beim ShockZ-100 erforderliche kompliziertere Montage und die Probleme, die wir mit dem Modell hatten, sind wir alles andere als begeistert von dem, was das ShockZ-100 zu bieten hat. Sein Design, das eher wie ein Aktenkoffer von James Bond wirkt als ein Rechner, ist zwar außergewöhnlich, doch bedarf es noch einer deutlichen Überarbeitung, bis es ausgereift ist.

Von der zweiseitigen Dokumentation, die dem Gehäuse beiliegt, ist nicht viel Hilfe zu erwarten, im Gegenteil: Wir stellten gravierende Fehler und Unterlassungen im Benutzerhandbuch fest. Nicht ganz so erfahrene Benutzer sollten sich von diesem Gehäuse fernhalten, bis Athenatech das Benutzerhandbuch noch etwas überarbeitet hat.

Antec Minuet

Das Micro-ATX Minuet von Antec ist das kleinste der uns überlassenen Micro-ATX-Gehäuse. Wieder hat Antec mit dem Design des Minuet einen neuen Standard gesetzt. Das Minuet, das erste Micro-ATX-Modell aus dem Hause Antec, wird hoffentlich nicht das letzte sein. Im Gegensatz zu den anderen hier vorgestellten Gehäusen ist das Minuet konsequent als Desktop-Modell konzipiert, was keineswegs ein Nachteil ist.

Das Minuet von Antec stellt das interessanteste Gehäuse unter den Testkandidaten in diesem Micro-ATX-Gehäusetest dar. Das Minuet zielt konsequent auf den PVR-/DVR-Market ab und bietet ein elegantes und zukunftsorientiertes Design. Wohl die interessanteste Eigenschaft ist die schöne pianoschwarze Glanzlackierung. Antec hat sich für ein einmaliges Lüftungssystem entschieden. Seitliche und an der Rückseite des Minuet angebrachte Lüftungskanäle geben die Wärme nach außen ab. Antec verlässt sich nur auf den 80 mm großen Lüfter im Netzteil, um den Großteil der Wärme aus dem Gehäuse zu befördern; ein Design, von dem wir nicht unbedingt begeistert sind.

Das Gehäuse selbst ist gut konzipiert und ausgelegt und wird mit optionalen Distanzstücken geliefert, mit denen das Gehäuse als Tower eingesetzt werden kann. Im Grunde ist das Minuet aber eher für eine Desktop-Konfiguration gedacht. Antec stellt das beste Benutzerhandbuch von allen Kandidaten zur Verfügung. Das überrascht nicht: Antec ist der einzige Hersteller in diesem Test, der eine umfassende dreijährige Garan-tie auf sein Micro-ATX-Gehäuse anbietet.

Kopfhörer-, Mikrofon- und zwei USB-Buchsen sowie ein 1394/Firewire-Port sind an der Vorderseite, unter der Öffnung für das 5,25-Zoll-Laufwerk, angebracht. Antec ist der einzi-ge Gehäusehersteller, der ein- en 1394/Firewire-Anschluss mit Kabel anbietet, mit dem eine direkte Verbindung der 1394/ Firewire-Ports zum Motherboard möglich ist.

Ein weiteres Problem beim Minuet, dessen sich die Käufer bewusst sein sollten, ist der Umstand, dass das Minuet zwar die Verwendung von PCI- und AGP-Steckplätzen unterstützt, jedoch nur flache Steckplätze anbietet. Standard-AGP- und PCI-Karten lassen sich nicht korrekt in den PCI/AGP-Schlitzen des Minuet platzieren. Zwar ist es in manchen Fällen möglich, die rückseitige Abdeckung von einem PCI- oder AGP-Gerät zu entfernen, damit es in ein flaches Gehäuse wie das Minuet passt; je nach der Position der Verbindungen und der Kartenlänge ist das jedoch manchmal nicht machbar. In unserer Testkonfiguration erwies sich dies als etwas schwierig, da das ATI AIW9800 nicht in das Minuet-Gehäuse passte. In diesem Fall benutzten wir die Onboard-Grafik unseres Biostar-NForce2-Motherboards anstelle des 9800 AIW, das wir in den anderen Testkonfigurationen einsetzten.

Im Großen und Ganzen ist das Minuet ein gut konzipiertes und leistungsfähiges Gehäuse. Möchte man jedoch keine voll integrierte Motherboardlösung verwenden oder mit den Einschränkungen durch die flachen AGP/PCI-Steckplätze leben, wird man von diesem Gehäuse vielleicht enttäuscht sein. Da aber viele der neuen integrierten Lösungen dermaßen robuste Grafik- und Audiooptionen bieten, ist der Bedarf an PCI/AGP-Steckplätzen mit der Zeit immer kleiner geworden. Das ausschwenkbare Laufwerkgehäuse und die beigefügte, hervorragend geschriebene Dokumentation sind zwei Pluspunkte, die man nicht ignorieren kann. Das Minuet ist vielleicht nicht die optimale Lösung unter den Micro-ATX-Gehäusen, nimmt aber in puncto Aussehen den ersten Platz unter den getesteten Micro-ATX-Gehäusen ein.

Fazit: Klein, aber oho!

Offensichtlich haben Gehäusehersteller eine Vielfalt von Designideen und -konzepten hinsichtlich der Bauweise des Micro-ATX-Chassis. Micro-ATX- Käufer müssen aber besonders auf ihre Ziele und den beabsichtigten Einsatz bei der Auswahl eines Micro-ATX-Gehäuses achten. Das Problem bei der Micro-ATX-Lösung sticht sofort ins Auge, wenn man besonders im Vergleich mit den Shuttle-Barebones die Größenunterschiede zwischen diesen Gehäusen betrachtet. Jedes Gehäuse in diesem Test passt problemlos in ein gängiges Stereo-/Heimkino-Regal. Das mag für manche zwar nicht wichtig sein, doch werden diejenigen, die einen PC für DVR- und Heimkinoanwendungen bauen wollen, weiterhin nach einem Gehäuse suchen, das allen ihren Anforderungen im kleinstmöglichen Formfaktor entspricht. Zumindest drei dieser Micro-ATX-Gehäuse heben sich in diesem Test aber klar heraus.

Die Empfehlung der Redaktion aus diesem Micro-ATX-Test geht eindeutig an das Super Flower/TTGI TT-101. Das TT-101 benötigt zwar den meisten Platz unter den getesteten Mini-PC-Gehäusen, bot aber das größte Maß an Flexibilität sowohl bei der Kühlung als auch der Laufwerk-/Schachtkonfiguration unter den Wettbewerbern. Wenn auch das TT-101 nur halb so groß ist wie ein typisches Midi-Tower-ATX-Gehäuse, bietet es doch mehr Features als die Mitbewerber und wird mit einem attraktiven Standfuß geliefert, der sowohl in einer Desktop- als auch in einer Tower-Konfiguration verwendet werden kann.

Sucht man nach einem außergewöhnlichen Gehäuse, das hauptsächlich auf Tower-Konfigurationen für Gamer und LAN-Partybegeisterte abzielt, dann verdient auch das Chenbro Hornet eine ehrenvolle Erwähnung. Das größte Problem beim Hornet ist unseres Erachtens der fehlende zweite Lüfter zur Ableitung der Wärme aus dem Gehäuse. Wenn sich auch das Hornet nicht so gut für Heimkino-Anwendungen eignet, wird es von Gamern begrüßt werden, die nach einer extrem mobilen Lösung mit dem gewissen Etwas suchen. Dieses Gehäuse macht sich z. B. ausgezeichnet als Plattform für LAN-Party-Server! Kein anderes Gehäuse in diesem Test bot ein so fortschrittliches und auf Gamer ausgerichtetes Micro-ATX-Gehäusestyling wie das Chenbro Hornet.

Mit der ausgefallenen Lackierung unter all den getesteten Gehäusen bietet das Minuet einen Look, der weit über das hinausgeht, was man eigentlich von den meisten Micro-ATX-Gehäusen erwartet. Und trotzdem werden sich wegen der durch die schwächere Kühllösung und mangelnde Unterstützung von Standard-PCI/AGP-Karten bedingten Einschränkungen viele Interessenten, die nicht an Onboard-Grafik interessiert sind, gegen das Minuet entscheiden.

Gibt es denn eine überzeugende Kompaktlösung, die es mit der Flut der Würfel-Barebone-Systeme aufnehmen kann? Ja und nein. So gibt es einige Micro-ATX-Lösungen, die so gebaut und konfiguriert werden können, dass sie es mit den kleinen Highend-Barebones aufnehmen können. Micro-ATX wurde für den Moment aber auf eine Zwischenstufe zwischen den Würfeln und den typischen Midi-Tower-ATX-Gehäusen verbannt. Bei unseren eigenen DVR-/Heimkino-Anwendungen war die zusätzliche Konfigurationsflexibilität des Super Flower/TTGI TT-101 ein entscheidender Vorteil gegenüber der Mehrheit der würfelartigen Lösungen. Wir glauben nicht, dass der Micro-ATX-Formfaktor in absehbarer Zeit aus dem Blickfeld verschwindet, sind aber überzeugt, dass die weitere Entwicklung von Micro-ATX-Gehäusen noch immer in Bewegung ist. Die von Standard-PCI/AGP-Geräten und allgemein von Micro-ATX-Motherboards auferlegten Einschränkungen werden weiterhin für sehr individuelle Konfigurationen im Design der Micro-ATX-Gehäuse sorgen.

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