Kleinanleger machen Hauptversammlung erneut zum Marathon

27.05.1999

MÜNCHEN: Die Hauptversammlungen der Macrotron AG geraten immer mehr zu Possenspielen. Nachdem im vergangenen Jahr ob der aufgebrachten Aktionäre sogar die Polizei einschreiten mußte, ging es auch dieses Mal wieder heftig zur Sache.Der Unmut der Aktionäre hatte in diesem Jahr gleich zwei Gründe: Zum einen sollte auf der Hauptversammlung (HV) das Streichen der Macrotron-Aktie vom Kurszettel der Frankfurter und Bayerischen Börse beschlossen werden. In diesem Zusammenhang hatte die Macrotron-Muttergesellschaft Ingram Micro den restlichen Kleinaktionären ein Kaufangebot unterbreitet, das der Vorstand als angemessen bezeichnete, von den Kleinanlegern aber als inakzeptabel abgelehnt wurde.

Genau dieses Abfindungsangebot sorgte dann, einige Stunden nach Beginn der HV, nochmals für Wirbel. Durch einen Zwischenruf erfuhren die Aktionäre mehr oder weniger zufällig, daß der Börsenhandel mit Macrotron-Aktien ausgesetzt worden war. Der Grund: Die Börse werde der Einstellung der Kursnotierung nur zustimmen, wenn sich die Offerte an die Aktionäre mehr am gestiegenen Aktienkurs orientiere, erklärte Vorstandschef Michael Kaack. Aber auch das zweite, nachgebesserte Abfindungsangebot, das am Abend des ersten HV-Tages einging, akzeptierten die Kleinanleger nicht. Die Offerte trage dem Zukunftspotential des Distributors nicht ausreichend Rechnung, lautete der Tenor.

Insgesamt mußte der Macrotron-Vorstand auf der Hauptversammlung, die in diesem Jahr für zwei Tage angesetzt war, eine Menge harsche Kritik über sich ergehen lassen. So war von einem "Schurkenstück" die Rede und davon, "die Aktionäre nach Gutsherrenart auszutricksen". Ein Aktionär beschwerte sich, in schlechten Zeiten als Geldgeber zu fungieren und in guten Zeiten hinausgedrängt zu werden. Ein anderer Aktionär verließ gar mit den Worten "Genug der Absurditäten" die Veranstaltung und kündigte Widerspruch gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung an. Dem schlossen sich auch einige andere Kleinanleger an und drohten sogar mit Anfechtungsklagen.

Macrotron-Vorstand Kaack begründete das "Delisting" der Aktie mit den hohen Kosten der Börsennotierung. Hauptargument aber seien die vor allem in den letzten Wochen beobachteten extremen Kursschwankungen. "Wir unterliegen hier spekulativen Schwankungen, die das Unternehmen gefährden können", erklärte Kaack und fügte hinzu: "Wenn sich ein Kurs dermaßen nach oben oder unten bewegt, kann das für viele Geschäftspartner sehr irritierend sein."

Trotz der Proteste der Kleinaktionäre wurden alle Beschlüsse am Ende des zweiten HV-Tages mehrheitlich gefaßt. Damit wird das Delistung der Macrotron-Aktie an den beiden Börsen beantragt und das Unternehmen in Ingram Macrotron AG umbenannt. Anteilsscheine des Grossisten können trotzdem noch ein Jahr gehandelt werden.

Erfreuliches am Rande: Wie Kaack berichtete, konnte der Umsatz im ersten Quartal 1999 um 43 Prozent auf 967 Millionen Mark gesteigert werden. Für das Gesamtjahr erwartet der Macrotron-Chef Einnahmen von über vier Milliarden Mark. Eine Ertragsverbesserung schloß Kaack jedoch aus. (sn)

Der Schein trügt: Statt Sonnenschein zogen sich über dem Haus der

Bayerischen Wirtschaft in München,

wo die diesjährige Macrotron-Hauptversammlung stattfand, dicke

Gewitterwolken zusammen.

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