Kleine Messe und wenige, aber gute Kundengespräche

12.09.2002
Zwischen 17.000 und 19.000 Besucher erwartete der Veranstalter der DMS Expo in diesem Jahr. Ganz so viele kamen zwar nicht nach Essen, aber mit 16.726 Teilnehmern an drei Tagen, bleibt diese Messe offenbar ein Muss für die Branche. Unmittelbar nach Abschluss der Veranstaltung gab Easy Software die Demission zweier Vorstände bekannt.

Kurz vor neun versammelte Jürgen Schmoll seine gesamte Mannschaft um sich und versuchte sie zu motivieren: "Lasst Euch nicht von der schlechten Presse über uns entmutigen, wir schaffen das schon!" Der Geschäftsführer der Ceyoniq Technology GmbH zeigte sich auf dem letztwöchigen Branchentreff für Dokumentenmanagement jedenfalls zuversichtlich, was die Zukunft der im Juli aus den Ruinen der Cey-oniq AG entstandenen Company betrifft.

Dabei hat er eigentlich keinen Grund dafür. Die "schlechte Presse" hat sich Ceyoniq schon selbst zuzuschreiben. Wenn der Vorstandsvorsitzende und sein Finanzchef unter Betrugsverdacht ins Gefängnis wandern, dann gibt es nichts zu beschönigen. "Die Insolvenzen von Ceyoniq und SER haben unserer Branche weit mehr geschadet als die derzeitige Konjunktur", gab denn auch ein Aussteller auf der DMS Expo die allgemeine Stimmung wieder.

"Alle unsere bestehenden Partner haben in Treue fest zu uns gehalten", behauptet hingegen Schmoll. Und dies scheint sich auch zu bewahrheiten. So hat sich beispielsweise an dem Ceyoniq-Engagement des Systemhauses Bürotex nichts geändert. "Wir vertreiben weiterhin die Ceyoniq-Lösung und bieten unseren Kunden 1st- und 2nd-Level-Support an", so Dirk Witzel, stellvertretender Bereichsleiter bei dem schwäbischen Dienstleister.

Derzeit sind noch etwa 15 Vertriebspartner bei dem Bielefelder Anbieter unter Vertrag, sie und noch eventuell neu hinzukommende sollen ab Oktober in den Genuss des neuen Schulungskonzeptes gelangen. Bestehenden Vertriebspartnern genügt ein Tag, neue werden drei Tage investieren müssen, um sich mit den neuen Funktionen des DMS-Portfolios von Ceyoniq vertraut zu machen.

"Wir wollen unseren Direktanteil im Vertrieb von derzeit 60 Prozent auf unter 50 Prozent herunterfahren", lautet Schmolls Devise für die nächsten zwei Jahre. Seine Partner möchte der Geschäftsführer künftig in drei Kategorien einteilen: Service-Erbringer, Independent Software Vendors (ISVs) und reine Vertriebspartner. Schmolls Ziel für das kommende Geschäftsjahr ist ehrgeizig, da möchte er Ceyoniq in die Gewinnzone führen.

Zufrieden mit dem Messeverlauf zeigte sich Frank Schnittker, seines Zeichens Vertriebs- und Marketing-Leiter bei der D.velop AG: "Einige der Interessenten zogen bereits fertige Pflichtenhefte aus der Tasche." Es waren seiner Aussage nach aber weniger als im letzten Jahr, offenbar sitzt bei ihnen das Geld nicht mehr so locker, und sie halten sich mit den Investitionen zurück.

Dabei ist das Kernprodukt des Anbieters aus dem Münsterland so teuer auch nicht: Für 5.100 Euro gibt es bereits eine "D.velop/d.3"-Lizenz für fünf gleichzeitige Anwender. Außerdem behauptet der Hersteller, sein Dokumentenma-nagement- und Workflow-System sei offener als Konkurrenzprodukte und lasse sich leicht in ERP-, CRM- und Messaging-Lösungen von Drittanbietern integrieren.

"Unsere Software zeichnet sich durch schnelle Implementierung aus", so Schnittker. Seiner Aussage nach braucht ein Partner dafür gerade mal einen Tag, sofern er die vorbereitende Prozessanalyse beim Kunden abgeschlossen hat. Weitere zwei bis drei Tage könnte er noch für die Installation und Anpassung von Zusatzfunktionen benötigen. Derzeit erzielt die D.velop AG noch etwa 60 Prozent ihres Umsatzes mit dem Direktvetrieb, diesen Anteil möchte die Company bis Ende 2003 halbieren. Danach sollen 18 aktive Partner rund 70 Prozent der Lizenzverkäufe bewerkstelligen.

Documentum mit Workflow-Funktionalität

Die DMS Expo nutzte Documentum zur Vorstellung der neuen Version seiner Content-Management-Lösung. Die "Documentum Collaboration Edition 5.0" soll noch in diesem Monat auf den Markt kommen und einige Verbesserungen gegenüber der Vorgängerversion aufweisen. So ist laut Hersteller ein Zukauf von Workflow-Komponenten von Drittanbietern nicht mehr nötig, alle zur digitalen Zusammenarbeit in den Unternehmen notwendigen Funktionen würde bereits das Documentum-System bieten.

Diese Funktionsvielfalt hat natürlich ihren Preis: Ein "Quick-Start"-Paket kostet rund 40.000 Euro. Damit spielt Documentum natürlich in einer anderen Liga als D.velop und konkurriert mit Anbietern wie Gauss, Vignette und Interwoven. Mit den beiden Letztgenannten führt Documentum übrigens das aktuelle Ranking der Web-Content-Management-Anbieter laut einer Meta-Group-Analyse an.

In Deutschland hat Documentum eigenen Aussagen zufolge 20 aktive Implementierungspartner unter Vertrag, hinzu kommen noch unabhängige Softwarehersteller, die Documentums Technologie in ihre Lösungen einbauen. Über all diese Partner erzielt der DMS-Anbieter mehr als 70 Prozent seiner Lizenzeinnahmen. "Das von unseren Partnern generierte Service-Geschäft liegt noch weit darüber", so Ralph Geiger, Partner-Manager in Zent-raleuropa. "Typischerweise dauern die Projekte unserer Partner zwischen zwei und drei Monate, können sich aber bis zu einem Jahr hinziehen", erläutert Geiger. Da-mit sind laut Documentum Dienstleistungsumsätze von 50.000 bis 500.000 Euro verknüpft.

Easy Software entlässt Vorstandsmitglieder

Für Andreas Nowottka, Easy Softwares obersten Produktmanager, hat die DMS Expo ihren Ruf als Leitmesse für Dokumenten- und Wissensmanagement behalten: "Viele Messekontakte, darunter hochkarätige Erstanfragen, waren qualitativ hochwertig." Auch Markus Hanisch, Vorstand Vertrieb und Marketing, konnte dies bestätigen: "Anzahl und Qualität der Gespräche waren genauso hoch wie im Vorjahr." Daraus möglicherweise hervorgehende Geschäfte wird Hanisch aber nicht mehr mit verfolgen können. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Dirk Vollmering trennte er sich Anfang der Woche mit sofortiger Wirkung und in "gegenseitigem Einvernehmen" von seinem bisherigen Arbeitgeber.

"Mein Vertrag läuft noch bis Ende des Jahres, und so lange werde ich Easy Software bei der Suche nach meinem Nachfolger unterstützen", so Hanisch gegenüber ComputerPartner. Die Entlassung der beiden Vorstandsmitglieder geschah auf Veranlassung der neuen Investoren. Laut Pressemitteilung sollen sie aus dem Finanzbereich kommen und "strategische" Ziele mit Easy Software im Visier haben. "Es sind keine Wettbewerber aus dem DMS-Umfeld", zumindest so viel durfte Hanisch verraten.

www.dmsexpo.de

www.aiim.org

www.ceyoniq.de

www.d-velop.de

www.documentum.de

www.easy.de

ComputerPartner-Meinung:

Mit zwölf Prozent fiel der Besucherrückgang bei der diesjährigen DMS Expo Europe zwar noch relativ moderat aus, aber eine Reduzierung von drei Hallen auf eine stimmt schon bedenklich. Denn die Abnahme der Aussteller von 400 auf 281 gestaltete sich weit dramatischer, als es die nackten Zahlen belegen. Viele Anbieter begnügten sich eben mit weniger Ausstellungsfläche. Und der begleitende AIIM-Kongress wird wohl 2003 komplett ausfallen, so gering war in diesem Jahr die Zuhörerresonanz.

Doch die DMS Expo steht nicht allein im Regen, auch die Systems im nächsten Monat wird arg zerrupft daherkommen (8 statt 15 Hallen), und die Buchungen für die Cebit 2003 lassen die Deutsche Messe AG schon jetzt nicht mehr ruhig schlafen.

Hier stellt sich natürlich die Frage nach der Relevanz der vielen Spezialmessen wie DMS Expo, Linux-world oder Exponet. Es wäre sicherlich allen geholfen, wenn man sich auf zwei große Termine im Jahr einigen könnte: im Frühjahr die Cebit, im Herbst die Systems. Die USA mit ihrer Comdex Spring und Fall machen es uns wieder mal vor. (rw)

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